Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
Vom Netzwerk:
Pygmäen. Die Erwachsenen sahen das Dorf brennen, weigerten sich aber, den Rauch zu riechen.
    Der Junge aber roch ihn. Und mehr als einmal hatte er gesehen, wie ein seltsames Leuchten in O'Brians Augen trat, wenn er sich mit einem Gegner befasste.
    Es waren die Augen eines Wahnsinnigen, der genoss, was er tat. Und sein verzerrtes, fiebriges Lächeln ließ ahnen, dass er viel über Schmerz und Tränen wusste, aber nichts über Fröhlichkeit und Lachen. Das war Martin O'Brian.
    Deshalb war er die Lösung für das Problem des Jungen.
    Als die Glocke schellte, ging der Junge zu seinem Spind. Er legte seine Schulbücher hinein und ließ sie da; er hatte seine Hausaufgaben während des Unterrichts gemacht, damit er die Hände frei hatte. Nun nahm er aus dem Spind, was er am Morgen hineingelegt hatte, und ging durchs Schultor, ohne sich umzudrehen.
    Ein Stück weiter setzte er sich auf den Bordstein und wartete. Es war ein schöner Tag. Die Sonne wärmte ihm die Schultern. Ein ungeduldiger Wind wehte, fuhr durch das Laub der nahen Bäume und streifte die Wangen des Jungen mit einem Kuss, bevor er weiterzog.
    Fast zehn Minuten vergingen, bis Martin O'Brian erschien. Er pfiff vor sich hin, lächelte gedankenverloren und ballte unbewusst die Fäuste in permanentem Zorn. Der Junge sah Martin vorbeigehen. Dann stand er auf und folgte ihm in einigem Abstand.
    Martin O'Brian blieb fünf Minuten auf der Straße, ehe er in eine Seitengasse abbog. Noch zwei Querstraßen, und O'Brian wäre zu Hause.
Jetzt oder nie.
    Der Junge rannte los, den Gegenstand aus seinem Spind fest in der Hand. Sein Herz schlug langsam und gleichmäßig. Nach zehn Schritten hatte er O'Brian eingeholt und schwenkte den Arm.
    Der Junge hatte den Besenstiel vor dem Unterricht durchgebrochen. Nun schlug er damit zu, drosch ihn gegen O'Brians linke Niere. Der Rowdy erstarrte; dann schrie er vor Schmerzen.
    O'Brian ging in die Knie und rang nach Atem. Der nächste Hieb brach ihm die Nase, der übernächste kostete ihn ein paar Zähne.
    Der Junge zerschlug O'Brian methodisch und mit erschreckender Ruhe, doch ohne Freude oder gar Genuss. Er war kein Sadist. Die Schläge waren Mittel zum Zweck, nicht mehr und nicht weniger. Sie waren nötig, um Martin O'Brian zu zerbrechen, und der Junge würde erst aufhören, wenn dieses Ziel erreicht war.
    O'Brian fiel hin und krümmte sich, schützte Gesicht und Kopf mit den Armen, versuchte, dem Angreifer möglichst wenig Körperfläche zu bieten. Der Besenstiel sauste weiter herab. Wieder und wieder und wieder. Auf Arme, Beine, Rücken, Hintern. Nicht fest genug, um Knochenbrüche oder innere Verletzungen zu hinterlassen, aber so schmerzhaft, dass O'Brian in ein hilfloses Bündel verwandelt wurde.
    Der Junge hörte auf, als O'Brian zu wimmern anfing. »Sieh mich an, Arschloch.«
    O'Brian sagte nichts, blieb zusammengekrümmt liegen, schluchzte, heulte und furzte hörbar, als er sich in die Hose machte.
    »Wenn du mich nicht anschaust und mir nicht zuhörst, schlag ich dich tot«, sagte der Junge.
    Das wirkte. Der Rowdy hob den Kopf, wobei sein ganzer Körper vor Angst und Schmerz zuckte. Seine Augen waren groß und weit aufgerissen, sein sonst so überheblicher Blick war furchtsam und unstet. Der Rotz lief ihm aus der Nase, vermischt mit Blut und Tränen. An einem Wangenknochen wuchs bereits eine Beule, die Lippen würden genäht werden müssen, und die abgebrochenen Zähne mussten raus. Sein Atem ging stoßweise, als er versuchte, seine Hysterie in den Griff zu bekommen.
    »Martin.« Die Stimme des Jungen war beinahe gelangweilt, sein Blick leer und ausdruckslos. Er atmete ganz ruhig. »Du wirst etwas für mich tun. Wenn du gehorchst, passiert dir nichts. Gehorchst du nicht, muss ich dich bestrafen. Verstehst du?«
    O'Brian starrte seinen Angreifer an, ohne zu antworten. Der Junge hob den Besenstiel.
    »Ja! Ja!«, kreischte O'Brian. »Ich hab verstanden!«
    Der Junge ließ den Besenstiel sinken. »Gut. Du wirst mir drei Dollar die Woche besorgen. Das wird dir nicht schwerfallen, denn ich hab dich beobachtet. Ich weiß, dass du klaust. Essensgeld, Taschengeld und so.«
    »J-ja ...«, wimmerte O'Brian, am ganzen Körper zitternd.
    »Du brauchst also nur das zu tun, was du sowieso tust. Der einzige Unterschied ist, dass du mir drei Dollar die Woche gibst. Kapiert?«
    O'Brian nickte. Er konnte nicht mehr sprechen, denn er klapperte zu sehr mit den blutigen Zähnen.
    »Gut. Und was ich dir jetzt sage, ist besonders wichtig, also pass

Weitere Kostenlose Bücher