Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
trägt eines meiner Lieblingslieder vor. Mit seiner rauchig klingenden Stimme hat er mich sofort begeistert. Als er auf seinem Saxophon das Solo spielt, flippe ich aus und verlasse mein Geschäft. Laut applaudierend gehe ich auf ihn zu und bitte um eine um Zugabe.
»Das ist dein Mann«, rufe ich René zu und auch der QHS Fanclub ist begeistert. Bei dieser Frauenpower hat der Wirt keine Chance und bittet den Künstler zu Verhandlungen in den Innenraum.
»Habt noch einen schönen Urlaub, Mädels und vielen Dank für euren Besuch.« Ich mache mich auf den Heimweg.
Clara sitzt allein vor dem Fernseher. Balou hat es sich neben ihr auf dem Sofa gemütlich gemacht und schläft fest.
»Papa probiert sein neues Fahrrad aus.«
»Ist er schon lange weg?«, frage ich und gehe in die Küche. Mein erster Blick fällt in den Backofen. Tobi hat tatsächlich ein Essen vorbereitet. Ich decke den Tisch und frage Clara nach den Hausaufgaben. Wenige Minuten später kommt Tobias nach Hause. Er ist verschwitzt und sein strahlendes Gesicht ist leicht gerötet. Ich schmunzle und mache einen Witz über nachlassende Kondition bei Männern, die stramm auf die fünfzig zugehen. Frisch geduscht setzt er sich zu seinen Mädchen und wir essen seinen zu Recht gelobten Lammfleisch Gemüseeintopf. Als Clara schläft, erzähle ich von den neuen Musikern und dem Besuch der QHS Damen. Die detaillierten Ausführungen meines Mannes von seinen ersten Exkursionen mit dem neuen Rad verfolge ich im Dämmerschlaf auf dem Sofa.
Am Morgen erwache ich in meinem Bett. Allerdings weiß ich nicht, wie ich dort hingekommen bin. Gerädert stehe ich auf. Koche Kaffee und blicke in den Trockner. Mist! Jetzt ist die Wäsche Furz trocken und kraus. Bügeln schaffe ich am Morgen nicht mehr. Ich stelle den Tumbler auf 15 Minuten und glätte die warme Wäsche mit den Händen. Der Blick auf den Terracotta Boden trägt nicht zur Steigerung meiner ohnehin nur mäßigen Morgenstimmung bei. Die Fliesen wurden seit zwei Tagen nicht gefegt und sind übersät mit feinen Hundehaaren. Ich schnappe mir den Staubsauger und wecke so den Rest der Familie. Als ich ins Bad verschwinden will, hat Tobi die Dusche bereits besetzt.
»Nun sieh dir das an«, sagt der frisch geföhnte Mann zu mir und zieht sich die Haare mit der Hand straff nach hinten.
»Was?«
»Siehst du das Grau? Das ist ja wohl kaum noch zu übersehen.«
»Freu dich, dass du volles Haar hast. Im Übrigen finde ich, dass es dir wirklich gut steht«, sage ich und küsse meinen angehenden Silberfuchs auf den Mund. Während ich meinen Kaffee trinke, betrachtet er sich immer wieder im Spiegel. Obwohl das Regelwerk vorsieht, dass er Clara morgens zur Schule bringt, bittet er mich um eine Planänderung. Er will künftig mit dem Fahrrad zur Bootshalle fahren und kurz vor Mittag das Rad bei mir im Geschäft abstellen, Clara dann mit meinem Wagen abholen und danach gemeinsam mit der Familie zum Essen nach Hause fahren.
»Und wie kommt dein Rad dann wieder nach Hause? Soll ich etwa nach Feierabend damit bergauf heimradeln? Ich werde das Rad schieben müssen und sicher nicht vor Mitternacht ankommen.«
»Nach der Mittagspause fahren wir beide gemeinsam mit dem Wagen zurück in den Ort und ich nehme das Rad wieder mit.« Ich finde diese umständliche Planung idiotisch, aber stimme angesichts seiner Freude über den neuen Drahtesel dem Vorschlag zu. Clara ruft, dass sie fertig zur Abfahrt ist. Bekleidet ihrem viel zu kurzem Sommerkleid vom Vorjahr wartet sie im Flur und zählt rückwärts von zehn bis null.
»Das Kleid kannst du nicht mehr anziehen, Schatz. Bitte suche dir eine Hose und ein Shirt aus dem Schrank.« Egal wie freundlich ich meine Argumente auch formuliere, Clara besteht darauf, genau so in die Schule zu gehen.« Die leidige Diskussion über die Auswahl der Kleidung dauert schon so lange, dass für mich keine Zeit mehr bleibt zu duschen. Ungewaschen und ungeschminkt fahre ich Clara in ihrem kurzen Sommerkleid vom Vorjahr in die Schule.
Mit geneigtem Kopf laufe ich vom Parkplatz zu meinem Laden und öffne die Tür vom SPA. In der Duschkabine des Behandlungszimmers zwei hole ich die morgendliche Wäsche nach. Fertig zu recht gemacht öffne ich 25 Minuten später als üblich das Geschäft.
»Heute Mittag werde ich als erste Amtshandlung, Claras alte Sachen aussortieren«, sage ich zu Claire, die ihren benachbarten Friseursalon pünktlich geöffnet
Weitere Kostenlose Bücher