Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
Marktforschung nahelegen würde, dann haben wir einen besseren Markt, denn dann sind wir konkurrenzlos unterwegs. Übrigens haben auch die Albrecht-Brüder nie Geld für Marktforschung ausgegeben.
Wenn nun aber so eindeutig ist, dass Marktforschung für die wichtigen Entscheidungen in Unternehmen häufig nichts bringt oder sogar in die Irre führt, warum wird sie dann so exzessiv betrieben?
Auf einem Markenkongress sprach nach mir der Chef einer sehr großen Werbeagentur. Er sagte sinngemäß Folgendes: »Wenn du heute ein Agentur-Briefing von einem großen Unternehmen bekommst, um eine kreative Werbeidee zu entwickeln, dann ist das ein dicker Ordner voll mit Marktforschungsergebnissen und mit Informationen darüber, was die Agentur bitte alles auf gar keinen Fall tun darf. All diese Marktforschung dient im Grunde nur einem Ziel.«
Dann erschienen hinter ihm an der riesigen Leinwand drei Buchstaben: CYA.
Eins ist sicher
CYA heißt: Cover your ass. Auf gut Deutsch: Bring deinen Hintern in Sicherheit. Wer sich auf Marktforschungsdaten abstützt, der liegt zwar meistens nicht richtig, aber eigentlich auch nie so ganz falsch. Na klar, er bleibt innerhalb des Weidezauns. Und bei Misserfolg kann er dann immer noch sagen: »Aber die Marktforschung hatte doch ergeben …« – Das ist viel sicherer als: »Ich war aber fest davon überzeugt …«
Das Gegenteil von Kundenorientierung und Marktforschung ist Mut und Autorität. Und die ist in weiten Teilen von Wirtschaft und Gesellschaft verloren gegangen. Als Unternehmer, der nachhaltig erfolgreich sein will, muss ich mich aber trauen, meine Kunden zu bevormunden. Ich muss dem Kunden sagen: Lieber Kunde, du kaufst 1000 verschiedene Sachen am Tag, ich aber mache den ganzen Tag nur eins: Messer! Und deshalb kenne ich mich da besser aus als du. Ich habe das richtige Messer für dich, denn ich weiß, was du brauchst. Wenn du ein gutes Messer haben willst, dann zeige ich dir, wie so etwas aussieht. Qualität ist so, wie ich das sage!
In der Politik ist es nichts anderes. Uns ist in unserer Gesellschaft der Stolz, die Überzeugungskraft und das Selbstbewusstsein abhandengekommen, es fehlt der Mut, in Führung zu gehen und schlicht zu sagen: Schaut her, ich weiß Bescheid, und da geht’s lang.
Sixt, DM-Drogeriemarkt, Apple, Würth, Miele, Hilti, Manufactum – das sind alles autoritär geführte Unternehmen, die dem Kunden vorschreiben, was gut ist. Es sind alles von echten Autoritäten, von Unternehmerpersönlichkeiten geführte Unternehmen. Große Konzerne und Industriegiganten wie Daimler, BMW, Karstadt, Siemens, Bosch, Ford, Bayer, General Electric, SAP, Microsoft, Apple, Hewlett-Packard, McDonald’s, Toyota, Nestlé gehen alle auf den Mut und Erfindungsreichtum einzelner Menschen zurück, die etwas getan haben, was vor ihnen noch niemals jemand getan hatte. Sie alle haben etwas entwickelt, nach dem man niemanden hätte fragen können. Sie haben einfach gemacht, was sie für richtig hielten. Sie taten nicht das, was die Kunden
wollten
, sondern das, was die Kunden
brauchten
. Sie waren alle Autoritäten.
Wir haben einen Mangel an Unternehmern, Entscheidern und Führungskräften, die sich trauen, gegen die Sirenengesänge der Marktforscher die eigene Haltung, die eigene Position zu vertreten. Denn Qualität wird jedes Jahr teurer. Wenn man sich aber nicht traut, das den Kunden zuzumuten und es ihnen zu verkaufen, dann muss man eben Abstriche bei der Qualität machen, sonst frisst einen die Inflation auf.
Genau deshalb landen immer wieder so viele Mainstream-Marken im Billig- und Ramschwaren-Segment. Deshalb führt der Mainstream meistens bergab. Deshalb gibt es so viel Schrott und so eine üble Billigkultur. Deshalb werden Produkte immer noch ein bisschen schlechter und billiger. Deshalb kommen die banalsten Dinge von immer noch weiter weg. Deshalb ist Qualität kein Mainstream. Es fehlt der Mut.
Ich bin gespannt und warte darauf, dass endlich in Deutschland ein Unternehmen autoritativ auftritt und den ganzen Ramsch des deutschen Billighandels zur Seite fegt, denn der Markt für Qualität, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel ist riesig. Da wird über kurz oder lang so etwas passieren, wie es im Mobiltelefonmarkt passierte, als von der Seite plötzlich Apple durch den Zaun gebrochen ist und allen gezeigt hat, wie man ein richtiges Telefon baut.
Wenn so ein Regelbrecher in die Einzelhandelsarena in Deutschland einbricht, dafür richtig viel Kapital in die Hand
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