Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
wirklich angenommen, ich würde Timos Posten übernehmen?«
»Du hast mich ja auch in dem festen Glauben gelassen!«
»Nein Marie, das hast du dir eingebildet. Wie du dir ständig etwas einbildest. Ich hätte Pauls Angebot nie angenommen. Schon allein aus dem Grund, weil ich als Anzugsträger keine Chance gehabt hätte, dich je wieder zurückzugewinnen.«
»Es macht dir Freude, mich zu verschaukeln, oder?« Zusammen mit Clara gehe ich zur Familie und verabschiede mich.
»Du bist ein altes Schlitzohr, Paul, aber liebenswert und immer noch verdammt gutaussehend.« Er erhält einen Kuss auf die Stirn und ich einen Kniff in den Po. Wortlos lasse ich mich von Tobi nach Hause fahren.
Am nächsten Morgen übernehme ich mit Frank die Vormittagsschicht in der Eins. Als Tobias mit Jeans und Shirt bekleidet das SPA betritt, schaue ich verwundert.
»Guck an, du siehst ja aus wie ein Mensch. Nun schau dir diesen attraktiven Kerl an, Frank«
»Ich habe einen Massagetermin bei Madame Martin.«
»Den kannst du dir wohl abschminken. Ich werde dich sicherlich nicht massieren!«
»Damit habe ich schon gerechnet!« Er kommt hinter den Tresen und schnappt mich, wirft mich auf seinen Rücken und schleppt mich aus dem Laden. Er trägt mich über die Straße, hinüber zur Kaimauer, den Bootssteg entlang und hebt mich auf die Yacht. Dann bringt er mich in die Kajüte und verschließt von außen die Tür. Erst als er in der Bucht vor Anker geht, lässt er mich wieder heraus.
»Hier kannst du mir nicht weglaufen. Hör mir zu, du Sturkopf. Ich liebe dich. Du bist mein Leben. Ich will keine jungen Dinger, ich brauche nur dich. Du kannst meinen Worten nicht glauben? Dann werden jetzt Taten für mich sprechen!«
»So geht das nicht, Tobi!«
»Doch, nur so geht das!«
»Wohnen wir jetzt endlich wieder alle zusammen«, fragt Clara, die mir dabei zusieht, wie ich seine Anzüge und Hemden in den Kleiderschrank einräume.
»Ja, dank Papas unschlagbarer Überzeugungskraft.«
Ich griene über das ganze Gesicht, als ich die Post durchsehe und übergebe Tobi den Brief, der ihm für 4 Wochen Fahrverbot beschert.
»Damit bist du aber noch gut weggekommen.« Wir Siams unternehmen fortan alles gemeinsam. Wenn ich täglich einen kurzen Boxenstopp in der Eins absolviere, ist René nie in seinem Lokal anzutreffen. Meine erste Verwunderung steigert sich in Sorge um meinen Freund. Bei einem abendlichen Besuch bestelle ich zwei Gins mit Tonic bei der neuen und einzigen Bedienung.
»Gin ist aus. Darf es ein Wodka sein?«, bekomme ich zu hören. Sicherlich kennt die Neue sich noch nicht aus, denke ich und gehe selbst hinter den Tresen. Zielsicher öffne ich die Türen zu den Getränkekühlschränken und erschrecke. Es sind kaum Vorräte zu sehen. Ich gehe in den Lagerraum. Aber auch dort finde ich nur gähnende Leere vor.
»Das musst du gesehen haben. René hat kaum noch Getränke im Magazin«, sage ich zu Tobi. Er schlägt vor, woanders einzukehren.
»Darum geht es doch nicht. Irgendetwas ist hier im Busch. Der Russe hat keinen guten Einfluss auf ihn.« Tobias sieht mich prüfend an. Meine Fürsorge scheint ihm übertrieben und gefällt ihm überhaupt nicht. Ich laufe die Treppe zur Wohnung hinauf und klopfe laut an die Tür. Auch auf mein lautes Rufen hin, wird nicht geöffnet. Resigniert komme ich wieder runter. An den Küchenpass klebe ich einen großen Zettel mit der Bitte, mich dringend anzurufen. Auch Sarah und Jean sollen mir sofort Bescheid geben, sobald sie René wieder zu Gesicht bekommen. Den ganzen Abend starre ich abwechselnd auf das Telefon und auf meine Uhr. Ich kann meine Nervosität vor Tobias nicht verbergen. Verärgert fragt er: »Was kümmert es dich, wann er kommt und wann er geht? War da was zwischen dir und René?«
»Er war mir ein guter Freund, als ich seine Unterstützung brauchte. Jetzt scheint er in Schwierigkeiten zu sein. Ich sehe nicht untätig dabei zu, wie er sich ins Unglück stürzt!«
»Welche Schwierigkeiten vermutet Miss Marple denn?«
»Er scheint offensichtlich finanzielle Probleme zu haben. Ich beobachte das schon eine ganze Weile. Es hat angefangen, als dieser Russe hier auftauchte. Seitdem läuft sein Geschäft aus dem Ruder. Dieser Vadim zieht ihm mit seinen Pokerfreunden regelrecht das Geld aus der Tasche.« Tobias verfolgt eine andere Theorie. Er meint, René ist einfach nur geschäftsmüde.
»Er
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