Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
es uns, das Kirschkernöl perfekt zu beduften.
»Nur noch ein kleiner Hauch Nelkenöl dazu.« Der Vorschlag des charmanten Franzosen zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht. Nun bin ich zufrieden.
»Das, Monsieur Crouchon, das ist perfekt.«
Für einen Rückflug am gleichen Abend ist es schon zu spät. Auf keinen Fall will ich wieder mit Thomas zurück fahren. Die eine Nacht mit ihm war für meinen Geschmack schon mehr als genug. Er bringt mich nach Nizza und ich suche mir ein zum Flughafen nahe gelegenes Hotel. Auf die Frage, wann wir uns wiedersehen, antworte ich mit einem Achselzucken. Vom Hotel aus rufe ich Sophie an, um ihr zu sagen, dass der Rückflug nicht wie geplant vonstattengeht. Neugierig will meine Schwester wissen, wie es war. »Er fickt so, wie er einkauft.« Ich habe Steffen noch immer im Kopf.
Der Flieger landet am nächsten Morgen früh in Hamburg bei strahlendem Sonnenschein. Sophie ist pünktlich und sie erzählt mir, dass der Immobilienmakler bereits zahlreiche Interessenten hat und er dringend auf meinen Rückruf wartet, um Besichtigungstermine zu vereinbaren. Wir begutachten die neue Duftkreation noch während der Autofahrt. Auch Sophie ist vom Ergebnis fasziniert.
»Lass uns irgendwo nett frühstücken«, schlägt sie vor. Wir steuern ein kleines Café in Alsternähe an. Als sie den Arm hebt, um die Kellnerin an den Tisch zu rufen, staune ich. Die freundliche Bedienung ist Bärbel. Die doofe Bärbel.
»Ich arbeite schon lange nebenbei hier. Wie sonst hätte ich mir die ganzen Kurse leisten können? Also, zweimal Frühstück mit Kaffee, Rührei und Saft.« Sie schwebt wieder ab in Richtung Küche.
»Wer ist denn das?« Verwundert schaut Sophie ihr hinterher.
»Das ist Bärbel, eine Heilpraktikerin aus Steffens Kurs. Stell dir vor, auf sie war ich sogar einmal eifersüchtig. Da wusste ich aber auch noch nicht, dass die Gefahr ganz woanders lauert.« Als Sophie kurz verschwindet, um sich frisch zu machen, ergreift Bärbel die Gelegenheit und setzt sich zu mir an den Tisch.
»Ich war ganz erschüttert, als ich von eurer Trennung erfahren habe.«
»Du weißt schon davon?« Ich wundere mich darüber, wie schnell sich die Nachricht verbreitet.
»Na, Steffen heult sich doch schon seit Wochen bei uns aus. Ganz ehrlich Marie, ich kann gar nicht fassen, dass du einen Neuen hast. Wer ist es? Etwa George Clooney?«
»Ich habe Steffen nicht verlassen, weil ich einen Anderen habe. Ich habe ihn verlassen, weil er meine Nachbarin besteigt.« Die doofe Bärbel ist entsetzt.
»Das ist ja ein starkes Stück! Das hätte ich wissen sollen, dann hätte ich ihn gleich weiter geschickt. Sieben Tage habe ich mir sein Gejammer angehört. Meine Liebe. Mein Leben. Alles ist kaputt. Letzte Woche habe ich ihn nachmittags rausgeworfen. Mein Freund aus Münster war auf dem Weg zu mir. Wir führen eine Fernbeziehung, weißt du. Und irgendwann ist ja auch mal genug mit Trösten, oder? Jetzt darf sich Christian sein Heulen und Klagen anhören.«
»Du bist eigentlich sehr nett, Bärbel.«
»Ich dachte immer, du kannst mich nicht leiden. Ständig habe ich so negative Schwingungen von dir empfangen.«
»Ich konnte dich nicht riechen! Das ist ein Unterschied. Kauf dir mal ein richtiges Parfum. Dann klappt es auch mit den Schwingungen.«
Gemeinsam mit Sophie fahre ich nach Blankenese in die männerlose, weiße Villa. Ich denke über die frischen Informationen nach, die ich von Bärbel erhalten habe. Der Mistkerl ist also nicht bei Elke. Er war erst bei Bärbel und dann bei Christian. Seit wann ging das eigentlich mit den beiden? Ich denke darüber nach, ob ich Norbert anrufen sollte. Er hat mir schließlich angeboten, mich an ihn zu wenden, wenn ich mich beruhigt hätte. Ich habe mich zwischenzeitlich beruhigt und suche in meiner Handtasche nach seiner Visitenkarte. Nach einem kurzen Zögern, greife ich entschlossen zum Telefon.
»Hallo, Herr Kaltenbach. Hier spricht Marie Simon. Sind Sie gerade in Hamburg?« Wir sprechen nur kurz mit einander und verabreden uns für den Abend in einer Kneipe im Schanzenviertel. Danach melde ich mich beim Immobilienmakler. Er bittet um zeitnahe Besichtigungstermine. Ich schlage Zeiten am Wochenende vor. Es nützt also nichts. Ich muss in die Eichenallee fahren und nach dem Rechten sehen. Vorher mag ich keine fremden Leute durch das Haus führen.
Die Häuser der Nummern 17 und 19 sind verwaist. Brunos
Weitere Kostenlose Bücher