Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
Dorn und Breuss an? Du nutzt das Potential deiner Mitarbeiter nicht richtig aus. Die Behandlungszeiten werde ich auf 45 Minuten reduzieren, damit erhalten wir eine bessere Auslastung. Die Preise passe ich gleich morgen an. Mach dir keinen Kopf, ich manage das schon.« Ich schlucke. Am liebsten wäre ich meiner Schwester an die Gurgel gegangen. Aber es ist der Geburtstag meines Liebsten und ich nehme mir fest vor, nicht auszurasten. Ellen winkt aufgeregt. Ich soll mich zu ihr setzen. Aber ein Funken Weisheit, den ich mir in meinem fünfundfünfzigjährigen Leben angeeignet habe, rät mir, nicht zu gehen. Ratschläge und Änderungsvorschläge meiner Mutter kann ich jetzt unmöglich auch noch ertragen. Die Musiker machen eine Pause. Während Benjamin sich auf eine Zigarette nach draußen begibt, legt Tobias eine CD ein. Valerie fängt ihn sofort ab und bittet darum, mit ihm zu tanzen. Wie eine Katze schmiegt sie sich an ihn um legt ihre langen, dünnen Arme um seinen Hals.
»Vielleicht später, Valerie. Zuerst tanze ich mit meiner Frau«, sagt er und macht sich auf die Suche nach mir. Ich habe mich zu dem Raucher auf den Bürgersteig gesellt.
»Gib mir rasch einen Zug ab.« Eine ganze Zigarette lehne ich ab. Ich habe Mann und Kind fest versprochen, mit dem Rauchen aufzuhören. Ganz habe ich es noch nicht geschafft. Ein bis zwei Mal täglich werde ich noch rückfällig. An diesem Abend hätte ich gerne Kette geraucht. Tobias erwischt mich dabei, wie ich gerade einen tiefen Zug nehme und er schüttelt den Kopf. Aber angesichts der vielen Mühe, die ich mir mit dem Fest gegeben habe, will er mir nicht böse sein. Er umarmt mich von hinten und küsst meinen Nacken. »Danke für die schöne Feier, mein Schatz. Sag, ist es nicht wundervoll, dass uns die Familie unterstützen wird?«
»Ja, ganz toll«, lüge ich. Valerie lungert vor der Herrentoilette und wartet darauf, dass Tobias zurück kommt. Den Rücken an die Wand gelehnt, bringt sie ihren Körper in Position. Mit einer Hand zieht sie ihren Rock höher. Mit der anderen Hand ergreift sie seinen Arm und zieht ihn zu sich. »Ich will mit dir Geburtstag feiern. Komm her zu mir und nimm mich. Ich verspreche dir, es wird der Wahnsinn.«
»Valerie, ich stehe nicht auf billigen Sex. Wenn ich den Wahnsinn erleben will, dann schlafe ich mit meiner Frau. Hör endlich auf damit und begreife endlich!«
Das Magazin und die Kühlräume sind gefüllt. Die Bestecke geputzt und alle Tische sind sauber eingedeckt. Arnaud kocht für den Eröffnungstag ein Tagesgericht mit frischen Flusskrebsen. Timo und Christina können nun die Kaffemaschine und den Bierzapfhahn eigenständig bedienen. Die Eröffnung ist ohne großes Bimbam geplant. Die befreundeten Geschäftsleute aus der Nachbarschaft erhalten einen Gratis Kaffee und eine persönliche Begrüßung der neuen Patronin. Mehr soll es nicht geben. Sarah überbringt mir einen großen Blumenstrauß.
»Der ist von René. Ich soll dir liebe Grüße bestellen. Er hat ihn eben bei mir abgegeben. Selbst zu kommen, hat er sich nicht getraut.« Ich laufe sofort auf die Straße, aber ich kann ihn nicht mehr entdecken.
»Dieser feige Hund«, schimpfe ich. Ich kann ihm immer noch nicht verzeihen, dass er den Laden aufgab und sich ohne ein Wort des Abschieds aus dem Staub machte.
»Geht es ihm gut? Wie sieht er aus? Weißt du, wo er jetzt wohnt?« Sarah hat keine Antworten auf meine Fragen. Nachdem ich den Strauß vergeblich nach einer Karte abgesucht habe, stelle ich die Blumen ins Wasser und platziere die Vase auf dem Tresen. Jedes Mal, wenn ich an dem Blumenarrangement vorbei gehe, seufze ich leise.
»Er hat sie über die Maßen enttäuscht«, erklärt Sarah dem ungläubig schauenden Timo. »Die beiden verband eine innige Freundschaft.« Ich mache meine Runde auf der Außenterrasse und komme mit einer Hand voll Bestellungen zurück und rufe Carlos aus dem SPA zu mir herüber.
»Wir müssen in der Anfangszeit ein wenig improvisieren. Wenn du keine Anwendungen hast, dann unterstütze mich bitte hier im Bistro.« Der Physiotherapeut stimmt ohne Murren zu. Anders als Louis, der ehemalige Beikoch. Er beschwert sich lautstark bei mir darüber, dass ihn der neue Maître nur zu niederen Arbeiten einteilt.
»Ich bin Koch und kein Abwäscher«, schimpft er aufgebracht.
»Du bist ein wichtiges Mitglied in unserem Team. Wenn Arnaud meint, er braucht dich am Spüler, dann wird er seine Gründe
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