Ausgeliefert: Roman (German Edition)
an. Das Holz sah ein wenig besser aus, als das seine ausgesehen hatte. Dichtere Maserung. Er zerrte an dem Ring und wusste, dass es hoffnungslos war. Sie nickte widerstrebend.
»Wir warten«, sagte sie. »Wir warten auf eine bessere Chance.«
Er eilte zu den mittleren Boxen zurück und überprüfte die Wände, ganz unten, wo es am feuchtesten war und die Wand aus den längsten Brettern bestand. Er klopfte dagegen, trat danach. Wählte eine ganz bestimmte Stelle aus und drückte fest mit seinem Fuß zu. Das Brett gab ein wenig nach, ließ sich auf seinen rostigen Nägeln ein Stück nach außen drücken. Er arbeitete an dem Spalt und löste das nächste Brett und das
nächste, bis er schließlich so viel gelockert hatte, um durchkriechen zu können. Dann eilte er wieder in die Mitte der Scheune zurück und häufte das lose Ende seiner Kette auf den Bauch des toten Fahrers. Griff in seine Hosentasche und holte den Schlüssel für das Vorhängeschloss heraus. Hielt ihn mit den Zähnen fest. Beugte sich hinunter und hob die Leiche und die Kette zusammen auf. Trug sie durch die offene Tür nach draußen.
Er trug sie etwa fünfundzwanzig Meter weit. Vom Haus weg. Dann stellte er die Leiche auf die Füße und hielt sie an den Schultern fest, so als würde er mit einer betrunkenen Partnerin tanzen. Beugte sich vor und hievte sich den Toten auf die Schulter. Fing die Kette mit einer Hand auf und lief den Weg hinunter.
Mit schnellen Schritten ging er etwa zwanzig Minuten. Mehr als eine Meile weit. Auf einem Stichweg, der zu einer Straße führte. Bog nach links in die Straße ein, ins freie Gelände. Pferdeland. Links und rechts neben der Straße gab es mit Bretterzäunen umfriedete Pferdekoppeln. Endloses flaches Weideland, kühl und feucht in den letzten Nachtstunden. Hie und da ein paar Bäume, die in der Dunkelheit aufragten. Eine schmale, gerade, unebene Straße.
Er ging in der Mitte der Straße. Und dann entdeckte er einen schmalen Graben, der zwischen der Straße und einer Koppel verlief. Er drehte sich im Kreis, und der tote Fahrer drehte sich wie die Flügel einer Windmühle auf seiner Schulter mit. Nichts war zu sehen. Er war mehr als eine Meile von der Farm entfernt und hätte ebensogut mehr als hundert Meilen von der nächsten entfernt sein können. Er beugte sich nach vorn und ließ die Leiche in den Graben fallen. Sie plumpste in das lange Gras und landete mit dem Gesicht nach unten im Schlamm. Reacher drehte sich um und rannte die Meile zurück zu der Farm. Der Streifen Dämmerung beleuchtete jetzt den ganzen Himmel.
Während er in den Zufahrtsweg einbog, sah er hinter den Fenstern des Farmhauses Licht. Er rannte so schnell er konnte zur Scheune. Schob die schweren Holztore von außen zu. Hob den Querbalken in seine Halterungen und sperrte ihn mit
dem Vorhängeschloss ab. Rannte zum Weg zurück und schleuderte den Schlüssel im weiten Bogen ins Feld. Der Mittwochmorgen flammte am Horizont. Er rannte zur anderen Seite der Scheune und fand dort die weggedrückten Bretter. Stieß seine Kette vor sich ins Innere der Scheune. Presste die Schultern durch den Spalt und zwängte sich hinein. Zog die Bretter wieder so gut er konnte nach innen, bis sie glatt mit den anderen abschlossen. Dann trat er in den Mittelgang zwischen den Boxen und stand schwer atmend vornübergebeugt da.
»Erledigt«, sagte er. »Den werden sie nie finden.«
Er hob das blecherne Essgeschirr mit den kalten Suppenresten auf. Suchte in seiner Box nach den heruntergefallenen Schrauben. Sammelte so viele Holzsplitter, wie er finden konnte, auf. Schwenkte sie in der kalten Suppe und presste sie in die ausgefransten Löcher in den Brettern. Dann ging er zu Hollys Box hinüber und stellte dort das Essgeschirr auf den Boden. Behielt den Löffel. Er drückte die Schrauben durch die Löcher in der Verankerung des eisernen Rings, der an seiner Kette hing. Presste sie zwischen den klebrigen Holzsplittern fest. Benutzte den Löffelgriff dazu, sie ins Holz zu drücken. Dann führte er die Kette durch den Ring, bis sie nach unten hing und auf dem Steinboden lag. So war das ganze Gebilde möglichst geringer Belastung ausgesetzt.
Er warf Holly den Löffel hinüber. Sie fing ihn mit einer Hand auf und legte ihn in das Essgeschirr. Dann duckte er sich und lauschte durch die Bretter. Der Hund war draußen. Er konnte ihn schnüffeln hören. Dann kamen Leute. Schritte auf dem Weg. Sie hasteten zu dem Tor der Scheune. Sie versuchten den Querbalken zu bewegen,
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