Ausgeliebt
dachte an Marleen und an das erste Wochenende, an dem sie mich in meinem Elend besucht hatte. Wir hatten Wäsche gekauft
und anschließend auf dieser Barkasse Prosecco getrunken. Das war einer der ersten guten Tage gewesen. Und dann waren jede
Menge neue gute Tage gekommen.
Ich lächelte Dorothea an, die hinter mir ging. »Das war doch eine gute Idee. Vielleicht sollte man Scheidungen wirklich feiern.«
»Scheidungen nicht gerade, aber ein neues Leben.«
Ich zog die Eingangstür auf und steuerte auf den ersten Tisch zu. Dorothea ging weiter durch, ich wunderte mich, folgte ihr
aber.
Und dann stand ich vor einem langen Tisch, auf dem Champagnerkühler und Blumen standen.
Sie waren alle da und hoben ihre Gläser. Luise, Leonie, Michael, Nina, Franziska, Ines, Georg, sogar Marleen.
Ich war sprachlos, starrte sie alle an, konnte gar nichts sagen.
Dorothea drückte mir ein Glas in die Hand und sagte zu den anderen: »Ihr braucht euch keine Gedanken zu machen, sie ist nicht
stumm vor Trauer, sie hat nur Angst, dass sie alles bezahlen muss.«
|219| Mehrere Stimmen riefen ein tadelndes »Dorothea!«.
Ich fing an zu lachen und umarmte Ines, die aufgestanden war und vor mir stand.
»Toll, dass ihr da seid. Und ich hatte schon gedacht, dass sich niemand für meine Scheidung interessiert.«
Ines trat einen Schritt zurück und sah mich an. »Wie war es denn?«
Ich überlegte meine Antwort. »Kurz, fremd und schmerzlos. Ich bin einfach froh, dass das Kapitel beendet ist.«
Ines überreichte mir ein schmales Paket. »Das ist für dich, damit du es auch schriftlich hast.«
Ich wickelte das Geschenkpapier aus. Neun Augenpaare folgten mir.
Ein Türschild. Auf silberner Fläche stand in schwarzer, geschwungener Schrift mein Mädchenname.
Mein Hals schnürte sich zu, es war keine Trauer, es war eine Mischung aus Stolz, Dankbarkeit und sehr viel Zuversicht.
Marleen stand auf, hob ihr Glas, sah erst in die Runde und dann auf mich.
»Also dann, willkommen zurück und darauf, dass das Leben nicht mehr ruhig und geordnet ist. Ich bin überzeugt, du kriegst
das alles hin.«
Dorothea ließ den nächsten Korken knallen.
Ich blickte in die Gesichter, auf die Lichter, die die Alster umsäumten, auf das Türschild, dann auf meinen Ring.
Ich fühlte mich angekommen und ich fühlte mich sehr stark.
Edith und Charlotte waren sich vorübergehend einig.
Und ich trank Champagner.
Informationen zum Buch
Wenn man mit fast vierzig und nach zehn Jahren Ehe von seinem Mann plötzlich per Telefon verlassen wird, während man eigentlich
gerade Hugh Grant im Fernsehen gemütlich dabei zuschauen wollte, wie er der Liebe seines Lebens hinterherhechtet, dann ist
das ein Schock. Genau den erleidet dann auch die Verlagsvertreterin Christine eines schönen Abends. Gott sei Dank sind Schwester
und Freundinnen sogleich zur Stelle und verordnen als Erstes den Umzug aus dem gemeinsamen Haus nach Hamburg. Doch das allein
reicht nicht aus, um das Leben wieder in den Griff zu kriegen. Es bleiben die vielen Fragen nach dem Warum, die Gewöhnung
ans plötzliche Alleinsein und das mehr als angeknackste Selbstbewusstsein. Aber wie sagt Freundin Marleen »Schätzchen, in
einem halben Jahr lachst du darüber.« Ob es wirklich so ist, erzählt Dora Heldt in diesem Mut machenden, humorvollen Roman
über einen Neuanfang, bei dem letztlich viel mehr herauskommt als nur die Bewältigung einer unfreiwilligen Lebenskrise.
»Das Buch liest sich so, als würde die beste Freundin einem beim Wein ihr Leben erzählen. Spitze!« (life! Magazin)
Informationen zur Autorin
Dora Heldt
, geboren 1961 auf Sylt und gelernte Buchhändlerin, ist seit 1992 als Verlagsvertreterin unterwegs und lebt in Hamburg. Nach
ihren ersten Erfolgen mit ›Ausgeliebt‹ ( dtv 21006) und ›Unzertrennlich‹ ( dtv 21133) hat sie mit ›Urlaub mit Papa‹ ( dtv 21143) sämtliche Bestsellerlisten erobert. Im Mai 2009 ist ihr neuester, herrlich komischer Roman ›Tante Inge haut ab‹ ( dtv 24723) erschienen.
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