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Ausgeliebt

Titel: Ausgeliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Begeisterung für meine Wohnung die dunklen
     Wolken, in denen mein Kopf steckte.
    Georg ging mit mir frühstücken. Er brachte mir Spielpläne der Hamburger Bühnen und Konzertplaner mit, in die er alle Termine,
     an denen er Zeit hatte, einkringelte.
    Weil ich immer noch traurig aussah, versuchte er es mit Karten für den HSV.
    Ich hörte mir alle Pläne an, schrieb mir Georgs Termine in |29| meinen Kalender, ließ mir von Ines die Logistik der Baumärkte erklären, lachte über Dorotheas Witze und dachte beständig an
     den 16.   April. Bis dahin musste ich durchhalten. Dann war diese elende Zwischenzeit mit ihrer Heimatlosigkeit und ihren Ängsten vorbei.
    Heute war der 16.   April.
    Und ich saß nun in der fast fertigen Wohnung und wartete auf das Gefühl, dass jetzt alles besser würde.
    »Da kannst du lange warten. Das kommt nicht von selbst.«
    Ich hörte meine garstige Stimme im Kopf.
    Meine Schwester schrieb in Krisen ihre Listen, in meinem Kopf begann ein Dialog zwischen zwei Frauenstimmen. Eine war auf
     Krawall aus, die andere beruhigte. Die beiden mischten sich seit Jahren immer dann ein, wenn ich ratlos war und zur Ruhe kam.
    Unsere Mutter hatte sich angestrengt, ihre drei Kinder nicht zu verzärteln. Das führte bei ihrer Erziehung zu einer gewissen
     Ruppigkeit. Andererseits war sie immer sehr optimistisch und manchmal sehr sanft.
    Sie hat einen Doppelnamen, was mich als Kind sehr beeindruckt hat. Edith-Charlotte.
    Als ich die Stimmen zum ersten Mal hörte, nannte ich die garstige Edith, die sanfte Charlotte.
    Ich zog einen Stuhl heran, legte meine Beine hoch und zündete mir eine Zigarette an.
    Die Stimmen fanden das erste Mal seit Wochen wieder Platz in meinem Kopf.
     
    »So schön hast du noch nie gewohnt. Tolle Wohnung, schicke Möbel, mitten in der Stadt. Das Leben wird jetzt aufregend«,
sagte Charlotte.
    »Aufregend! Na toll. Du bist fast vierzig und fängst wieder von vorne an«,
antwortete Edith.
    Ich nahm mein Glas und setzte mich auf das neue Sofa. Ligne Roset. Wunderschön.
    |30|
»Allein das Sofa. Das wolltest du schon seit Jahren haben. Bernd war dagegen, bestand auf Leder, weil man sonst die Katzenhaare
     sieht.«
    Meine Katzen. Ich fühlte einen Stich der Sehnsucht. Ich hatte sie seit meiner Abfahrt nicht mehr gesehen.
     
    Meine Abfahrt.
    Meine Gedanken spulten zurück zu dem Tag vor zwei Wochen. Karolas Geburtstag.
    Ich fuhr wie erstarrt nach Hause. Während der Fahrt überschlugen sich meine Gedanken und Bilder im Kopf. Antje, die nichts
     von meiner Wohnung wissen konnte, Bernds schlechte Laune, als ich zum Geburtstag fuhr, Antje, die sich seit Wochen nicht bei
     mir gemeldet hatte, obwohl sie wusste, wie es mir ging, Bernds Satz: »Das hat nur was mit mir zu tun«, Ines’ Vermutung: »Für
     mich hört sich das alles nach einer anderen Frau an.«
     
    Es war, als hätte ich einen Dominostein umgeworfen. Mir fielen immer mehr Situationen ein, die ich merkwürdig gefunden, aber
     nie gedeutet hatte.
    Bernd, der sich seit Jahren meine Handynummer nicht merken konnte, aber Antje vom Auto aus angerufen hatte, als wir uns verspäteten.
    Antje, mit der ich während unserer regelmäßigen Saunabesuche über meine Eheprobleme sprach und die jedes Mal zur Trennung
     drängte.
    Ich konnte die Gedanken nicht stoppen.
    Ich fuhr automatisch und nahm die Umgebung erst wieder wahr, als ich auf die Auffahrt zum Haus fuhr. Als der Motor ausgestellt
     war, blieb ich sitzen. Bernds Auto stand auf seinem Platz, er war also da. Antje hatte ihn sicherlich sofort angerufen, er
     hatte Zeit gehabt, sich neue Geschichten für mich auszudenken.
    Ich startete das Auto wieder, legte den Rückwärtsgang ein, drehte um und fuhr zu Marleen.
    |31| Als ich vor ihrem Haus parkte, sah sie mich durchs Fenster und stand schon in der Haustür, bevor ich den Garten durchquert
     hatte. Sie rief mir entgegen:»Du kommst genau richtig. Kaffee ist gerade fertig.«
    Sie sah in mein Gesicht.
    »Was ist passiert?«
    »Ich komme von Karolas Geburtstag.«
    »Oh. Und? Wie war es?«
    »Was weißt du?«
    »Komm erst mal rein.«
    Später saßen wir in der Küche, Marleen redete, ich hörte zu. Mir wurde immer kälter. Marleen hatte Bernd und Antje eine Woche
     nach der Trennung in einer Kneipe gesehen. Sie hatten nur Augen für sich und sie nicht bemerkt.
    Marleen fand das eigenartig, fuhr zu ihrem Exmann und bohrte bei ihm nach. Adrian wand sich zunächst, wollte sich nicht äußern,
     außerdem sei Bernd sein bester Freund.

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