Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
gebeten.
Der Hund erhält täglich zwei Stunden lang Lektionen. Tobias geht selbst mit ihm an den Strand, durch den Ort und an der Küstenstraße entlang. So lernt er bei Fuß zu gehen und den Kommandos Sitz, Platz und Bleib zu gehorchen. Mittlerweile folgt er aufs Wort. Stolz wird mir vorgeführt, wie Balou auf die Befehle seines Trainers reagiert. Als Tobias sich seinen Lohn für die erfolgreiche Hundeflüster Arbeit abholen will, setzt das laute Bellen sofort wieder ein.
»Schluss Balou, geh in deinen Korb«, befehle ich und zeige mit dem Finger in Richtung Diele. Der Schnuffelhund hört sofort.
»Da zeigt mir einer ganz deutlich, wer hier im Haus das Sagen hat«, lacht Tobias. Das Telefon klingelt und ich sehe zunächst die Rufnummer auf dem Display an. 0049 341..Der Anruf kommt aus Leipzig.
»Wie lange soll das noch so weiter gehen? Geh doch endlich ans Telefon und sprich mit ihr. Irgendwann ist Clara am Telefon. Was willst du dann machen?« Endlich gibt Tobias nach. Ich verfolge das Gespräch mit weit ausgestreckten Lauschern von der Küche aus. Marita scheint mehr zu sprechen als er, denn ich höre nur: »Das tut mir leid. Ich verstehe das. Das ist wirklich nicht schön.« Er schaut ständig an die Decke und verzieht dabei das Gesicht. Als sein Kopfschütteln immer stärker wird, sagt er schließlich: »Es tut mir wirklich leid, Marita. Aber es ändert nichts an meinem Entschluss. Ich werde mich mit Paul auf keinen Fall versöhnen. Für kein Geld der Welt! Und wenn du nur einen Funken Stolz im Leib hast, dann siehst du das genauso wie ich. Ich wünsche dir alles Gute.« Tobias legt das Telefon zurück auf die Station. »Sie will, dass wir das Erbe antreten. Marita ist in Geldschwierigkeiten. Sie hat drei Kinder, die sie allein und ohne Alimente durchfüttern muss. Trotzdem! Wie kann sie sich mit ihm aussöhnen wollen. Es war doch auch ihre Mutter, die er auf dem Gewissen hat. Sollte sie nochmal anrufen, dann lege auf. Es ist alles gesagt.«
Von nun an klingelte das Telefon ständig. Tobias hat sämtliche Immobilienmakler mit Anfragen nach gewerblichen Flächen bombardiert. Das einstige Künstleratelier verwandelt sich in ein Planungsbüro. Ich drucke Exposés aus den Mail Anhängen aus und lege sie ihm auf den Tisch. Gemeinsam entscheiden wir, zunächst die Städte Cannes und Nizza ins Auge zu fassen. Die Entfernung erlaubt Besichtigungen, während Clara in der Schule ist. Die geforderten Ablösesummen sind gigantisch und ich zeige meinem Mann einen Vogel. Die Besessenheit mit der er vorgeht, macht mir Angst. Es kann ihm nicht schnell genug gehen. Die Objekte werden immer größer. Ich muss die Notbremse ziehen. Bei einer Tasse Tee in Sarahs Appartement klage ich: »Er ist wie von Sinnen. Wie er sich in die neue Geschäftsidee verbeißt ist nicht mehr normal.«
»Vermutlich kompensiert er seinen Vater Komplex mit dieser Arbeit. Er will seinem Alten wohl auf seine letzten Tage zeigen, dass er es auch ohne sein Geld zu etwas bringen kann?«
»Tobias muss nichts beweisen. Wir haben alles was wir brauchen.«
»Ich weiß es. Du weißt es. Weiß er es auch? Du hast mir selbst von seinem Loverboy Trauma erzählt.«
Tobias wartet schon gespannt auf meine Rückkehr. Er hat das passende Objekt für das SPA Nummer 3 gefunden. Auf seinem Notebook zeigt er mir die Fotos, die er von den Räumlichkeiten am Vormittag angefertigt hat.
»Mindestens acht bis zehn Behandlungskabinen können wir hier einplanen. Zum Laden gehören sogar drei Parkplätze in der Tiefgarage. Das ist eine absolute Seltenheit und ein enormer Pluspunkt für die VIP Kunden. Sie können mit dem Fahrstuhl direkt und unbemerkt in den Laden fahren. Was sagst du?«
»Ich sage, dass du spinnst. Du bist größenwahnsinnig. Wie willst du das finanzieren?« Ich sehe die Kaufpreisforderung und schüttel den Kopf.
»Wir nehmen eine Hypothek auf das Haus auf. Nur für ein Jahr. Ich habe alles durchgerechnet.«
»Nur über meine Leiche! Das Haus bleibt raus! Was denkst du dir?«
»Du traust mir ein Geschäft dieser Größenordnung nicht zu, oder? Du meinst, ich wäre zu blöd, um etwas Großes auf die Beine zu stellen. Das schafft nur Marie Simon und vielleicht noch ihr Sohn Frederik!«
»Ich heiße Martin! Seitdem ich mit einem freischaffenden Fotografen verheiratet bin. Einem Mann, der mit mir das Leben genießen wollte. Darin waren wir beide uns immer einig. Seit wann reicht dir das nicht
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