Ausgeliefert: Roman (German Edition)
ich. Ich hab die Preisliste in dem Laden gesehen. Spezialreinigung und sanfte Chemie und all das.«
Das nächste Bild zeigte Holly, wie sie auf die Tür auf der linken Bildseite zuging. Der Kopf der Koreanerin war zu sehen, die den Laden nach hinten verließ. Die Zeit war mit Punkt zwölf Uhr fünfzehn angezeigt. McGrath zog seinen Sessel näher heran und starrte aus nicht einmal dreißig Zentimeter Entfernung auf den Bildschirm.
»Okay«, sagte er. »Und wo bist du jetzt hingegangen, Holly?«
Sie hielt die neun gereinigten Kleidungsstücke in der linken Hand und hob sie ein wenig linkisch in die Höhe, damit sie nicht auf dem Boden nachschleiften. Ihr rechter Ellbogen war in die gebogene Armstütze ihrer Gehhilfe gepresst, aber ihre Hand hielt sich nicht am Handgriff fest. Auf dem nächsten Bild konnte man sie sehen, wie sie die Hand ausstreckte, um die Tür aufzuschieben. McGrath drückte erneut den Knopf.
»Herrgott!«, schrie er.
Milosevic stöhnte laut auf, und Brogan wirkte wie vom Blitz gerührt. Das, was sie da sahen, ließ nicht den leisesten Zweifel aufkommen. Das nächste Bild zeigte einen unbekannten Mann, der Holly Johnson angriff. Er war groß und kräftig gebaut, packte mit der einen Hand ihre Gehhilfe und mit der
anderen ihre gereinigten Kleidungsstücke. Auch daran gab es keinen Zweifel. Seine beiden Arme waren ausgestreckt, und er nahm ihr die Gehhilfe und die Kleider weg. Die Kamera hatte ihn durch die Glastür perfekt erfasst. Die drei Agenten starrten ihn an. In dem Konferenzraum herrschte völlige Stille. Dann drückte McGrath erneut den Knopf. Die Zeitangabe sprang zehn Sekunden weiter. Wieder ein Aufstöhnen, als alle drei gleichzeitig den Atem anhielten.
Holly Johnson war plötzlich von drei Männern umgeben. Zu dem einen großen, der sie angegriffen hatte, waren jetzt zwei weitere gekommen. Der Große hatte sich Hollys Kleider über die Schulter geworfen und Holly am Arm gepackt. Er starrte in das Ladenfenster, als wüsste er genau, dass dort drinnen eine Kamera war. Die beiden anderen Männer sahen Holly an.
»Die bedrohen sie mit der Waffe!«, schrie McGrath. »Verdammte Scheiße, seht euch das an.«
Er drückte wieder den Knopf, bis der Streifen Schnee sich im unteren Teil des Bildes aufgelöst hatte und das ganze Bild perfekt scharf zu erkennen war. Die zwei neu hinzugekommenen Männer hielten die Arme abgewinkelt, und man konnte die Spannung, die über der Szene lag, förmlich greifen.
»Der Wagen«, sagte Milosevic. »Die werden sie in den Wagen stoßen.«
Hinter Holly und den drei Männern war der Wagen zu sehen, der vierzehn Bilder früher vor der Tür geparkt hatte. Er stand am Bürgersteig. McGrath drückte erneut den Knopf. Der Streifen aus weißem Schnee wanderte nach unten. Die kleine Ansammlung von Menschen auf dem Bildschirm sprang seitlich drei Meter weiter. Der Große, der Holly angegriffen hatte, stieg als erster in den Wagen. Holly wurde von einem der neu hinzugekommenen Männer hinter ihm hergeschoben. Der andere öffnete die vordere Beifahrertür. Im Wagen konnte man durch das Glas der Seitenscheibe deutlich einen Mann am Steuer sitzen sehen.
McGrath drückte erneut den Knopf. Der Streifen aus Schnee wanderte nach unten. Die Straße war leer. Der Wagen war verschwunden. Als ob er nie da gewesen wäre.
13
»Wir müssen miteinander reden«, sagte Holly.
»Dann reden Sie«, erwiderte Reacher.
Sie lagen im Halbdunkel im Laderaum des Lieferwagens auf den Matratzen ausgestreckt und wurden hin und her geworfen, aber nicht sehr. Es war ziemlich klar, dass sie auf einem Highway fuhren. Nach fünfzehn Minuten einer langen, geraden Straße hatte sich ihr Tempo verringert, dann ein kurzes Anhalten und Abbiegen nach links, gefolgt von gleichmäßiger Beschleunigung auf einer Zufahrt. Gleich darauf ein leichtes Schwanken, als der Lieferwagen sich links einordnete. Dann ein ständiges dröhnendes Dahinrollen mit vielleicht sechzig Meilen in der Stunde. So ging das jetzt schon seit einer ganzen Weile.
Die Temperatur in dem dunklen Raum war langsam angestiegen. Jetzt war es ziemlich warm. Reacher hatte sein Hemd ausgezogen. Immerhin hatte der Lieferwagen seine Reise kühl begonnen, schließlich war er die Nacht über in dem Kuhstall gestanden, und Reacher hatte das Gefühl, dass es, solange sie in Bewegung waren, erträglich sein würde. Das Problem würde sich erst dann einstellen, wenn sie längere Zeit anhielten. Dann könnte es sein, dass der Lieferwagen sich erhitzte
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