Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
sehr anstrengt, um einen abgängigen Koch zu finden, wage ich zu bezweifeln. Sie haben wahrscheinlich die Melderegister durchgesehen, in Krankenhäusern und bei der Sozialversicherung nachgefragt, und das war es dann.«
Meine Hoffnung sinkt. »Warum kommst du von Wondra auf Dvorak?«
»Er hat bei Manninger gekocht. So steht es zumindest in der Hotelzeitung.«
»Hast du ein Bild von ihm gesehen?«
Droch kramt in seiner Jackentasche. Er legt mir den Artikel der Hotelzeitung vor, neben dem Text ist das Foto eines schmalen männlichen Wesens mit Kochmütze. Es ist verschwommen, und der Druck ist so schlecht, dass man darauf kaum mehr als die Umrisse ausnehmen kann. Es könnte Peppi sein. Es könnte aber auch irgendein anderer sein.
Ich hole Billy, sie sieht das genau wie ich. Wir geben das Foto rundum, Mahmet meint, dass es sicher Peppi sei, kann aber auch nicht sagen, woran er das erkennt. Die anderen zweifeln wie wir. Droch bestellt den großen gemischten Nachspeisenteller.
Ich sehe auf die Uhr. Es ist halb fünf am Nachmittag. Bis Prag braucht man drei, vier Stunden. Es gibt einen einzigen Weg, um herauszufinden, ob Josef Wondra tatsächlich Peppi Dvorak ist.
Vesna will mich begleiten. »Serbokroatisch und Tschechisch sind verwandte Sprachen«, erklärt sie. »Außerdem ist es besser, wenn Peppi jemand fragt, den er nicht kennt. Nicht, dass er glaubt, man möchte ihn zurückholen.«
Billy gibt uns ein Foto mit, auf dem sie und Peppi zu sehen sind.
12.
Wir fahren Richtung Norden, Staatsgrenze, Brunn, Autobahn Richtung Prag. Es ist noch immer heiß, die tschechische Landschaft wirkt wie ausgebleicht.
Das Zelta Praha liegt in der Stadtmitte, wir kommen nur langsam voran, verirren uns zweimal, dann sehen wir das imposante Hotel vor uns. Ein Gründerzeitbau, wuchtig und auf Wirkung bedacht. Es kann noch nicht lange her sein, dass die Fassade renoviert worden ist. Sie strahlt in hellem Gelb. Vor dem Portal wehen die Fahnen der größeren europäischen Länder, der USA und Japans. Die von Österreich ist nicht darunter. Ich bin keine extreme Patriotin, also macht es mir nichts aus, es amüsiert mich eher, und ich stelle mir vor, wie ein paar aufgeplusterte Politiker daraus eine Hof- und Staatsaffäre machen. Von wegen gute Nachbarschaft und so weiter.
Es ist Zeit fürs Abendessen. Hoffentlich sind im so genannten Gourmetrestaurant noch Plätze frei. Vesna und ich werden getrennt essen.
Der Portier nickt, als ich ihn auf Englisch frage, wo man hier parken könne. Er winkt einem Pagen und deutet uns auszusteigen. Der Page werde sich um unseren Wagen kümmern. Manchmal hätte ich gerne ein Auto, das mehr hermacht als ein kleiner Fiat. Aber für den Alltagsgebrauch reicht er mir, er ist spritzig, braucht nicht viel Platz und kostet wenig.
Alltag. Ob es so etwas für mich wieder geben wird? Vielleicht sogar Alltag mit Oskar? Ich stelle mir vor, wie wir einander ruhig und satt und stumm gegenübersitzen. In zehn Jahren, in zwanzig Jahren. Unsinn. Wir haben einander etwas zu sagen. Zumindest bis jetzt. Und so phlegmatisch ist Oskar gar nicht.
»Ich sollte mir elegante Bluse kaufen«, meint Vesna, als wir bei der Hotelboutique vorbeigehen.
»Dein schwarzes T-Shirt ist in Ordnung. Understatement, Frau Fürstin.«
Sie kichert. »Kann ich mir sowieso nicht leisten, Klamotten aus teurer Hotelboutique.«
Besonders festlich bin ich auch nicht gekleidet, aber wenigstens habe ich auf dem Rücksitz meine alte Lederjacke gefunden, die zur Not als ausgeflippt-schick durchgehen kann.
Im Waschraum beim Hotelfoyer versuchen wir unseren Gesichtern ein wenig mondänen Glanz zu verleihen. Bei mir scheint es nicht viel zu helfen, aber Vesna sieht mit Lidschatten und Lippenstift nicht nur ungewohnt, sondern auch sehr apart aus.
»Ich bin slowenische Geschäftsfrau«, sagt sie, »bosnisch ist nicht gut, da denken Leute immer nur an Krieg und Flüchtlinge. Ich esse und lobe alles sehr und bitte, dass der Chefkoch, den ich in der Zeitung gesehen habe, kommt.«
Ich nicke. Hoffentlich finde ich einen Tisch, an dem mich Peppi nicht sofort entdeckt.
Das Lokal ist klein, das Licht schummrig. Ich zähle ungefähr sechzig Plätze. Weniger als im Apfelbaum. Am Rand des Speisesaales befinden sich Nischen, die noch dazu durch große, etwas verstaubte Palmen geschützt werden. Ich sehe mich suchend um, ein Ober kommt auf mich zu.
»Leider habe ich nicht reservieren können …«, sage ich auf Englisch.
Er macht eine kleine Verbeugung und
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