Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
Schäfermann begrüßt ihren neuen Shooting Star. Und meint mich!
»Wir haben ein kleines Problem. Es ist gerade kein Beauty Moderator da. Wir müssen ein wenig improvisieren. Ich hoffe, dass Volker kommt. Volker macht eigentlich Werkzeug. Aber heute ist ja nur ein Test.« Ich lasse mich von der vorherrschenden Hektik anstecken. Mein Puls rast auf hundertachtzig und schlägt mir bis in den Hals.
»Sie brauchen nicht aufgeregt zu sein. Sie antworten nur auf die Fragen des Moderators und schauen dabei freundlich in die Kameras. Kamera eins nimmt nur Sie auf. Kamera zwei zeigt Sie und Volker am Tisch. Wenn Sie also sehen, dass die rote Lampe leuchtet, dann schauen Sie immer nur dort direkt hinein. Der junge Mann mit der Handkamera ist für die Nahaufnahmen zu ständig. Wenn Sie Ihr Produkt in die Hand nehmen, um es dem Zuschauer zu zeigen, dann kommt Kevin mit seiner Kamera. Immer schon die Hände ruhig halten! Zittrige Hände mag Kevin gar nicht. Nie hektischen Bewegungen machen, Frau Simon! Das kommt gar nicht gut. Sprechen Sie ganz natürlich! So als würden Sie mit ihrer Freundin reden. Alles klar? Auf diesem Kontrollmonitor können Sie genau sehen, welche Bildeinstellung als nächstes vorgesehen ist. Aber schauen Sie möglichst nicht zu oft nach unten, dass macht keinen guten Eindruck. Also los jetzt! Auf drei.« Der Werkzeug Volker trägt unter seiner Latzhose ein buntes Hemd mit großen rot-weißen Karos. Er erinnert mich an Bob den Baumeister, von dem meine Enkel einige Lesebücher haben. Dem fehlt ja nur noch der gelbe Helm, denke ich und muss bei »drei« erst einmal laut loslachen. Der strenge Aufnahmeleiter tadelt mich.
»Das darf Ihnen in der Live Show aber nicht passieren. Nochmal auf drei!«
»Ja meine lieben Zuschauer. Da sind wir endlich wieder. Mit einer tollen Überraschung. Die Damen, die uns regelmäßig zuschauen wissen es ja schon. Heute feiern wir die Premiere der neuen Kosmetikserie Küss mich Kirsche . Unsere Expertin ist die Entwicklerin dieser tollen Pflegeserie, Frau Marie Simon. Hallo Marie«, sagt Bob der Baumeister, »ich freue mich, dass Sie da sind. Was haben Sie uns denn tolles mitgebracht?«
»Danke für den netten Empfang, Volker. Heute möchte ich die erste Körperpflegeserie vorstellen, die mit einem ganz besonderen Fruchtsamenöl formuliert wird. Nämlich mit einem kaltgepresstem Kirschkernöl.«
»Das habe ich ja noch nie gehört. Ein Öl aus Kirschkernen? Was ist denn das besondere an diesem Öl und wie wird es hergestellt.« Der Knoten ist geplatzt. Von nun an kann ich hemmungslos meine Kenntnisse in die Kameras sprechen.
»Volker«, sage ich in seine Richtung, »Sie kennen das doch bestimmt auch. Das Problem trockener Haut ist ja kein ausschließliches Frauenproblem.« Danach wechsel ich den Blick in Kamera eins und spreche direkt zu den Zuschauern. »Sie duschen am Morgen und mittags spannt Ihre Haut schon wieder. Mit diesem Body Gelee bleibt die Haut bis zum Abend genährt. Das Tolle daran ist…«
»Stopp!«, ruft der Aufnahmeleiter, »das reicht.« Sarah zeigt mit beiden Händen Daumen hoch.
»Sie sind ja ein Naturtalent«. Kevin ist zufrieden. Meine Hände zitterten nicht. Auch der hektische Aufnahmeleiter meint, dass ich richtig gut war. Einen zweiten Durchgang wollen wir uns sparen. Kevin tuschelt mit den Kollegen von der Technik und kommt kurz darauf auf uns Frauen zu.
»Sind Sie Frau Riess, Frau Sarah Riess?« Sarah hatte sich bis dahin bewusst im Hintergrund gehalten. Sie genießt es jedoch merklich, erkannt worden zu sein. Auch der Aufnahmeleiter empfängt die Nachricht zwischenzeitlich über sein Headset und gesellt sich zu unserer Gruppe. Während Frau Schäfermann mich zur Sichtung der Bänder in den Regieraum begleitet, essen Sarah und der Aufnahmeleiter zu Mittag. Nun ist es amtlich. Ich habe das Casting mit Bravour bestanden und erhalte einen Vertrag, der bereits von der Geschäftsführung unterzeichnet ist. Frau Schäfermann öffnet eine Flasche Sekt.
»Lassen Sie uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit anstoßen.« Ich setze meine Unterschrift unter die Vereinbarung und proste ihr erleichtert zu. Ein zweites Glas Sekt lehne ich ab. Ich will den Geschäftsabschluss lieber ausgiebig mit Sarah im Berliner Nachtleben feiern. Sarah ist noch ganz aus dem Häuschen.
»Du warst sensationell. Stell dir vor, die haben mir ein Angebot gemacht. Ich soll mir überlegen, ob ich nicht die Beauty
Weitere Kostenlose Bücher