Ausgeliefert: Roman (German Edition)
klapperten damit. Kehrten um. Geschrei war zu hören. Sie riefen einen Namen, riefen ihn immer wieder. Der Spalt rings um die Scheunentür wurde heller, je weiter der Morgen vorrückte. Die Bretter der Scheune ächzten, als die Sonne den Horizont überflutete und sie erwärmte.
Die Schritte rannten zur Scheune zurück. Das Vorhängeschloss klapperte, und die Kette wurde entfernt. Der Querbalken fiel auf den Boden. Das Tor öffnete sich ächzend. Loder
trat ein. Er hielt die Glock in der Hand, und man konnte die Anspannung in seinem Gesicht erkennen. Er stand jetzt in der Toröffnung. Seine Augen huschten zwischen Reacher und Holly hin und her. Jetzt kam zu der Anspannung in seinen Zügen noch Zorn. Ein kaltes Leuchten in seinen Augen. Der nervöse Typ tauchte hinter ihm auf. Stevie. Er hielt die Schrotflinte des Fahrers in der Hand. Lächelte. Zwängte sich an Loder vorbei und rannte über die Kopfstein-gepflasterte Fläche zwischen den Boxen. Dann hob er die Schrotflinte und richtete sie auf Reacher. Loder schickte sich an, ihm zu folgen. Stevie schob den Schaftgriff der Pumpgun vor und zurück – eine Patrone in den Lauf. Reacher trat ein Stück nach links, sodass er den Eisenring verdeckte.
»Was gibt’s denn für ein Problem?«, fragte er.
»Dich, du Arschloch«, sagte Loder. »Die Lage hat sich geändert. Uns fehlt ein Mann. Und damit bist du einer zu viel.«
Reacher war bereits zum Boden unterwegs, als Stevie abdrückte. Er landete flach auf dem harten Kopfsteinpflaster und schleuderte sich nach vorn, als die Schrotflinte krachte und die Box in Stücke flog. Feuchte Holzsplitter und der Gestank von Schießpulver erfüllten die Luft. Das Brett mit dem Eisenring fiel aus der zerfetzten Wand, und die Kette klirrte zu Boden. Reacher rollte sich zur Seite und blickte auf. Stevie hob die Schrotflinte und repetierte. Richtete den Lauf nach unten und zielte erneut.
»Halt!«, schrie Holly.
Stevie sah zu ihr hinüber. Es wäre unmöglich gewesen, das nicht zu tun.
»Seien Sie doch kein verdammter Narr!«, brüllte sie. »Was zum Teufel soll das? Dazu haben Sie keine Zeit!«
Loder drehte sich zu ihr herum.
»Er ist abgehauen, oder?«, sagte sie. »Ihr Fahrer? Ist es das, was passiert ist? Er ist abgehauen und weggerannt, stimmt’s? Und deshalb müssen Sie jetzt los. Sie haben für das hier keine Zeit.«
Loder starrte sie an.
»Im Augenblick sind Sie noch im Vorteil«, sagte Holly eindringlich. »Aber wenn Sie den Mann hier erschießen, dann
haben Sie in einer halben Stunde die hiesigen Bullen auf Ihrer Fährte. Sie müssen los.«
Reacher blickte keuchend zu ihr auf. Sie war großartig, zog die ganze Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Sie rettete ihm das Leben.
»Zwei von uns und zwei von Ihnen«, sagte sie eindringlich. »Damit werden Sie doch fertig, oder?«
Stille trat ein. Staub und Pulverdampf hingen in der Luft. Dann trat Loder einen Schritt zurück und richtete seine Automatik auf sie beide. Reacher beobachtete die Enttäuschung in Stevies Gesicht. Er stand langsam auf und zog die Kette aus dem Durcheinander von zerfetzten Brettern. Der Eisenring fiel aus dem Brett und klirrte zu Boden.
»Die Schlampe hat recht«, sagte Loder. »Damit kommen wir klar.«
Er nickte Stevie zu. Stevie rannte zum Tor, und Loder drehte sich um, zog den Schlüssel heraus und schloss Hollys Handschelle auf. Ließ die Handschelle auf die Matratze fallen.
»Okay, Arschloch, ganz schnell«, sagte Loder. »Ehe ich es mir anders überlege.«
Reacher schlang die Kette um seine Hand. Beugte sich vor und hob Holly auf, hielt sie unter den Knien und unter den Schultern. Sie hörten, wie der Motor des Lieferwagens ansprang. Hastig schleppte er Holly zum Lieferwagen. Legte sie drinnen auf den Boden. Kletterte hinter ihr hinein. Loder knallte die Türen zu und schloss sie in Finsternis ein.
»Jetzt, schätze ich, stehe ich in Ihrer Schuld«, sagte Reacher leise.
Holly tat das mit einer Handbewegung ab. Einer verlegenen kleinen Geste. Reacher starrte sie an. Er mochte sie. Mochte ihr Gesicht. Während er sie ansah, erinnerte er sich daran, wie weiß und angeekelt ihr Gesicht gewesen war, als der Fahrer ihr zugesetzt hatte. Sah die glatte Rundung ihrer Brüste unter seinem schmierig geifernden Blick. Dann wechselte das Bild zu Stevie, lächelnd und auf ihn schießend, er an die Wand gekettet. Und dann hörte er Loder sagen: Die Situation hat sich geändert.
Alles hatte sich geändert. Er hatte sich geändert. Er lag da und
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