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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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geschmeidig, wie sie sich unter ihm bewegt hatte.
    »Es wird Nacht«, sagte sie.
    »Aber noch nicht gleich«, meinte er.
    »Wir müssen«, sagte sie. »Die schicken die Hunde hinter uns her.«
    Er sagte wieder nichts. Saß bloß da, den Blick starr in die Ferne gerichtet.
    »Wir können nirgendwo anders hin«, sagte sie.
    Er nickte langsam und stand auf. Streckte sich und hielt den Atem an, als seine müden Muskeln sich verkrampften. War Holly beim Aufstehen behilflich und nahm dann seine Jacke vom Baum und schlüpfte hinein. Ließ die Brechstange neben der Schaufel auf der Erde liegen.
    »Wir verschwinden heute Nacht«, sagte er. »Morgen geht es los. Unabhängigkeitstag.«
    »Sicher, aber wie?«, fragte sie.
    »Das weiß ich noch nicht«, erklärte er.
    »Du darfst meinetwegen keine Risiken eingehen«, sagte sie.
    »Du wärst es wert«, sagte er.
    »Nur wegen mir?«, fragte sie.
    Er nickte.
    »Weil du bist, wer du bist«, sagte er. »Nicht wegen deines Vaters. Oder deines verdammten Patenonkels. Und um das klarzustellen – nein, ich habe ihn nicht gewählt.«
    Sie reckte sich hoch und küsste ihn auf den Mund.
    »Pass auf dich auf, Reacher«, sagte sie.
    »Halte dich einfach bereit«, sagte er. »Vielleicht um Mitternacht.«
    Sie nickte. Dann gingen sie zusammen die hundert Meter nach Süden zu der Felsklippe. Bogen dort nach links und gingen bis zu der Lichtung. Als sie aus dem Wald kamen, erwarteten sie dort fünf Wachen, die im Halbkreis dastanden. Vier Gewehre. In der Mitte von ihnen stand Joseph Ray. Er war der Anführer der Gruppe und hielt eine Glock 17 in der Hand.
    »Sie geht in ihr Zimmer zurück«, sagte Ray. »Und Sie in die Strafhütte.«
    Die Wachen formierten sich. Zwei von ihnen nahmen Holly in die Mitte. Ihre Augen blitzten, und vielleicht war das der Grund, dass sie nicht versuchten, sie an den Ellbogen festzuhalten. Sie gingen bloß langsam neben ihr her. Sie drehte sich um und warf Reacher einen Blick zu.
    »Bis später, Holly«, rief Reacher.
    »Darauf würde ich mich an Ihrer Stelle nicht verlassen, Miss Johnson«, sagte Joseph Ray und lachte.
    Er geleitete Reacher zu der Tür der Arresthütte. Holte einen Schlüssel heraus und sperrte die Tür auf. Öffnete sie. Stieß Reacher hinein, die Waffe schussbereit in der Hand. Dann zog er die Tür zu und sperrte sie ab.
    Die Arresthütte hatte dieselbe Form und Größe wie Borkens Kommandohütte. Aber sie war völlig leer. Kahle Wände, keine Fenster, Glühbirnen hinter dichten Drahtgittern. Auf dem Boden, im hinteren Teil des Raums, war mit gelber Farbe ein vielleicht dreißig mal dreißig Zentimeter großes Quadrat aufgemalt. Ansonsten war in der Hütte nichts zu sehen.
    »Sie stellen sich auf dieses Quadrat«, sagte Ray.
    Reacher nickte, er war mit der Prozedur vertraut. Stunde um Stunde gezwungen zu sein, in Habachthaltung zu stehen und sich nicht bewegen zu dürfen, war eine sehr wirksame Bestrafung. Er hatte schon davon gehört. Einmal hatte er die Folgen dieser Behandlung gesehen. Nach den ersten paar Stunden setzt der Schmerz ein. Er fängt im Rücken an, und dann breitet er sich allmählich von den Waden nach oben aus. Am zweiten oder dritten Tag schwellen die Knöchel an und platzen, und dann stechen die Schenkelknochen nach oben und der Hals bricht in sich zusammen.
    »Also dann, stellen Sie sich darauf«, sagte Ray.
    Reacher trat in die Ecke der Hütte und beugte sich über den Boden. Wischte demonstrativ mit der Hand den Staub weg. Drehte sich um und ließ sich dann vorsichtig auf den Boden sinken, bis er, bequem an die Wand gelehnt, dasaß. Dann streckte er die Beine aus und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Schlug die Beine übereinander und lächelte.
    »Sie müssen auf diesem Quadrat stehen«, sagte Ray.
    Reacher sah ihn an. Glauben Sie mir, ich kenne Panzer, hatte er gesagt. Er war also Soldat gewesen. In einer Panzereinheit. Vielleicht Ladeschütze, vielleicht auch Fahrer.
    »Stehen Sie auf!«
    Wenn man einem Soldaten einen Auftrag erteilt, was fürchtet er dann am meisten? Von einem Offizier zur Rechenschaft gezogen zu werden, weil er den Auftrag nicht erfüllt hatte.
    »Aufstehen, verdammt«, sagte Ray.
    Er schafft es also, entweder seine Aufgabe zu erfüllen, oder wenn nicht, dann sorgt er dafür, dass man es nicht bemerkt. Kein Soldat in der ganzen Weltgeschichte ist jemals einfach zu seinem Offizier gegangen und hat gesagt: Ich habe es nicht geschafft, Sir.
    »Ich habe gesagt, Sie sollen aufstehen, Reacher«, sagte

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