Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
Stimme. »Und wenn es mich umbringt, ich gebe nicht nach. Das schafft er nicht.«
Wieder ist Manninger am Wort.
Billy wird lauter, ihre Augen sprühen Funken. »Du hast mir nichts zu befehlen, gar nichts. Lies den Vertrag genau durch. Ich habe den Apfelbaum gepachtet und besitze das alleinige Verfügungsrecht darüber. Klar kannst du kommen, jede Hilfe ist mir willkommen – vorausgesetzt, du willst helfen.«
Ihr Gesichtsausdruck wird langsam wieder weicher, einmal lächelt sie fast.
»Wenn du mich ohnehin kennst … Nein, ich werde auf mich aufpassen. Bisher hab ich ja auch überlebt. Ja, das ist fein.«
Sie verabschieden sich.
Billy sieht mich mit klarem Blick an. »Okay, genug gejammert. Wir sperren auf.«
Ich renne hinter ihr her. »Die Journalisten«, warne ich sie. Aber sie ist schneller und hat den Schlüssel zum Gästeeingang schon umgedreht. Fast wird sie überrannt, aber sie bleibt in der Türe stehen, stemmt die Arme in die Seiten und sagt: »Alle, die hier essen oder trinken wollen, sind mir herzlich willkommen. Den Rest bitte ich heimzugehen.«
»Wir tun so, als handle es sich bei den Journalisten um ganz normale Gäste«, weist sie Hans-Peter an. Die Praktikantin will sie nach Hause schicken. Das Mädchen weigert sich. »Sie haben mir immer gesagt, dass Gasthausarbeit Teamarbeit ist. Ich bleib da. Was der Hans-Peter kann, kann ich auch.« Energisch schiebt sie ihr Kinn vor. Billy kommen beinahe die Tränen vor Rührung.
Vesna steht hinter der Theke, ich bitte sie, immer in Billys Nähe zu bleiben. Sie sieht mich empört an. »Was glaubst du sonst, Mira Valensky?«
Mahmet, der Lehrling und ich bereiten wie jeden Tag alles für die Mittagsgäste vor. Tatsächlich haben sich einige der Journalisten entschlossen, bei uns zu essen. Wenn man schon in einem Sternelokal ermittelt, warum nicht die gute Gelegenheit nützen? Witze über faschierte Hände und Menschenfleisch prallen an Billy und ihrem Team ab. Alle Fragen im Zusammenhang mit dem Mord an Baumann beantwortet sie mit einem lächelnden »Ich weiß es wirklich nicht«. Wir spielen
business as usual.
Bloß die Faschiermaschine fehlt, die ist von der Spurensicherung abtransportiert worden.
Einige Gäste, die, ohne von etwas zu wissen, gekommen sind, werden von Billy leise und in trockenem Tonfall informiert. Die Hälfte geht, die Hälfte bleibt. Wir haben zweiunddreißig Essen, das ist sogar etwas mehr, als an einem Freitagmittag üblich ist.
Zuckerbrot kommt mit zwei Männern und einer Frau.
»Sie sind beschäftigt …«, sagt er erstaunt zu mir.
Ich schwenke gerade eine Pfanne mit Steinpilzen. »Das ist ein Wirtshaus und kein Leichenschauhaus.« Billy hat mich angesteckt. Woher sie ihre Kraft nimmt?
Er stellt mir die Frau vor, sie ist neu in seinem Team und sei »psychologisch geschult, ich dachte mir, das ist in dieser – schwierigen Situation gut, außerdem ist sie eine Frau …«.
Ich grinse Zuckerbrot an, werfe eine Palatschinke, um sie in der Luft zu wenden, und sage: »… und von Frau zu Frau redet es sich besser …«
Er reagiert etwas beleidigt. »Ich wollte helfen, aber Sie sind ja offenbar hart im Nehmen.«
Ich denke daran, wie Billy dagesessen ist. »Frau Winter ist gut im Überleben. Und sie will ihn nicht gewinnen lassen.«
»Wen? Ihn? Es könnte auch eine Frau sein …«
»Wenn wir bloß eine Ahnung hätten!«
Ich gebe ihm die Nummer von Manninger, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern befragt er der Reihe nach alle aus unserer Crew. Nichts Neues.
Ich versuche aus Zuckerbrot herauszubekommen, ob Baumanns Frau einen Verdacht hat. Er sieht mich spöttisch an: »Sie haben doch genug Exklusivmaterial.«
Dann muss ich eben selbst versuchen, an sie heranzukommen.
Zuckerbrot scheint meine Gedanken gelesen zu haben. »Frau Baumann steht unter Schock. Sie ist, auch zum Schutz vor solchen wie Ihnen, in ein Sanatorium gebracht worden.«
Ich knalle eine Pfanne auf die Abstellfläche und fauche: »Ich hab nie jemandem aufgelauert. So was überlasse ich diesem Gesindel da draußen!«
»Na ja, hinter irgendwelchen Promis werden Sie schon her gewesen sein.«
»Glauben Sie wirklich, dass ich so heiß auf Sensationsstorys bin?«
Er sieht mich an. »Ich weiß nicht«, sagt er dann langsam, »ausdauernd sind Sie jedenfalls. Und neugierig.«
Wenn er wüsste, wie müde ich bin. Aber ich nicke und lächle. »Das bin ich. Darauf können Sie wetten.«
Ich überlasse es dem Rest der Küchenmannschaft, zusammenzuräumen, und verziehe mich
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