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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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Wort bekam, blieb höflich, wagte aber inhaltlich einen kritischen Ton: Was er, Herr Körber, denn dazu sage, dass seine beiden Tochterunternehmen Saturn und Media Markt mit den Werbekampagnen »Geiz ist geil« und »Ich bin doch nicht blöd« enormen Flurschaden anrichteten, weil sie Geiz zum Verhaltensmaßstab erhöben?
    Körber zögerte keine Sekunde, er blieb die Ruhe selbst, denn diese Kritik berührte ihn nicht im Geringsten. Er antwortete völlig abgebrüht: Sein Job als Chef der Metro AG und daher für ihn einzig und allein von Interesse sei es, sich damit zu beschäftigen, in welchen Regionen der Welt einerseits genug Wachstum und andererseits ausreichend stabile Rahmenbedingungen herrschten, dass die Metro AG dort investieren und expandieren könne. Die Werbekampagne »Geiz ist geil« sei lediglich das operative Geschäft irgendeiner Tochtergesellschaft. Das interessiere ihn nicht.
    Wie, den Chef interessiert es nicht? Ich konnte es kaum glauben. Ihn interessiert es nicht, wenn sein Unternehmen eine Sünde zur Tugend erklärt und Qualitätsbewusstsein für Blödheit? Ein Unternehmen mit Millionen Kunden, Hunderttausenden von Arbeitsplätzen und Milliardenumsätzen? Ich kippte fast vom Stuhl.
    Mittlerweile glaube ich, dass diese abgezockte Grundhaltung in den Chefetagen der großen Unternehmen erzwungene Normalität ist, denn genau das ist die Spezies von Managern, die von den Investoren gelitten und gefördert wird: Renditefunktionäre, linkshirnige, rein rational faktenorientierte, visionslose, verantwortungs- und kulturlose Alpha-Roboter in den oberen Fluren der Firmenzentralen sind die beste Existenzversicherung für die globalen Hütchenspieler der Finanzindustrie.
    Diese ärmliche, verengte Weltsicht, die in der Führung der Großunternehmen grassiert, wird gemeinhin als »professionell« angesehen. Wenn es aber Teil der Profession des Managers ist, Verantwortung für die Gesellschaft zu tragen, in der er mit seinem Unternehmen operiert, dann wäre diese Sicht ein Fehlurteil, denn dann wäre eine solche Haltung wie die oben beschriebene vielleicht renditefreundlich, aber insgesamt einfach nur dilettantisch.
    Wachstumsgrenzen

    Zu groß ist gefährlich. Denn eine Fehlertoleranz nahe null ist auf Dauer ein viel zu großes Risiko für alle. Dahinter steckt das alte Prinzip, dass man niemals alle Eier in einen Korb legen sollte. Denn manchmal fallen Körbe herunter.
    Größe ist zwar für die Inhaber des großen Unternehmens eine Zeit lang sehr profitabel, aber für das gesamte Ökosystem, in dem sich die große Wirtschaftseinheit befindet, sind zu große Einheiten auf Dauer immer ineffizient. Das gilt auch für die großen Energieversorger.
    Wir haben uns auch bei der Stromversorgung eine Infrastruktur geschaffen, wo wenige Großkonzerne mit nur wenigen riesengroßen Kraftwerken ganz Deutschland versorgen. Die vier größten Energieversorger E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall Europe, sozusagen unsere Nuklearmächte, beherrschen über 80 Prozent des deutschen Strommarktes. Die restlichen 952 deutschen Stromversorgungsunternehmen teilen sich den Rest. Das ist eine groteske Verteilung. Mit Folgen: Nur die ganz großen Konzerne können die größten Großkraftwerke finanzieren und betreiben, und sie können deshalb bei der Stromerzeugung durch die schiere Größe der Kraftwerke die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde weit drücken – also die Rendite maximieren. E.ON erzielte im Jahr 2010 auf diese Weise eine Rendite vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von über 13 Milliarden Euro.
    Diese enorme Zentralisierung um der Rendite willen erfordert ein sehr teures Leitungsnetz, um riesige Strommengen umzuverteilen und vom Erzeugungsort zum Verbrauchsort zu bringen. In Deutschland ist der Markt unter nur vier Netzbetreibern aufgeteilt: EnBW, Amprion, Tennet und 50 Hertz Transmission verwalten zusammen 1,78 Millionen Kilometer Stromleitungen. Auf diesem Leitungsweg gehen nach unterschiedlichen Schätzungen ungefähr 4 bis 6 Prozent der Energie einfach verloren.
    Auch die Abwärme lässt sich bei der zentralen Stromerzeugung in Großkraftwerken kaum nutzen, denn der Ort der Erzeugung und der Ort des Verbrauchs sind räumlich weit voneinander entfernt, die Abwärme wird zum größten Teil ins Kühlwasser oder über die Kühltürme in die Luft abgegeben. Mir blutet jedes Mal das Herz, wenn ich an einem Kühlturm vorbeikomme, egal ob es sich um ein Kernkraftwerk oder ein Kohlekraftwerk handelt. Insgesamt gehen von der in

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