Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
Hause in der Villa noch auf dem Handy. Ich laufe Gefahr, zu platzen, wenn sie nicht auf der Stelle mit jemanden darüber sprechen kann. Meine Entscheidung fällt auf Sarah. Laut brülle ich durchs Telefon.
»Ich werde jetzt ein Fernsehstar im Shopping Kanal!« In aller Ausführlichkeit berichte ich ihr und sie verspricht, mir bei der Vorbereitung auf das Casting zu helfen.
»In diesem prima Zustand ist ihre Kaufpreisforderungen für Ihr Haus viel zu niedrig angesetzt.« Der Immobilienmakler meint, wir sollten ruhig zehn Prozent drauflegen.
»Versuchen wir es.« Noch einmal ordne ich die Kissen und Decken der Betten. Als die Interessenten eintreffen, gehe ich in den Garten. Ich mag nicht dabei zusehen, wie wildfremde Leute in meine Schänke schauen und alles anfassen. Nach einer halben Stunde kommt ein junges Pärchen zu mir auf die Terrasse und stellt sich vor.
»Wir sind Mike und Sandra Einhaus. Frau Simon, wie schnell könnten wir Ihr Haus beziehen?«
»Ich denke, dass ich in sechs Wochen räumen könnte.« Das verliebte Paar ist aus beruflichen Gründen nach Hamburg gezogen und wohnt schon wochenlang im Hotel.
»Wenn es Ihnen möglich wäre, noch vor dem nächsten Ersten zu übergeben, würden wir noch zehntausend Euro drauflegen.«
»Das ist ja schon in zwei Wochen!« Das muss ich erst mit Steffen besprechen. Ich verspreche, die Einhaus so schnell wie möglich zu informieren. Ich hole tief Luft und wähle Steffens Mobilnummer.
»Kannst du ins Haus kommen? Wir müssen etwas Dringendes besprechen.« Er verspricht, gleich los zu fahren. Der Makler verabschiedet sich in bester Laune. So schnell hat er selten eine Provision verdient. Ich schreite durch das Haus und überlege, welche Stücke ich unbedingt behalten will. Meine Wahl fällt auf die Kommode, den Esstisch und den Sekretär. Ich klebe kleine gelbe Zettel mit meinem Namen an die Möbel, als Steffen die Haustür öffnet.
»Wo ist Bruno?«
»Ich habe ihn zu Hanna und Karl gebracht.« Er sieht schlecht aus und spricht mit leiser Stimme. Seinen flehenden Blicken weiche ich aus.
»Ich habe einen Käufer für das Haus. Er ist bereit, einen guten Preis zu zahlen. Weil ich keinen Rosenkrieg mit dir will, habe ich entschieden, den Erlös mit dir zu teilen. Ich brauche das Geld für mein Geschäft. Was du mit deinem Anteil machen willst, ist mir egal. Voraussetzung ist allerdings, dass wir binnen einer Woche räumen. Also überlege, welche Sachen du haben willst. Bis auf die drei Möbel hast du freie Auswahl. Der Rest kann von mir aus auf den Sperrmüll.«
»Marie, tu das nicht.« Steffen stellt sich dicht hinter mich. »Verzeih mir bitte«, bettelt er, aber ich bleibe standhaft.
»Hilfst du mir dabei, das Haus leer zu räumen oder soll ich eine Firma beauftragen?«
»Marie, bitte überlege es dir doch noch einmal.« So langsam verliere ich die Fassung und werde lauter.
»Steffen, was denkst du dir? Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass ich in diesem Haus wohnen bleibe. Auch wenn du alle Fenster der linken Hausseite zumauern würdest, könnte es nichts daran ändern. Ich weiß nicht, ob ich dir je verzeihen kann. Nur eines steht fest. Hier kann ich es nicht.« Er sollte begriffen haben, dass er mich in diesem Moment nicht umstimmen kann. Er verspricht, sich um alles zu kümmern. Ich nehme das Telefon zur Hand und rufe den jungen Herrn Einhaus an.
»Sie können den Makler informieren, dass er einen Notar Termin vereinbaren kann. Von unserer Seite klappt es mit dem Auszug. Ja, freut mich auch.«
Der Termin zum Casting wurde von mir bereits zweimal verschoben. Ein drittes Mal traue ich mich nicht, abzusagen. Sarah hat versprochen mich zu begleiten. Sie reist aus München an und wir verabreden einen Treffpunkt in der Mitte der Wartehalle des Hamburger Flughafens. Bis zum Abflug nach Berlin dauert es noch mehr als eine Stunde. Die Wartezeit wollen wir im Restaurant bei einer Tasse Tee verbringen. Ich habe ihr vorab einige Produktinformationen zugeschickt, die von der erfahrenen TV Moderatorin auf Karten übertragen wurden.
»Warum trägst du diese Brille? Willst du nicht erkannt werden?«
»Die habe ich schon ganz lange. Ich fühle mich damit in der Öffentlichkeit gleich sicherer. Es passiert ja doch hin und wieder, dass ich angesprochen werde.«
»Hast du etwas zu schreiben dabei?« Als Sarah aus ihrer Handtasche einen Kugelschreiber zückt, fange ich
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