Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
dich gern dabei haben.« Ich sage zu. Während Nane mit dem Restaurantbesitzer in der Küche verschwindet, setze ich mich an einen freien Platz an den Stammtisch und plaudere mit Bekannten. »Sie ist eine Meisterköchin«, lobt René seine neue Aushilfsköchin und stellt ein Tablett mit einer Auswahl ihrer Gerichte zum Probieren auf den Tisch. Nane bestellt eine Flasche Wein, um sich den Residenten persönlich vorzustellen. Sie prostet jedem zu und lacht. Das Tempo, dass sie vorlegt, um sich in diesen elitären Kreis einzuführen, befremdet mich. Wofür ich selbst Monate gebraucht habe, gelingt Nane in nur fünf Minuten.
»Wo hast du deine Freundin bloß die ganze Zeit versteckt?«, fragt Tobi, der sich von hinten an uns heranschleicht. Er probiert sich durch alle Gerichte und rühmt ihre Delikatessen in höchsten Tönen.
»Nun bring dich mal nicht um!«, zicke ich ihn an.
»So lecker hast du früher auch gekocht.«
»Lass deine Spitzen und verzieh dich!« Bisher habe ich in Gegenwart anderer Leute stets Haltung bewahrt, diesmal hat er den Bogen überspannt.
»Du bist eifersüchtig!«, lacht er und seine Genugtuung ist ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich bin dir doch nicht gleichgültig«, freut er sich. Ich bitte Nane, meine Rechnung zu übernehmen und bin im Begriff aufzubrechen, als ich zwei Hände auf meiner Schulter spüre.
»Ich habe es in vierzehn Stunden geschafft«, lacht Yannik. Ich bin total überrascht ihn zu sehen, nutze aber den Moment und umarme und küsse ihn vor Tobias Augen lange auf den Mund.
»Daran könnte ich mich gewöhnen«, sagt er und setzt sich. Nane schenkt ihm ein Glas Wein ein und fragt, ob er Hunger hat.
»Um Yanniks Hunger kümmere ich mich selbst«, sage ich und freue mich, dass ich wieder Oberwasser habe.
»Möchtest du hier essen oder wollen wir gleich zu mir fahren?«, frage ich ihn kokett. Tobias hat es die Sprache verschlagen. Ungläubig sieht er zu, wie ich diesem Beau ständig etwas ins Ohr flüstere und danach in albernes Lachen ausbreche. Er verlässt das Lokal, ohne sich zu verabschieden.
»Du bist doch bestimmt müde von der Fahrt?« Yannik wünscht sich einen Spaziergang durch den Ort. Hand in Hand bummeln wir durch die engen Gassen.
»Wir haben nur einen Tag. Morgen Abend muss ich zurück. Meinen Flieger nach Los Angeles darf ich nicht verpassen.« Er spricht von Norbert und der Firma.
»Wenn Nane ihre Drohung wahr macht und sich scheiden lässt, bringt sie die Firma in Gefahr«, sagt er. Ich bin enttäuscht.
»Ist das der Grund deines Besuches?«
»Ich wollte von dir geküsst werden. Das war mein Motiv!«
Als wir zu Hause auf der Terrasse sitzen und Yannik in den beleuchteten Garten sieht, sagt er: »Du hast es hier so schön. Da kommt mir meine Frage richtig albern vor. Ich wollte dich bitten, mich in die USA zu begleiten. Gern wollte ich dich in mein Strandhaus einladen, um dich zu beeindrucken. Aber wenn ich mich hier umsehe, muss ich eingestehen, dass es eine dumme Idee ist.«
»Du musst mich nicht beeindrucken. Geld bedeutet mir nichts.«
»Womit kann ich denn brillieren«, fragt er. »Ich bin verheiratet. Ich bin nicht jünger als du. Meine freie Zeit ist begrenzt und uns trennen 1700 km Entfernung. Was soll das mit uns werden?«
»Ich bin auch verheiratet. Es ist schön, dass wir im gleichen Alter sind und beide keinen Kinderwunsch mehr haben. Ich bestimme selbst über meine freie Zeit und 1700 km können in weniger als drei Flugstunden zurück gelegt werden.«
Am nächsten Morgen schlendern wir über den Markt. Wie in guten alten Zeiten kaufe ich Obst, Gemüse, Fisch und Wein. Ich will zusammen mit ihm kochen. Er sucht nach einer passenden Badehose, denn ich habe versprochen am Nachmittag mit ihm im Meer zu schwimmen.
»Du verstehst dich aufs Leben«, sagt er als wir im heißen Sand liegen.
»Ich danke dir, dass du mir die Augen geöffnet hast. Ein Tag mit dir hat mir gezeigt, dass ich einen falschen Weg eingeschlagen habe. Ich scheffle Geld und habe selbst gar keine Zeit, es auszugeben.« Er sieht auf die Uhr und zeigt an, dass es Zeit ist, aufzubrechen.
»Die Badehose würde ich gern hierlassen«, lacht er und ich finde, dass das eine gute Idee ist. »Bis bald«, rufe ich ihm hinterher.
»Du kannst aufhören, die Makler abzuklappern. Es gibt hier nichts zur Miete. Häuser, Villen und Appartements werden für horrende Wochenmieten an
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