Ausgeliebt
Knopf und legte das Telefon vorsichtig auf den Schreibtisch.
|10| Dann ging ich langsam ins Wohnzimmer.
»Na endlich. Das hätte ja auch bis nach dem Happyend warten können.«
Ines legte ihr Buch weg, griff zur Fernbedienung, dann sah sie mich an.
»Um Gottes willen, Christine, was ist denn passiert?«
Ich starrte auf den verzweifelt verliebten Hugh Grant, dann in Ines’ besorgtes Gesicht.
»Bernd will sich von mir trennen. Das Leben sei zu kurz.«
Und dann kamen die Tränen. Und dieser brutale Schmerz.
|11|
Der Plan
Drei Stunden später hatte ich mich so weit beruhigt, dass ich wieder zusammenhängende Sätze sagen konnte.
Ines war gelernte Kinderkrankenschwester, sie konnte mit hysterischen Kleinkindern umgehen, das funktionierte anscheinend
auch bei älteren Schwestern. Um sicherzugehen, verabreichte sie mir zusätzlich Tee mit Rum.
Ich hatte ihr von den letzten Jahren meiner Ehe erzählt.
Bernds Gleichgültigkeit, seine zunehmende Unzuverlässigkeit, meine Unzufriedenheit, sein Abblocken aller Gespräche, sein ewiges
Stöhnen über den Stress in seinem Job, alles war festgefahren.
Es gab keine Streitereien, wir hatten bei all dem einen netten Umgang miteinander, ich durfte mich nur nicht über etwas beschweren.
Ich redete und heulte und redete.
Und schließlich die verletzende Tatsache, dass Bernd nur noch mit mir schlief, wenn er angetrunken war.
Ines hörte sich das alles konzentriert an, reichte mir Taschentücher, angezündete Zigaretten, schenkte Tee und Rum nach und
ließ mich reden.
Völlig erschöpft und etwas angetrunken musste ich eine Pause machen.
»Für mich hört sich das alles nach einer anderen Frau an.«
Ich zuckte zusammen, schüttelte aber den Kopf.
Bernd war mittlerweile so bequem und leidenschaftslos, dass ich ihm eine solche Anstrengung nicht zutraute.
»Das hätte ich gemerkt.«
|12| »Wenn du das hättest merken wollen. Ich kann mir aber überhaupt nicht vorstellen, dass dein lethargischer und unorganisierter
Gatte, der zudem zum großen Teil noch von deinem Geld lebt, es vorzieht, lieber ohne dich als mit dir zu leben. Außerdem konnte
er doch sowieso immer machen, was er wollte. Rücksicht hat er doch noch nie genommen. Du hast doch nie was gesagt, was hätte
der denn für Vorteile? Mir fallen keine ein. Ganz im Gegenteil.«
Ich hatte das Gefühl, ihn verteidigen zu müssen. Mir fiel nichts ein.
Ines nahm die Hand von meiner Schulter und setzte sich gerade hin.
Sie gehört zu den Menschen, die zutiefst davon überzeugt sind, dass alle Krisen und Probleme am einfachsten mit Hilfe von
Listen und Tabellen zu lösen sind.
Gedanken, Vorsätze und Ideen schriftlich fixieren und nacheinander abarbeiten.
»Jetzt versuch mal klar zu denken. Was passiert bei diesem Gespräch morgen Abend?«
Sie hatte bereits einen Kugelschreiber in der Hand.
»Willst du um deine Ehe kämpfen?«
Mittlerweile lag auch der Block auf dem Tisch.
»Was soll ich denn machen, wenn mir jemand sagt, dass er nicht mehr mit mir leben will? Ihn versuchen zu überzeugen, dass
ich doch gar nicht so übel bin? Nach zehn Jahren?«
Ines strich das Wort »Weiter« auf dem Block durch.
»Gut. Also neu.«
Sie unterstrich das schon geschriebene Wort. Dann begann sie mit der Nummerierung.
»Wo willst du hin?«
»Ich ziehe nach Hamburg.«
»Bist du sicher?«
Ines schrieb »Umzug Hamburg« neben Punkt eins.
»Ich kann nicht allein in diesem Haus in diesem Kaff leben. Das ging mit Bernd und ihm zuliebe, was soll ich denn da alleine, |13| seit wir dieses Teil gekauft haben, ging sowieso alles in die Grütze.«
Mir liefen schon wieder die Tränen.
»Dann suchen wir dir hier eine Wohnung. So eine richtig schicke. Du kennst die Stadt, hast hier Kollegen und Freunde und kommst
endlich aus der Provinz raus.«
Unter Punkt zwei erschienen Namen: Dorothea, Georg, Leonie, Jörg, Nina, Franziska.
Ich putzte mir die Nase und beruhigte mich. Auch die Namen taten es. Es wäre schön, spontan was mit ihnen unternehmen zu können,
nicht mehr alles mitsamt Übernachtungen planen zu müssen. Zu uns aufs Land war selten jemand von ihnen gekommen, Bernd war
auch nicht gerade ein Meister im Verbergen seiner Unlust, wenn Gäste kamen, die nicht unmittelbar etwas mit ihm zu tun hatten.
Leonie war einmal da gewesen, sie hatte mit ihrem Mann einen Strandspaziergang gemacht und anschließend bei uns vor der Tür
gestanden. Bernd hatte den beiden unentwegt auf die sandigen Schuhe gestarrt und
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