Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
Ehemann ist«, sagt sie beleidigt. Die Kellner tragen die Vorspeisen an die Tische und Norbert bittet seine Gäste, Platz zu nehmen. »Rette mich«, bettelt Steffen und küsst mich demonstrativ auf den Mund.
»Nun sei mal nicht so wählerisch. Denke an deine Zukunft. Ich bin morgen wieder weg.« Norbert schlägt mit einem Löffel an sein Glas und erhebt sich feierlich. Ein leichtes Raunen durchfährt die gesamte Gästeschar. Jeder weiß, dass nun eine seiner langen Ansprachen folgt. Als das Gemurmel an den Tischen verstummt, ruft Nane: »Liebe Gäste. Heute halte ich die Rede. Nur kurz, versprochen! Wir feiern heute fünfundzwanzig Jahre Ehe Marathon. In der Sprache der Juristen spricht man von lebenslänglich. Ich habe meine Freiheitsstrafe geduldig abgesessen und beschlossen, mich mit dem heutigen Tag, selbst zu begnadigen.« Sie richtet den Blick auf den Silberbräutigam und sagt: »Norbert, während du heute deine Zeit auf dem Tennisplatz verbracht hast, habe ich bei einem Rechtsanwalt die Scheidung eingereicht. Und nun bitte ich alle Geschäftsleute, die ich gar nicht kenne, zu gehen. Mit meinen Freunden möchte ich jetzt auf mein neues Leben anstoßen und feiern. Prost Ihr Lieben!« Nane strahlt und sieht in die verblüfften Gesichter ihrer Gäste. Mir stockt der Atem. Die ersten Geschäftspartner von Norbert kommen ihrer Aufforderung nach und verlassen das Fest. Der Silberbräutigam ist kreidebleich und schaut seine Frau fassungslos an.
»Das hat ein Nachspiel!«, sagt er drohend und verlässt den Tisch. Nane wendet sich dem Diskjockey zu und fordert ihn auf, laute Tanzmusik zu spielen. »Das ist hier keine Trauerfeier!» Sie holt sich eine große Portion vom Dessert Buffet und zieht sich die hohen Schuhe aus. Mit ausgestreckten Beinen löffelt sie ein Kilo Mousse au Chocolate aus der großen Schüssel und beobachtet den geordneten Abzug der vielen Fremden. Yannik, der damalige Trauzeuge des Bräutigams kommt auf mich zu.
»Hast du etwa von ihrem Plan gewusst?«
»Nein, soviel Courage hätte ich ihr auch nie zugetraut«. Gemeinsam gehen wir beide zur Bar. Ich erhalte Komplimente für mein nettes Aussehen. Er zeigt sich beeindruckt von meinem Erfolg. Norbert hat ihm von den Auftritten im Teleshopping erzählt. Daraufhin hatte er mal rein geschaltet.
»Da hinten steht Mabel«, sagt er und zeigt auf eine junge Frau mit langen blonden Haaren.
»Deine Tochter oder deine Frau?«
»Meine Frau«, sagt er empört.
»Niedlich! Meinem Sohn wäre sie zu jung!«
»Du bist immer noch so unverblümt direkt wie früher.« Ich sehe mir diesen Mann genauer an. Nane hat Recht. Er hat sich kaum verändert. Seine blonden Haare sind bestimmt nicht mehr naturblond, aber das Gesamtbild stimmt. Ich winke ihn mit dem Zeigefinger dichter an mich heran und beuge mich vor, als wenn sie ihm etwas zuflüstern will. Es ist aber nicht meine Absicht, ihm etwas zuzuflüstern. Ohne Vorwarnung küsse ich seinen Mund.
»Das wollte ich schon vor fünfundzwanzig Jahren machen«, lache ich. Nanes Mut wirkt irgendwie ansteckend.
»Warum musste ich dann solange darauf warten?«
»Ich war glücklich verheiratet, wenn du dich erinnern kannst.« Yannik zieht mich auf die Tanzfläche. Bevor die junge Mabel uns auseinander bringt, tauschen wir Adressen und Telefonnummern aus.
»Ich hoffe, ich muss nicht wieder fünfundzwanzig Jahre auf den nächsten Kuss warten.«
»Die Chance, dass wir uns auf der goldenen Hochzeit von Nane und Norbert wiedersehen, ist wohl eher gering.« Ich gehe zur Silberbraut, die sich lautstark von ihren Freundinnen feiern lässt.
»Ich habe alles vorbereitet. Meine gepackten Koffer liegen im Auto. Würdest du mich noch ein paar Tage in Frankreich ertragen?« Wie kann ich ihr diese Bitte abschlagen. Steffen fährt Nane und mich zu sich nach Hause. Wir Frauen belagern sofort sein gemütliches Doppelbett. Ihm bleibt die Couch. So hat er sich den letzten Abend mit seinem alten Mädchen nicht vorgestellt. Er ist sich nicht sicher, ob er seine Wut auf den Störenfried oder auf seine hemmungslose Noch Ehefrau richten soll. Das Geplänkel zwischen mir und Yannik hat er wohl bemerkt. Und es gefällt ihm ganz und gar nicht.
Früh fahren wir mit dem Taxi zum Lokal, um in Nanes Wagen umzusteigen. Wir sind in Höhe Hannover, als ich die erste SMS von Yannik erhalte.
Was hast du bloß mit mir angestellt? Du gehst mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich kreische,
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