Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
Der Mann, der neben mir erwacht, führt seine Hände über meinem Hintern und ich spüre seinen Atem im Nacken.
»Sie feiern in unserem Haus«. Tobias lässt sofort von mir ab.
»Unser Haus ist hier«, sagt er verärgert und richtet sich auf.
»Steffen arrangiert das Fest und es findet im Landhaus statt.«
»Dann wirst du nicht fahren!« Ich glaube, mich verhört zu haben.
»Komm noch ein bisschen her zu mir.«
»Tobi, hör auf! Ich bin jetzt nicht in Stimmung. Mir gehen hunderttausend Sachen durch den Kopf.«
»Na super, dann hat Steffen es ja mal wieder geschafft«, flucht er und steigt zornig aus dem Bett. Ich koche Kaffee und stelle zwei Gläser Orangensaft auf den Tisch.
»Frederik heiratet die Schlaftablette, weil sie ein Kind erwartet. Mein viertes Enkelkind.«
»Glückwunsch!« Tobias geht hinaus und springt Kopf über in den Pool. Ich überlege, ob ich mit dem Wagen nach Hamburg fahren soll. Die rund 1680 km sind zwar eine lange Strecke, aber so habe ich die Möglichkeit, endlich ein paar Sachen aus dem Landhaus mitzunehmen. Ich setze mich an den Beckenrand des Swimmingpools und frage, was er von der Idee hält, mit dem Auto zu fahren.
»Hast du mir nicht zugehört? Du fährst da gar nicht hin. Es ist mir egal, ob Frederik dein einziges Kind ist und auch wie viele Kinder er noch in die Welt setzt. Dein Platz ist hier. Hier bei mir!«
»Hast du einen Knall?« Wortlos gehe ich ins Haus zurück. Es ist das erste Mal in zwei Jahren, dass wir uns streiten.
»Ich will nicht, dass ihr beiden die harmonischen Brauteltern spielt. Dass er mit dir tanzt und dich berührt. Du bist meine Frau. Seit fast zwei Jahren gehören wir zusammen. Da kann er noch so viele Feiern in seinem Schafstall veranstalten. Ich möchte, dass du hier bleibst!« Teils amüsiert mich seine Eifersucht, teils bin ich darüber erschrocken.
»Seit wann vertraust du mir nicht mehr?«
»Seitdem du dich weigerst, die Scheidung einzureichen.«
»Dann begleite mich.« Ich bin ohnehin schon zu der Überzeugung gekommen, dass Steffen nicht das Recht hat, von mir zu verlangen, solo anzureisen. Nadja erzählte mir schon vor einigen Wochen, dass er wohl auch eine neue Partnerin an seiner Seite hat. Also was sollte dagegen sprechen, wenn ich mit meinem Lebensgefährten auf die Hochzeit gehe.
»Ach Marie, ich liebe dich so, bitte sei mir nicht mehr böse.« Tobias stellt zwei Becher Kaffee auf den Tisch.
»Und du solltest wissen, dass ich nur dich will!«
Kurz vor Mittag fährt Tobias in den Ort, um vor Marktschluss noch etwas zum Essen einzukaufen. Ich nutze seine Abwesenheit und rufe den Vater meines Sohnes an. Ich muss mir tatsächlich die Telefonnummer des Hamburger Gesundheitshauses von der Auskunft durchsagen lassen. Die Rufnummer, die ich früher so häufig aus dem Kopf wählen konnte, habe ich total vergessen.
»Ich möchte gern Herrn Simon sprechen. Privat. Sagen Sie ihm bitte, Marie ist am Telefon.« Wie fremd sich seine Stimme anhört. Kaum zu glauben, dass ich nach achtundzwanzig gemeinsamen Jahren seine Stimme nicht sofort erkenne. »Selbstverständlich komme ich zur Hochzeit. Aber ich komme nicht allein!« Mein Ton ist sehr geschäftsmäßig. »Ich warne dich nur vor. Wenn du beabsichtigen solltest, einen Aufstand zu proben, dann hast du noch zwei Wochen Zeit. Es wird allerdings an meiner Entscheidung nichts ändern. Tobi wird mich begleiten!«
Tobias bucht ein Doppelzimmer für zwei Nächte in einem Seminarhotel im südlichen Stadtbezirk von Hamburg. Er und ich sind uns einig darüber, dass wir auf keinen Fall im Heidekrug übernachten werden. Ein Zusammentreffen mit den Eingeborenen wollen wir uns beide ersparen. Wir einigen uns darauf, mit dem Wagen zu reisen und uns auf der langen Fahrt abzulösen. Ich entscheide mich dafür, meinem alten Hund Bruno die Strapazen der langen Autofahrt zu ersparen. Mein geliebter Schnuffel hat altersbedingte Beschwerden und kann ohne Fremdhilfe nicht mehr allein ins Auto springen. Er liegt fast nur noch im Schatten und hat keine Lust mehr auf lange Spaziergänge. Isabelle will auf den Hund aufpassen.
»Wirst du Steffen morgen auf die Scheidung ansprechen?«, fragt Tobias, als wie beide völlig erschöpft nach der langen Fahrt ins Hotelbett sinken.
»Ja, wenn es sich ergibt.« Müde kuschel ich mich in seine Achselhöhle und schlafe ein.
Der Parkplatz vor dem Standesamt ist völlig
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