Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
haben. Kopf hoch, Louis, es spielt sich bald alles ein.« Während ich noch immer den tobenden Ex Beikoch beruhige, klingelt mein Handy. Ellen bittet darum, abgeholt zu werden. Sie weigert sich, meinen Wagen zu fahren. Mit der Schaltung meiner Oldtimer Ente will sie sich im hohen Alter nicht mehr anfreunden.
»Wenn ich euch unterstützen soll, dann brauche ich ein Auto mit Automatik. Fahre mit mir zu einer Autovermietung. Die Kosten übernehme ich. Du brauchst ja nicht selber zu kommen. Schicke mir Christina rauf. Ich warte vor dem Haus.« Das war keine Frage. Das war eine für Ellen typische Anordnung. Ich suche nach meiner Schwägerin, aber ohne Erfolg. Sie lässt sich bei Claire die Haare blondieren und fällt mindestens noch für eine Stunde aus. Ich bitte Timo, den Fahrdienst zu übernehmen. Ungern unterbricht er seinen Balztanz, den er vor Florence aufführt. Aber er fährt los. Eine Stunde später kommt Ellen zurück. Sie lenkt einen Mercedes E Klasse und findet keinen Parkplatz für den Kombi. Sie parkt in zweiter Reihe mitten auf der Straße und verursacht ein lautes Hupkonzert.
»Warum hast du dir einen so großen Wagen ausgesucht? Du weißt doch, dass du nicht einparken kannst.« Ungläubig fasse ich mir an die Stirn.
»Automatikgetriebe gibt es hier erst ab der Premiumklasse. Nächste Woche tausche ich den Wagen gegen eine Limousine. Damit habe ich kein Problem.« Hoffentlich, wünsche ich mir, während ich über eine halbe Stunde nach einer großen Parklücke suche. Nach meiner Rückkehr ist die Terrasse voll besetzt und die ersten Gäste essen im Innenraum zu Mittag. Christina, sitzt noch immer unter der Trockenhaube und Carlos ist allein im Service. Er nimmt an allen Tischen die Bestellungen auf und bringt die Bons zum Maître. Allerdings fehlt ihm die Zeit, die fertigen Gerichte aus der Küche abzuholen. Die Tellergerichte stauen sich am Pass und Arnaud, schimpft laut.
»Die Bouillabaisse ist bereits kalt. Die könnt ihr nicht mehr servieren.« Ich schnaube und brauche eine halbe Stunde, um Ordnung in das Chaos zu bringen. Verärgerte Gäste sind das Letzte, was ich am Eröffnungstag gebrauchen kann. Trotzdem rufe ich nicht nach Tobi. Ich will meinem Mann nicht schon am ersten Tag zeigen, dass er mit seiner Vermutung richtig liegt.
»Das spielt sich bald alles ein«, sage ich zu mir und gebe den wartenden Gästen einen aus.
Das Mittagsgeschäft ist überstanden. Ich bitte Florence, die Kuchen Variationen auf die schwarze Schiefertafel zu schreiben. Die ersten Gäste, die die leckere Tarte bestellen sind der Bäcker Rosier und Monsieur Lamard, der Inhaber der Confisserie im Ort. Sie loben den Kuchen, doch es ist ihnen anzusehen, dass es ihnen missfällt, dass nun das Gebäck in Eigenregie angefertigt wird. Bisher haben Sie das Restaurant René mit frischer Ware beliefert. Valerie winkt mir von der gegenüberliegenden Straßenseite zu. Mit ihren Highheels stöckelt sie über den stark befahrenen Asphalt. Für 16 Grad Außentemperatur ist sie recht dünn bekleidet. Sie trägt ein eng anliegendes Chiffonkleid mit Spagettiträgern und verzichtet auf einen BH. Ihre harten Nippel zeigen jedem Betrachter, wo bei ihr vorne ist.
»Ist Tobi gar nicht da?«
»Er wird bald kommen. Benjamin und er besorgen noch einen Verstärker für die Anlage. Komm, setz dich und trinke einen Kaffee.« Ellen mustert die Sängerin und ihr Blick macht kein Hehl daraus, was sie von ihr hält.
»Die sieht ja aus wie eine Straßennutte.«
»Ja, vulgär«, stimmt Christina ihr zu. Sie ist nach drei Stunden vom Friseur zurück. Das frische Goldblond passt nun wieder exakt zum Ton ihres üppigen Geschmeides. Der Christbaum hat sich wieder auf Hochglanz polieren lassen. Sie lässt sich und Ellen von ihrem Mann Kaffee bringen. Zu dritt genießen sie die ersten Strahlen der Märzsonne im Freien.
»Na, du hast ja fleißige Helfer«, sagt Arnaud, der sich für eine kurze Pause nach draußen setzt. Ich lächele ihm zu.
»Das spielt sich bald ein!«
»Hast du die Tagesuppe probiert?« Ich verneine. Bisher hatte ich noch nicht einmal Zeit, einen Kaffee zu trinken, geschweige denn zu essen. Arnaud erhebt sich vom Stuhl und kehrt kurz darauf mit einer heißen Suppe zurück.
»Aufessen! Du brauchst Kraft für diesen Wahnsinn!« Ich koste mit geschlossenen Augen. Der Augenaufschlag, den ich meinem Maître schenke, hätte meinen Mann sofort zur Verzweiflung gebracht.
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