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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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umgruben, den sich die Landwirte eigentlich für den Ackerbau reserviert hatten.
    Also machten sie gnadenlos Jagd auf die Kaninchen. Thomas Austin hätte seine wahre Freude gehabt, hätte er das noch erleben dürfen. Aber die Kaninchenschießerei verpuffte spurlos, es gab ja in ganz Australien nicht so viel Munition, geschweige denn Gewehre, wie nötig gewesen wäre, um die nicht vorhandenen natürlichen Feinde zu ersetzen. Der Versuch, nach dem Muster der Chinesischen Mauer die Kaninchenplage mit einem riesigen Zaun quer durch ganz Australien zurückzudrängen, scheiterte an den Grabungskünsten der Tiere. Also griff man zum Äußersten: zur Myxomatose. Der Erreger wurde 1951 gezielt eingeführt und verbreitet. Und tatsächlich, der Vermehrungsdruck der Kaninchen ließ nach. Viele Millionen Tiere verendeten, der Bestand wurde erheblich dezimiert.
    Der Rückgang der Kaninchen in Australien dauerte ungefähr zwanzig Jahre. Dann nahm die Population plötzlich wieder zu. Was war geschehen? Natürlich: Ein Kaninchen hatte eine Resistenz gegen den Erreger ausgebildet, und seine Nachkommen waren besser an ein Australien mit Myxomatose angepasst. Sie entwickelten wieder eine schwindelerregende Fertilität, und die Population explodierte erneut. Heute sind wir bald wieder bei einer halben Milliarde Exemplare in Australien angelangt. Und die Australier haben keinen blassen Schimmer, was sie dagegen tun sollen. Das Problem: die Größe der Population und die Größe des Gebiets seiner Verbreitung. Größe macht mächtig …
    Wird in Ökosystemen eine Art so übermächtig, dass sie andere Arten komplett verdrängt, dann verringert sie in ihrem Besiedlungsgebiet die Vielfalt des Lebens. Das klappt aber immer nur temporär. Denn Monokulturen, also Ökosysteme mit extrem verminderter Artenvielfalt, sind nicht auf Dauer überlebensfähig. Sie beseitigen sich letztlich selbst und brechen irgendwann zusammen. So ein geometrischer Fichtenacker beispielsweise fällt irgendwann um, mit Buchdrucker früher, ohne Buchdrucker später, und was dann wächst, wenn es darf, ist auf jeden Fall wieder komplexer, das Leben kehrt zurück. Leben strebt immer zur Vielfalt, Gebiete stark verminderter Komplexität sind Zonen vorübergehend geschwächten Lebens.
    Bei den Kaninchen in Australien muss man nur ein paar Hundert oder Tausend Jahre abwarten. Irgendwann entwickelt sich ein neuer Krankheitserreger, vielleicht explodieren eingeschleppte Wieselpopulationen in Australien und stellen irgendwann ein Gleichgewicht mit den Kaninchen her, vielleicht entwickeln sich die ausgewilderten Hunde, die australischen Dingos, weiter und werden zu spezialisierten Kaninchenjägern. Oder die Kaninchen fressen den Kontinent so ratzekahl, dass sie sich in einer Sandwüste wiederfinden und massenhaft an Hunger sterben. Die australische Kaninchenblüte ist temporärer Natur. Früher oder später erledigt sich in Ökosystemen jedes Überhandnehmen von selbst. Größe ist in Ordnung, aber zu große Größe ist nur vorübergehend möglich.
    Die Handelskonzerne in Deutschland sind zu groß.
    Sie verringern die Vielfalt der Handelslandschaft, denn sie verdrängen andere Spezies von Handelsfirmen. Sie versperren kleinen und regionalen Unternehmen den Zugang zum Markt. Sie schaffen also Monokulturen. Sie machen die Produktion und den Vertrieb von Gütern des täglichen Bedarfs ärmlich und billig. Sie sorgen für niedrigste Qualität beim täglichen Konsum von Millionen Menschen. Und sie zerstören den Boden, auf dem sie gedeihen. Wenn die Wirtschaft so funktioniert wie ein ökologisches System, müssen die großen Handelskonzerne irgendwann demnächst zusammenbrechen.
    Die Frage ist, ob die Analogie zutreffend ist. Und die Frage ist auch, wann der Zusammenbruch stattfinden wird. Denn noch geht es den Rewes, Aldis, Edekas und Lidls in ihrem Habitat glänzend. In etwa so wie den Kaninchen derzeit in Australien.
    Zyklopenwirtschaft

    Auch Nestlé ist groß. Es ist sogar der größte Lebensmittelkonzern der Welt. Nestlé erzielt weltweit einen Jahresumsatz von ungefähr 90 Milliarden Euro. Alleine in Deutschland arbeiten über 14 000 Mitarbeiter für Nestlé, Deutschland ist der drittgrößte Ländermarkt des Konzerns, hier erzielt Nestlé fast 4 Milliarden Euro Umsatz. Das ist nicht nur groß, das ist riesig.
    Ich habe zwei Fragen an Sie. Die erste: Was glauben Sie, um wie viel größer (gemessen am Umsatz) ist der weltweite Nestlé-Konzern gegenüber dem deutschen

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