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Ausgeflittert (Gesamtausgabe)

Ausgeflittert (Gesamtausgabe)

Titel: Ausgeflittert (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frieda Lamberti
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glücklich mit dir. Wir zwei und Clara sind wir doch eine tolle Familie. Bitte lass es uns dabei bewenden.«

Tobias ist in der Bootshalle und arbeitet mit Julian gemeinsam an den Yachten. Ich säubere den Steinboden unserer Terrasse mit einem Hochdruckreiniger, als Natascha vor dem Eingangstor klingelt. »Warum war Tobi nicht bei der Testamentseröffnung? Wir haben über eine Stunde auf euch gewartet. Ihr hättet wenigstens einen Ton sagen können.«
   »Tobi hatte sich anders entschieden.«
   »Mein Vater war sehr enttäuscht. Er hatte gehofft, mit ihm sprechen zu können.« Ich schlucke, denn ich weiß, sollte ich das Gespräch mit Natascha weiterführen, wird es im Streit enden. Ich stehe ganz auf der Seite meines Mannes und habe ihm versprochen, das Thema ruhen zu lassen. Auf keinen Fall werde ich hinter seinem Rücken mit Natascha darüber sprechen.
   »Willst du gar nicht wissen, was er gerbt hat?«
   »Nein. Ich bitte dich, dieses Thema nicht mehr anzusprechen. Tobi hat damit abgeschlossen und ich teile seine Meinung. Wenn wir weiterhin netten Umgang mit einander pflegen wollen, dann halte auch du dich daran.« Natascha schüttelt ungläubig den Kopf. Ihre langen Haare, die mittlerweile über ihren Po gewachsen sind, weht der milde Herbstwind völlig durcheinander. Sie bittet darum, reingehen zu dürfen, um einen Kaffee zu kochen. Ich folge ihr nach einigen Minuten.
   »Natalie und ich haben umfangreiche Laboruntersuchungen hinter uns. Meine Mutter bestand darauf, dass wir uns testen lassen. Zwar ist MS keine nachgewiesene Erbkrankheit, aber viele Ärzte nehmen an, dass es einen engen Zusammenhang gibt. Ich erzähle es dir nur im Hinblick auf Clara. Die meisten Erkrankungen werden bei Frauen und Mädchen festgestellt. Mein Vater ist ein eher untypischer Fall. Er ist männlich und MS wurde bei ihm erst im späteren Alter diagnostiziert.« Verängstigt höre ich ihr zu. Was hat dieser Mistkerl von Paul noch auf Lager? Hat er nicht schon genug Unglück über die Familie gebracht. Ich sehe auf die Uhr und wähle die Nummer des Kinderarztes. Gleich für den kommenden Tag vereinbare ich einen Termin. Nachdem Natascha mich mit dieser Schreckensmeldung allein zurück lässt, suche ich im Internet nach einschlägigen Informationen über das Krankheitsbild. Nach zwei Stunden bin ich kein Deut schlauer. Im Gegenteil. Die widersprüchlichen Aussagen verwirren mich und verursachen eine ständig zunehmende Panik in mir. Ungeduldig warte ich bis zum Abend. Tobias teilt meine Sorge. Zusammen wollen wir den Termin beim Arzt wahrnehmen.

»Wenn es nach mir gehen würde, hätte ich das Internet schon längst abgeschafft. Zumindest, was die zahllosen pseudomedizinischen Seiten über Gesundheit und Krankheit angeht. Das führt doch nur dazu, dass Patienten sich selbst diagnostizieren. Mit fatalen Folgen. Gut, dass Sie gleich gekommen sind. So kann ich Ihnen Ihre Besorgnis gleich abnehmen. Erstens ist Clara noch viel zu jung und zweitens gibt es derzeit gar keine Tests, die zu aussagefähigen Ergebnissen führen könnten. Die Krankheit ist tückisch. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie überhaupt gefährdet ist, ist verschwindend gering. Ihre Tochter ist kerngesund und zeigt keine Anzeichen für irgendwelche Auffälligkeiten.« Erleichtert fahren wir heim.

Wir haben die Aufregungen der letzten Tage gerade verdaut, als Post aus Lübeck wieder den Finger in die Wunde legt. Der Notar schickt eine Abschrift des letzten Willens. Berta hatte verfügt, das Anwesen und ihr Vermögen zu gleichen Teilen an Tobi, Timo und Marita zu vererben, vorausgesetzt alle Geschwister würden sich mit ihrem Vater versöhnen. Andernfalls wird das Erbe mit Ablauf von sechs Monaten wohltätigen Zwecken zugeführt.
   »Da kann sich das Rote Kreuz schon mal die Hände reiben«, ist Tobias kurzer Kommentar. Nachdem er das Schreiben laut vorgelesen hat, zerreißt er den Brief und bringt die Schnipsel in den Müll. Er setzt ein gequältes Lächeln auf und fragt mich, ob ich Lust auf Kino habe. Ich habe keine Lust. Mein Rücken schmerzt von der anstrengenden Gartenarbeit der letzten Tage und ich bitte ihn um eine kurze Massage. Schon nach wenigen Augenblicken muss Tobias seine Arbeit unterbrechen. Der Hund Balou stellt sich vor ihm auf und bellt ihn lautstark an. Es ist seine neue Masche. Sobald Tobias mich berührt, fängt er an zu kläffen. Zur Strafe wird er in den Garten gebracht. Allerdings ist das keine Dauerlösung. Der

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