Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
nicht, ob das ein guter Preis ist. Ich möchte deshalb etwas über diesen Preis herausfinden: Was meinen Sie, wenn ich Ihnen sagen würde, Sie bekämen das Buch hier und heute für 15 Euro, nur hier und heute! Wie viele von Ihnen würden es dann jetzt und hier kaufen wollen? Bitte Hände hoch.« Fast alle Hände der vielleicht hundert Studenten gingen hoch.
»In Ordnung«, sagte er. Er ging zur Tür, öffnete sie und ging hinaus. Kurz darauf kam er mit einem Hubwagen wieder herein. Darauf lag eine Palette voller Bücher.
»Ich habe 100 Stück dabei. Das Angebot gilt: 15 Euro. Der Verkauf beginnt jetzt.« – Stille. Fünf Studenten gingen nach vorne und nestelten in ihren Geldbeuteln. Fünf.
Der Prof: »Sie sehen, die Absicht, etwas kaufen zu wollen, und es dann auch tatsächlich zu kaufen, das sind zwei verschiedene Dinge. Und damit sind wir beim Thema Marktforschung …«
Marktforschung boomt. Von 1986 bis 2010 stieg in Deutschland das Bruttoinlandsprodukt um rund 80 Prozent, die Nachfrage nach Konsumgütern um 47 Prozent, die Ausgaben für Marktforschung um 520 Prozent. Dabei ist Marktforschung oft nichts anderes als ein verrücktes Selbsttäuschungssystem für Manager. Sie glauben, sie erfahren etwas über die Welt, dabei erfahren sie nur, was sie ohnehin schon wissen, nämlich die Halmstärke und Graslänge innerhalb der Umzäunung ihrer Weide. Kunden werden befragt, und von ihren Antworten wird auf ihr Kaufverhalten geschlossen – was ein Trugschluss ist. Es ist beileibe nicht falsch, Kunden zu befragen, aber man muss auch wissen, zu was das nütze ist und welche Schlüsse man aus den Ergebnissen ziehen kann. Nämlich nur sehr wenige.
Bei Manufactum haben wir auch immer wieder Kundenbefragungen durchgeführt. Einmal im Jahr haben wir den »Qualitätsmonitor« erstellt. So erfuhren wir, ob sich in der Wahrnehmung der Kunden etwas verändert hatte, wie es um den Grad der Zufriedenheit stand, ob der Service ordentlich war und so weiter.
Im ersten Jahr legten die Mafo-Jungs die Charts auf den Tisch und waren ganz aufgeregt: »Herr Hoof, die Ergebnisse sind eindeutig. Ihre Kunden finden, dass Manufactum teuer ist!«
Thomas Hoof hat sich halb totgelacht. Die Mafo-Jungs schauten sich an, als wären sie in einem Irrenhaus gelandet. Was sie noch nicht verstanden hatten: Es wäre ja auch schlimm, wenn die Kunden Manufactum nicht teuer fänden! Das Ergebnis »teuer« ist doch sowieso klar, denn Manufactum tut im Marketing alles dafür, dass die Wertigkeit der Produkte betont wird. Schauen Sie sich nur alleine an, wie der Katalog produziert wird. Da schreit jeder Buchstabe, jedes Detail des Layouts: Diese Produkte sind hochwertig. Wie sollte da ein anderes Befragungsergebnis herauskommen? Wäre es anders, dann würde es nur wenige Jahre dauern, bis Manufactum auch nichts anderes wäre als das, was Quelle geworden war: zuerst mittelmäßig, dann pleite.
Der mutlose Mittelmaß-Manager denkt angesichts solcher Marktforschungsergebnisse: Oh mein Gott, wir werden als teuer wahrgenommen! Wir müssen die Preise senken. Also müssen wir sparen. Also müssen wir billiger einkaufen. Im Einkauf wird das Geld verdient, alte Handelsweisheit! Und schon geht’s abwärts.
Nicht nur die Interpretation der Ergebnisse, auch die Ergebnisse selbst stehen bei Befragungen meist auf tönernen Füßen. Wenn die Leute per Telefon befragt werden oder wenn sie in der Fußgängerzone angequatscht werden, um an einer Befragung teilzunehmen: Welche Leute lassen sich darauf ein und welche legen einfach auf oder gehen weiter? Kann so ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung zustande kommen? Es ist doch so: Je interessanter das Klientel, also je intelligenter, gebildeter, wohlhabender, beschäftigter die Leute, desto geringer ist die Bereitschaft, sich für einen Kaffee-Gutschein einer Befragung zu unterziehen.
Was sagte Thomas Hoof zur Marktforschung? Er sagte sinngemäß: »Wenn es für uns selbst schon schwierig ist, zu wissen, was wir in Zukunft tun sollen – wie sollen es dann unsere Kunden wissen? Es ist doch eine Zumutung, sie das zu fragen!«
Was sagte das größte Marketing-Genie unserer Zeit, Steve Jobs, über Marktforschung? Er sagte: »Die Leute wissen erst, was sie wollen, wenn man es ihnen zeigt.«
Die großen Unternehmensführer, die Würths und Wiedekings, die haben sich nie an Meinungsforschung orientiert, sondern immer ihrer eigenen Meinung vertraut. Sie haben sogar gewusst: Wenn wir genau das nicht tun, was die
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