Ausgeliefert: Roman (German Edition)
muss das Geiselbefreiungsteam jetzt sofort an Ort und Stelle bringen.«
»Nein«, sagte Dexter.
»Nein?« wiederholte Webster ungläubig.
Dexter schüttelte den Kopf.
»Erlaubnis verweigert«, sagte er. »Für den Augenblick.«
Webster starrte ihn bloß an.
»Ich brauche einen Plan«, sagte er.
In dem Raum blieb es still. Dann fing Dexter zu reden an. Er sprach zu einem Punkt an der in gebrochenem Weiß getünchten Wand, etwa einen Meter links von Websters Stuhl.
»Sie behalten persönlich die Befehlsgewalt im Hinblick auf diese Situation«, sagte er. »Das Feiertagswochenende beginnt morgen. Sprechen Sie mich am Montag an. Wenn es dann noch ein Problem gibt.«
»Es gibt jetzt ein Problem«, sagte Webster. »Und ich spreche jetzt mit Ihnen.«
Dexter schüttelte wieder den Kopf.
»Nein, das tun Sie nicht«, sagte er. »Wir sind heute nicht zusammengekommen, und ich habe heute nicht mit dem Präsidenten gesprochen. Wir wussten heute nichts davon. Sagen Sie uns das alles am Montag, Harland, wenn es dann noch ein Problem gibt.«
Webster saß da und wusste nicht, was er denken sollte. Nicht dass es ihm an Intelligenz gefehlt hätte, aber in diesem Augenblick konnte er sich keinen Reim darauf machen, ob man ihm gerade die Chance seines Lebens oder eine Selbstmordpille geboten hatte.
Johnson und sein Adjutant trafen eine Stunde später in Butte ein. Sie kamen auf demselben Weg, per Air-Force-Hubschrauber von Peterson zum Silver Bow County Airport. Milosevic nahm ihren Anruf aus der Luft entgegen, als sie sich im Anflug befanden, und fuhr ihnen mit einem zwei Jahre alten Grand Cherokee entgegen, den ihnen der örtliche Händler zur Verfügung gestellt hatte. Auf der kurzen Fahrt zurück in die Stadt wurde kein Wort gesprochen. Milosevic fuhr bloß, und die beiden Militärs beugten sich über Landkarten aus einem großen Lederfutteral, das der Adjutant bei sich hatte. Sie reichten sie hin und her und nickten immer wieder, als ob es keines weiteren Kommentars bedürfe.
Der Raum im Obergeschoss des Verwaltungsgebäudes war plötzlich überfüllt. Fünf Männer und zwei Stühle. Das einzige Fenster im Raum blickte nach Südosten über die Straße. Die falsche Richtung. Die fünf Männer sahen instinktiv auf die leere Wand gegenüber dem Fenster. Dahinter, zweihundertvierzig Meilen entfernt, war Holly.
»Wir müssen unseren Stützpunkt nach dort oben verlegen«, sagte General Johnson.
Sein Adjutant nickte.
»Hier bleiben hat keinen Sinn«, meinte er.
McGrath hatte eine Entscheidung getroffen. Er hatte sich fest vorgenommen, keine Zuständigkeitsauseinandersetzungen zu führen. Seine Agentin war Johnsons Tochter. Er konnte dem alten Knaben nachfühlen, wie ihm zumute war, und
würde keine Zeit und Energie darauf vergeuden, jetzt zu beweisen, wer das Sagen hatte. Und er war auf die Hilfe dieses alten Knaben angewiesen.
»Wir müssen unsere Ressourcen miteinander teilen«, sagte er. »Wenigstens für den Augenblick.«
Der General reagierte nicht gleich, nickte dann aber langsam. Er war mit den Gepflogenheiten in Washington hinreichend vertraut, um diese sechs Worte einigermaßen richtig deuten zu können.
»Mir stehen nicht sehr viele Ressourcen zur Verfügung«, sagte er dann. »Wir haben einen Feiertag. Zurzeit sind ziemlich genau fünfundsiebzig Prozent der bewaffneten Streitkräfte der USA im Urlaub.«
Stille. Jetzt war McGrath dran, die Antwort zu deuten und seinerseits zu nicken.
»Keine Vollmacht, den Urlaub zu streichen?«, fragte er.
Der General schüttelte den Kopf.
»Ich habe gerade mit Dexter gesprochen«, erwiderte er. »Und Dexter hat gerade mit dem Präsidenten gesprochen. Die ganze Angelegenheit liegt bis Montag auf Eis.«
Jetzt herrschte Stille in dem überfüllten Zimmer. Die Tochter dieses Mannes steckte in der Patsche, und der Mann, der im Weißen Haus die Fäden zog, spielte politische Spielchen.
»Webster ist es genauso ergangen«, sagte McGrath. »Er darf noch nicht einmal das Geiselbefreiungsteam hierherbringen. Für den Augenblick sind wir ganz auf uns gestellt, wir drei.«
Der General nickte McGrath zu. Das war eine sehr persönliche Geste von Mensch zu Mensch, und sie besagte: Wir sind offen zueinander gewesen, und wir wissen beide, dass der Befehl von oben eine ziemliche Demütigung für uns bedeutet.
»Aber es kann nicht schaden, vorbereitet zu sein«, sagte der General. »Wie der oft zitierte Mann auf der Straße weiß, fühlt man sich beim Militär mit Geheimmanövern
Weitere Kostenlose Bücher