Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
und gehe unter die Dusche. Ich habe noch weniger Lust auf die Feier als die Silberbraut. Mit einem T Shirt und einem Handtuchturban auf dem Kopf verlasse ich das Badezimmer. Steffen hat den alten Dia Projektor angeworfen und sieht sich Familienfotos aus alten Zeiten an. Ich mag seinem sentimentalen Ausflug in die alten Zeiten nicht beiwohnen. Allerdings beim Anblick der Bilder unseres kleinen Sohnes Frederik kann ich nicht widerstehen. Ich hocke mich zu ihm auf den Boden und begleite ihn auf seiner Reise in die Vergangenheit. Als ich das Foto unseres ersten barbezahlten Autos sehe, kreische ich vor Freude.
»Unsere Ente! Weißt du noch? Meine Güte, habe ich diesen Wagen geliebt. Zu schade, dass Citroen dieses tolle Auto nicht mehr baut. Für eine 2 CV würde ich mein Cabrio sofort eintauschen.«
Nane sitzt Norbert beim Frühstück gegenüber. Sie hat schon geduscht und sich ihre neue Frisur frisch geföhnt. Vergeblich wartet sie auf den Kommentar ihres Mannes. Die Veränderung scheint ihm noch nicht einmal aufzufallen, denkt sie.
»Freust du dich auf den Abend«, will er von ihr wissen.
»Ja sicher«, sagt sie ohne ihn dabei anzusehen. Norbert überreicht ihr eine kleine Schmuckschatulle über den Küchentisch. Es ist das vierundzwanzigste Mal, das sich dieser Brauch wiederholt. Diesmal gibt es einen Ring mit einem leuchtenden Rubinstein.
»Wenn ich heute den gesammelten Schmuck trage, den du mir im Laufe unserer Ehe geschenkt hast, dann kann ich als Liberace auftreten«, sagt sie.
»Für deine schlechte Laune hast du dir ja den perfekten Tag ausgesucht. Ich hoffe, du kriegst dich bis heute Abend wieder ein. Es kommen wichtige Leute und ich möchte nicht, dass du uns mit deiner miesen Stimmung das Fest versaust!« Norbert steht auf und verlässt die Küche. Nach einigen Minuten verabschiedet er sich mit seiner Sporttasche und ruft: »Ich bin gegen vier wieder da. Sorge dafür, dass ich dann ins Bad kann!« Nane wartet bis sein Wagen die Auffahrt passiert und öffnet eine Flasche Champagner. Sie nippt am Glas und stellt die angebrochene Flasche schnell zurück in den Kühlschrank. Für ihr Vorhaben braucht sie einen klaren Kopf. Sie setzt sich in ihr Cabrio und fährt mit geöffnetem Verdeck in die Stadt. Ihr Weg führt sie direkt zur Bank. Dort plündert sie das Girokonto, für das sie zumindest eine Vollmacht hat. Danach kauft sie zwei neue Koffer. Sie gönnt sich das Modell mit Rollen. Ihre Sommersachen und ihre umfangreichen Schmuck Kollektion sind schnell gepackt. Danach verstaut sie alles im Kofferraum ihres Wagens. Gegen 16.00 Uhr ist sie fertig geschminkt und für den Anlass passend angezogen. Sie übergibt das freie Bad an ihren lieblosen Mann und verabschiedet sich. »Wir sehen uns im Lokal. Ich fahre vor und sehe nach, ob alles wie verabredet geklappt hat.«
Das Gartenlokal füllt sich. Nobert hat einen wirklich schönen Ort für die Feier ausgesucht. Das feine Restaurant liegt in einem grünen Park mit Seeanbindung. Nane begrüßt die ihr bekannten Gäste und macht mich mit ihren Freundinnen und Nachbarinnen bekannt. Steffen verweilt nur kurz am Frauentisch und mischt sich danach schnell unter das Männervolk. Ruth, Christina und Susanne schauen ihm lechzend hinterher. Sie sind alle geschieden und verzweifelt auf der Suche nach einem Neuen.
»Für Frauen in unserem Alter ist es schwer einen neuen Partner zu finden«, klagt Susanne. Sie wurde nach fünfzehn Ehejahren von ihrem Mann verlassen. Seither gibt sie Inserate auf, geht zum Speed Dating und nahm schon zweimal an einer Mittelmeer Kreuzfahrt teil. Bisher lernte sie nur Looser kennen. »Du glaubst gar nicht, was ich da schon erlebt habe. Der Letzte gab sich als sportlicher Unternehmer mit Interesse an Kultur und Reisen aus. Bei unserem ersten Treffen stieß ich auf einen dickbäuchigen, alkoholabhängigen, langzeitarbeitslosen Lageristen mit Ehefrau und drei Kindern.« Ich glaube ihr aufs Wort. Ein Blick in die Männerrunde macht deutlich, dass attraktive Einzelexemplare in dieser Altersklasse die Ausnahme sind. »Die Männer, die noch was her machen, haben alle jüngere Frauen«, sagt Christina.
»Entweder sie sind verheiratet oder sie haben einen Knall!«, meint Ruth. Das Trio hat es gemeinschaftlich auf Steffen abgesehen. Ruth pirscht sich zuerst an ihn heran. Sie lacht schrill und kommt nach fünf Minuten wieder an den Frauentisch zurück.
»Du hättest uns gern sagen können, dass Steffen dein
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