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Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Ausgeliefert: Roman (German Edition)

Titel: Ausgeliefert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Sie? Oder ist es beides?«
    »Was denn?«, fragte er zurück. Argwöhnisch.
    »Sie glauben, Sie müssen sich um mich kümmern«, sagte sie. »Sie machen sich Sorgen um mich, weil ich jung bin und eine Frau, stimmt’s? Sie denken, ich brauche Hilfe von einem älteren Mann.«
    Reacher regte sich. Eigentlich wollte er sich gar nicht bewegen. Die Lage, in der er sich befand, war alles andere als bequem, und dennoch fühlte er sich, so wie es jetzt war, ganz wohl. Insbesondere wenn er Hollys Haar an seiner Schulter spürte. So war sein Leben eben. Was auch immer geschah, alles brachte stets etwas Gutes mit sich.
    »Nun?«, fragte sie.
    »Das hat nichts mit Mann oder Frau zu tun, Holly«, sagte er. »Oder mit Alter. Aber Sie brauchen doch Hilfe, oder nicht?«
    »Außerdem bin ich eine jüngere Frau, und Sie sind ein älterer Mann«, sagte sie. »Und deshalb liegt es auf der Hand, dass Sie derjenige sind, der dafür qualifiziert ist, diese Hilfe zu leisten. Es könnte keineswegs andersherum sein, oder?«
    Reacher schüttelte den Kopf und legte sich wieder zurück.
    »Das hat nichts mit Mann oder Frau zu tun«, wiederholte er. »Oder mit Alter. Ich bin qualifiziert, weil ich qualifiziert bin, einfach so. Ich versuche lediglich, Ihnen zu helfen.«
    »Sie gehen unsinnige Risiken ein«, sagte sie. »Wenn Sie die Kerle rumschubsen und ärgern, ist das ganz bestimmt der falsche Weg. Da werden wir mit Sicherheit umgebracht.«
    »Blödsinn«, sagte Reacher. »Die müssen uns einfach als Menschen zur Kenntnis nehmen und nicht als Ladung.«
    »Wer sagt das?«, fuhr Holly ihn an. »Seit wann sind Sie plötzlich der große Fachmann?«
    Er zuckte die Schultern.
    »Ich will Sie mal was fragen«, erwiderte er. »Wenn die Dinge andersherum liegen würden, hätten Sie mich da in dem Kuhstall allein gelassen?«
    Sie dachte nach.
    »Natürlich hätte ich das.«
    Er lächelte. Wahrscheinlich sagte sie die Wahrheit. Das gefiel ihm an ihr.
    »Okay«, sagte er. »Wenn Sie das nächstemal sagen, dass ich verschwinden soll, gehe ich. Ohne Widerspruch.«
    Sie blieb eine Weile stumm.
    »Gut«, meinte sie dann. »Wenn Sie mir wirklich helfen wollen, dann tun Sie bitte genau das.«
    Er hob wieder die Schultern. Schob sich einen Zentimeter näher an sie heran.
    »Riskant für Sie«, sagte er. »Wenn ich abhaue, könnte man vielleicht auf die Idee kommen, Sie kaltzumachen und zu verschwinden.«
    »Das Risiko gehe ich ein«, sagte sie. »Dafür werde ich bezahlt.«
    »Und wer sind diese Leute?«, fragte er sie. »Und was wollen sie?«
    »Keine Ahnung.«
    Das kam viel zu schnell. Und er wusste, dass sie das wusste.
    »Die Gangster haben es auf Sie abgesehen, stimmt’s?«, sagte er. »Entweder weil die an Ihnen persönlich interessiert sind oder weil sie irgendeinen Agenten vom FBI haben wollen und Sie gerade am richtigen Punkt waren. Wie viele Agenten hat das FBI?«
    »Das Büro hat fünfundzwanzigtausend Mitarbeiter«, sagte sie. »Zehntausend davon sind Agenten.«
    »Okay«, sagte er. »Also wollen die ganz speziell Sie. Eine von zehntausend wäre ein zu großer Zufall. Und ein solcher ist es nicht.«
    Sie schaute weg. Er sah zu ihr hinüber.
    »Warum, Holly?« fragte er.
    Sie zuckte die Schultern und schüttelte den Kopf.
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie.
    Zu schnell. Er sah wieder zu ihr hinüber. Sie gab sich den Anschein der Sicherheit, aber irgendwas an ihrer Stimme klang unecht.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie erneut. »Ich kann mir lediglich vorstellen, dass man mich mit jemand anders verwechselt hat.«
    Reacher lachte und drehte den Kopf zu ihr hinüber. Sein Gesicht berührte jetzt ihr Haar.
    »Sie machen Witze, Holly Johnson«, sagte er. »Sie sind nicht der Typ Frau, den man mit jemand anders verwechselt. Außerdem hat man Sie drei Wochen lang beobachtet. Lang genug, um sich nichts entgehen zu lassen.«
    Sie lächelte, sah ihn aber nicht an, sondern blickte mit ironischer Miene zu dem Blechdach hinauf.
    »Einmal gesehen, nie vergessen, wie?«, sagte sie. »Das würde ich mir wünschen.«
    »Haben Sie daran etwa Zweifel? Ich habe die ganze Woche noch niemanden gesehen, der besser aussieht als Sie.«
    »Vielen Dank, Reacher«, sagte sie. »Heute ist Dienstag. Sie haben mich das erste Mal am Montag gesehen. Mächtiges Kompliment, was?«
    »Sie haben’s erfasst«, erwiderte er.
    Sie setzte sich auf, eine einzige fließende Bewegung aus der Hüfte heraus, wie eine Turnerin, nahm dann ihr Bein in beide Hände und kippte es zur Seite.

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