Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
mir nicht. Ich will auch auf dem Papier ihre richtige Mutter sein. Nie wieder werde ich noch einmal dabei zusehen, wie du sie mir wegnimmst. Würdest du einer Adoption zustimmen?« Tobias zieht mich fest an sich.
»Wie wunderbar, das endlich aus deinem Mund zu hören. Ja, sicher!«
»Du hast nichts dagegen?«
»Marie, ich habe schon so lange darauf gewartet, dass du es ansprichst. Der Vorschlag musste aber doch von dir kommen. Sollte ich dich etwa darum bitten, sie auch offiziell anzunehmen?«
»Dann werden wir ihr bald die Wahrheit über ihre leibliche Mutter erzählen müssen.«
»Das ist völlig unnötig. Sie weiß es längst. Ich habe während unserer Reise mit ihr darüber gesprochen. Clara ist ein cleveres Mädchen. Sie weiß, dass sie nur eine richtige Mamam hat und die bist du.« Er nimmt meine Hand und schlägt vor, endlich zurückzugehen. Ich bin zufrieden. So ernsthaft haben wir selten miteinander gesprochen.
Mit Claras Schulbeginn enden die schönen Ferientage und der Alltag zieht bei uns ein. Nach und nach räumt Tobias seine Wohnung leer und bringt Möbel und Kleinkram wieder zurück ins Haus. Voller Spannung warte ich auf meine frische Ware für das SPA. Die neue Mató Verpackung hält meinem kritischen Auge stand. Stolz präsentiere ich meinem Mann die neuen Spender, Tiegel, Tuben und Schachteln.
»Du hast Mató nie aufgegeben. Das ist ein wunderbarer Liebesbeweis. Hast du vor, mit dieser Marke wieder zur Jetsetterin zu werden?«
»Bestimmt nicht!«, da bin ich mir ganz sicher.
»Dann spricht doch eigentlich nichts mehr dagegen, dass wir Claras Wunsch nach einem Hund erfüllen. Wenn wir beide nicht mehr durch die Welt reisen, könnten wir doch endlich einen Schnuffel anschaffen.«
Tour de France
»Dein Jean hat wirklich heilende Hände. Nach einer Massage von ihm, habe ich kaum noch Beschwerden«, sagt Margot und steckt dem jungen Therapeuten ein fettes Trinkgeld zu. Die siebzigjährige Französin zählt seit dem Vorjahr zu meinen Stammkundinnen und lässt sich zweimal wöchentlich in meinem gut eingeführten SPA behandeln. Sie geht an den Tresen, um neue Termine zu vereinbaren.
»Freitag nicht. Da fahre ich mit Eric zum Urologen. Ich habe ihn endlich überreden können, sich untersuchen zu lassen. Sein ewiger Wasserdrang raubt mir jede Nacht den Schlaf. So ist das, wenn man einen Alten zu Hause hat.«
»Kürbiskerne sollen helfen«, empfehle ich. Aber Margot winkt nur ab.
»Du hast es richtig gemacht und dir beim zweiten Mal gleich einen Jüngeren gesucht.« Ich begleite meine liebgewonnene Kundin noch hinaus und lausche ihren amüsanten Ausführungen über das anstrengende Leben mit ihrem uneinsichtigen Mann, den sie nun schon seit 48 Jahren an der Backe hat. Dabei beobachte ich ungeduldig die heranfahrenden Autos. Ich warte auf Tobias, der mit Clara und den Einkäufen endlich eintrudeln soll. Seitdem ich das Geschäft zur Nebensaison wieder eröffnet habe und Tobi sich „an Land“ um seinen Yachtcharter kümmert, leben wir nach einem strengen Zeitplan. Ein lautes Hupen vor dem Geschäft zeigt an, dass er eingetroffen ist. Er parkt in zweiter Reihe und macht hektische Handbewegungen. Ungläubig starre ich auf den Wagen. Durch die Kofferraumklappe ragt ein halbes Herren Rennrad heraus. Ich rufe Balou, den neuen Familienhund und nehme ihn an die Leine.
»Steig schnell ein. Wir müssen noch zum Supermarkt bevor er schließt.« Ich bin sauer. Nachdem ich ein Küsschen von Clara erhalte, meckere ich gleich los. »Wieso hast du noch nicht eingekauft. Du weißt doch, dass ich in weniger als zwei Stunden schon wieder im Laden stehen muss.« Tobi ist in bester Stimmung und lässt sie sich von meinem Schimpfen nicht verderben. Endlich hat er das Rad gefunden, wonach er schon seit Wochen gesucht hat. Um meine Laune aufzuhellen, verspricht er, sich um das Mittagessen zu kümmern. Der Supermarkt hat schon geschlossen und so gibt es nur ein zweites Frühstück.
Clara freut sich über die Neuanschaffung ihres Vaters. Sie geht davon aus, dass er nun gemeinsame Fahrradtouren mit ihr unternehmen wird. Ich sehe auf die Rechnung und schaue ungläubig zu meinem Tour de France Aspiranten.
»Hast du einen Knall? Für den Preis gibt es ja schon einen gut erhaltenen Gebrauchtwagen!«
»Ich brauche keinen Zweitwagen. Nun lass mir doch den Spaß!«
Während ich auf einem trockenen Stück Baguette herum kaue, präsentiert er uns stolz
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