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Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)

Titel: Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Burchardt
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den verfeuerten Energieträgern Kohle, Gas und Öl gespeicherten Energie fast zwei Drittel verloren, nur gut ein Drittel kommt in Kühlschrank, Kaffeemaschine & Co. überhaupt an.
    So eine zentralisierte Infrastruktur ist nicht nur ineffizient, teuer und verlustreich, sie ist auch hoch riskant. Wenn an strategischen Punkten eine Leitung lahmgelegt wird, egal ob aufgrund eines Unfalls, einer Naturkatastrophe oder eines Terrorakts, dann gehen gleich in ganzen Bundesländern die Lichter aus. Und wenn Kernkraftwerke havarieren, wie 1957 im englischen Sellafield, 1979 im amerikanischen Three Mile Island bei Harrisburg, 1986 in Tschernobyl und 2011 in Fukushima, dann sind Millionen von Menschen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinweg an Leib und Leben bedroht. Die wirtschaftlichen Folgekosten solcher regelmäßig vorkommenden Großkatastrophen sind unermesslich hoch.
    Ein System aus vernetzten, dezentralen Kleinkraftwerken wäre viel sicherer, störungstoleranter, intelligenter, verlustärmer und unterm Strich kostengünstiger – und natürlich weniger umweltschädlich. Aber ohne die Großeinheiten, ohne Zentralisierung bei einigen wenigen großen Wirtschaftseinheiten wäre die Rendite im Kapitalmarkt viel geringer oder zum größten Teil für das globale Finanzsystem gar nicht zugänglich. Der Profit aus einem regionalen, durch die Bürger einer Gemeinde finanzierten Blockheizkraftwerk bliebe in der Gemeinde, bei den Bürgern selbst. Da wäre für die Wall Street nichts zu holen …
    Zentralismus, Gigantismus und Renditegier sind drei Hand in Hand marschierende Prinzipien, die in allen Wirtschaftsbereichen für den Großteil der Menschen ganz offensichtlich von großen Nachteilen begleitet werden. Warum also gibt es dann in der deutschen wie auch in der weltweiten Wirtschaft immer noch mehr davon? Warum regelt sich dieses Problem nicht von selbst, so wie in einem Ökosystem, das temporäre Monokulturen schnell wieder einfängt?
    Doch, es regelt sich von selbst. Das tut es gerade, es ist nur eine Frage der Zeit. Das Ende des Zentralgigantismus bei den Energieversorgern ist bereits gekommen. Die renommierte internationale Managementberatung Boston Consulting Group schätzte, dass die dezentrale Stromerzeugung bis zum Jahr 2020 auf 40 Prozent der installierten Kraftwerkskapazität ansteigen wird. Es sei zu erwarten, so die Analysten, dass sich der Strommarkt komplett wandle. Das Geschäftsmodell der Energieriesen hat sich überlebt. Die bisherigen Konsumenten werden zu »Prosumern«, also zu Konsumenten, die gleichzeitig selbst Strom produzieren, weil immer mehr Privatleute und kleine Firmen ihre eigenen Windräder und Photovoltaikanlagen besitzen und Strom ins Netz einspeisen. »Die installierte Kapazität der dezentral verbauten Solarmodule in Europa wird sich von derzeit gut 10 Gigawatt auf mindestens 90 Gigawatt bis zum Jahr 2020 vervielfachen«, so Frank Klose, Energieexperte und Geschäftsführer bei der Boston Consulting Group. Das Netz selbst wird intelligent und flexibel, IT-Firmen wie IBM, SAP oder Google werden in den Strommarkt einbrechen, die komplette Infrastruktur des Energiemarkts revolutionieren und sich Marktanteile ergattern.
    Auch in allen anderen Wirtschaftsbereichen haben sich die Zeiten geändert. Der einzige Faktor, der große monokulturelle Zyklopenunternehmen in den unterschiedlichen Branchen noch aufrechterhält, ist der Konsument. Das sind wir.
    Ein Beispiel: Als Mitglied der Geschäftsleitung von Manufactum war ich nebenamtlich auch Geschäftsführer des Einrichtungshauses Magazin in Stuttgart, das zur Manufactum-Gruppe gehört. Wir haben dort unter anderem sehr hochwertige Möbel verkauft, ein ziemlich beratungsintensives Geschäft – Stoffe, Farben, Formen, Maße. So eine Beratung für ein Sofa oder einen Vorhang dauert manchmal Stunden. Diese Beratung kostet nichts extra, sondern ist im Verkaufspreis, der auf den Möbeln steht, einkalkuliert. So funktioniert Fachhandel. Ganz einfach. Und ganz fair. Das ging lange gut.
    Doch dann beschloss der Kunde plötzlich, nicht mehr blöd sein zu wollen, sondern Geiz geil zu finden. Das bedeutete bei uns, dass viele Kunden die kostenlose Beratung zwar gerne annahmen, dann aber anschließend mit diesem Wissen im Internet den günstigsten Preis recherchierten und diesen im Laden forderten. Unter Fachhändlern nennt man dieses Verhalten »Beratungsklau«. Mit anderen Worten: Danke für den kostenlosen Service, im Gegenzug will ich oben drauf jetzt

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