Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
fragt Belle und war schon auf Ausreden gefasst. Aber ich sage sofort zu. »Um acht?« Meinen Vorsatz, mich nicht mehr allein im Haus zu vergraben, setze ich nun auch um. Allerdings fehlt es mir an passender Garderobe. Ich nehme einen Karton und lege alle alten Hosen und Röcke hinein. Nie wieder will ich in diese große Größe hineinpassen. Nach dem Ausmisten ist der Inhalt des Kleiderschranks sehr übersichtlich. Für den Abend bleibt nur das neue Ensemble, das ich in der kleinen Boutique gekauft habe. Ich durchsuche mein Portemonnaie nach der Rechnung und wähle die Berliner Nummer. Die nette Ladenbesitzerin kann sich noch gut an mich erinnern und verspricht mir, eine ganze Kollektion in Größe achtunddreißig bis zur nächsten Woche zurück zu legen. Was hätte ich darum gegeben im letzten Sommer in Größe achtunddreißig zu passen.
Die Berliner Damenboutique ist schon verschlossen. Der Flieger hatte über eine Stunde Verspätung und so treffe ich erst gegen neun Uhr abends vor dem Geschäft ein. Ich klopfe an die Tür und will gerade enttäuscht abfahren, als die Ladenbesitzerin mich erkennt und mir Handzeichen zum Warten durch die Fensterscheibe gibt. Sie schließt die Tür auf und bittet mich herein. Rasch läuft sie in den hinteren Raum und kommt mit einem ganzen Schwung Kleidern über den Arm in den Verkaufsraum zurück.
»Diese Modelle habe ich erst gestern fertig gestellt«, sagt sie stolz und präsentiert mir Kleider, Hosen und passende Jacken in schwarz, weiß und schwarzweiß kariert.
»Sie nähen diese Sachen selbst?« Ich probiere alle Varianten über und bin hellauf begeistert.
»Leider sind nicht alle Frauen so mutig wie sie«, klagt die junge Designerin. »Ohne meine Labels von der Stange, könnte ich den Laden zu machen.«
»Dann freuen sie sich! Ich erteile Ihnen den Auftrag, jeden Monat drei neue Ensembles für mich zu fertigen. Für jeden Sendetag ein neues Outfit. Und heute nehme ich diese vier schon alle mit.« Die junge Frau staunt. Vor Freude läuft ihr Gesicht rosig an.
»Würden Sie mit mir ein Glas Sekt auf diesen tollen Auftrag trinken«, fragt sie schüchtern. Ich lehne den Sekt dankend ab.
»Ich sollte dann aber doch richtig Maß bei Ihnen nehmen.« Ich finde, dass man der Person, die einem so nah an die Wäsche kommt, ruhig das Du anbieten kann. »Ich bin Caro«, stellt sich die junge Schneiderin vor.
Für meine erste Sendung im neuen Jahr entscheide ich mich für ein schneeweißes Outfit. Das zauberhafte Kleid ist raffiniert geschnitten. Das Oberteil ist enganliegend und körperbetont und fällt in Höhe der Taille in weiter A-Linie ab. Der Ausschnitt ist in aufwendiger Wasserfalloptik geschneidert. Auf der vorderen Rockseite befinden sich zwei übergroße Taschen. Darunter trage ich eine weiße Leggings im Reithosenstil und statt einer Jacke einen passenden Kurzbolero. Flache, weiße Slipper dazu. Fertig! Das ist der Hingucker. Ob im Fahrstuhl, in der Hotel Lobby und beim Eintreffen im Sender. Alle Blicke gelten mir. Caro hat absolut Recht. Für diese auffällige Mode ist Mut nötig. Peer Clausen empfängt mich in Studio eins. Die Mitarbeiter von der Technik sind verwirrt. Clausen lässt sich sonst nie bei Aufnahmen sehen.
»Na, da kommt aber eine fesche, weiße Braut«, begrüßt er mich.
»Willst du so auf Sendung gehen?«
»Natürlich nicht, vorher geht es noch in die Maske.« Sarah fragt auch, ob ich mich nicht noch umziehen will. Aber ich lache nur und sage, dass es genau so sein soll.
»Man erkennt dich nur noch an der Stimme!«, sagt Peer beunruhigt.
»Dann hör mir in der nächsten Stunde genau zu!» Bei drei bin ich auf Position. Ich lege die Hände aneinander und mache eine kurze Verbeugung in Kamera eins.
»Bevor meine liebe Freundin Sarah mit der Vorstellung unserer Produkte beginnt, lassen sie mich bitte zuerst mein Geschenk an Sie überreichen. Für alle Frauen, die im neuen Jahr einen Neuanfang wagen wollen, egal ob beruflich oder privat, habe ich ein besonderes Parfum kreiert. Es enthält natürliche Essenzen von Sakura, der japanischen Kirschblüte. Sie ist eines der wichtigsten Symbole der japanischen Kultur und steht für Schönheit, Aufbruch und Vergänglichkeit. Jede meiner geschätzten Kundinnen, die heute während der Sendung bestellt, erhält als persönliches Dankeschön, ein Fläschchen dieses wunderbaren Duftes von mir. Aber nun weiter zu dir Sarah.« Mir ist klar, was ich mit
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