Ausgeloescht
»Wir wissen nicht, was letzten Endes wichtig ist. Wir nehmen alles, was wir kriegen können, und sortieren es dann aus.«
»Ich verstehe«, sagt Burns und trinkt einen Schluck Kaffee. Sein Blick ist mit einem Mal nach innen gerichtet. »Ich habe Heather kennengelernt, als sie zwölf war. Ich war damals achtundzwanzig und seit acht Jahren bei der Polizei, davon zwei Jahre beim Morddezernat.«
»Schneller Aufstieg«, bemerkt Alan.
»Es gab jemanden, der mir geholfen hat«, erklärt Burns. »Mein Vater war Cop. Sein Expartner war Chef des Raubdezernats.« Noch ein Schluck Kaffee. »Heather war ganz anders als ihre Mutter. Ich rede nicht gerne schlecht über Verstorbene, aber ihre Mom war immer ein schwacher Mensch gewesen. Heather dagegen war stark. Sie trauerte, aber sie war auch zornig. Sie hat mich von Anfang an belagert. Sie wollte nicht wissen,
ob
ich den Kerl schnappen würde, der ihren Vater erschossen hatte, sondern
wann.
Sie wollte meine Karte haben und meine Telefonnummer und sagte, sie werde mich regelmäßig anrufen - was sie dann auch getan hat.«
»Was haben Sie ihr erzählt, wenn sie angerufen hat?«, fragt Alan.
Burns seufzt. »So gut wie nichts. Wir hatten keine Spur. Ihrem Vater gehörte ein Laden, und er arbeitete allein. Es war ein Raubüberfall, der aus dem Ruder lief. Wahrscheinlich war der Täter ein Anfänger. Aber es gab keine Zeugen, und es kamen keine Hinweise. Keiner von meinen Informanten, keiner von den Schnorrern und Taschendieben wusste etwas.«
»Ungewöhnlich«, sagt Alan.
»Ja. Deshalb vermute ich, es könnte jemand von auswärts gewesen sein. Ich habe nie aufgegeben. Herausgekommen ist allerdings nichts. Ungefähr zwei Jahre später ruft Heather mich an. Sie fragt, ob wir uns treffen können. Na klar, sage ich.
Ich lasse sie zum Bahnhof kommen und nehme sie mit zu Pink's Hot Dogs. Sie war noch nie da gewesen. Okay, sagte ich mir, wenn du schon keine guten Neuigkeiten für sie hast, kannst du ihr wenigstens in einem berühmten Lokal einen legendären Hotdog spendieren.«
Das Pink's ist eine Institution in L. A., ein Stück Geschichte. Paul Pink eröffnete 1939 an der Ecke La Brea und Melrose einen Hotdog-Stand. Damals gehörte die Straßenecke noch nicht zur Innenstadt. 1946 baute er sich an derselben Stelle ein Häuschen, und da steht es noch heute. Die Wände hängen voller Fotos von Filmstars und anderen Berühmtheiten, die im Pink's gegessen haben.
»Heather ist immer zielstrebig gewesen. Ich glaube, so war sie schon vor der Ermordung ihres Vaters. Viele andere kapseln sich nach einem solchen Erlebnis ab, oder sie werden feindselig, oder sie haben keine Zeit mehr für scheinbar unwichtige Dinge. Heather war anders. Sie schaute sich die Fotos im Pink's an und fragte mich nach der Geschichte des Lokals. Ich war erstaunt. Schließlich war sie erst vierzehn. Nachdem sie den Hotdog gegessen hatte, rückte sie mit der Sprache raus. >Sie müssen jetzt ganz ehrlich zu mir sein, Mr. Burns<, sagte sie. >Glauben Sie, Sie werden den Mörder jemals finden?<«
Burns verstummt und starrt düster in seinen Kaffee. Dann fährt er fort: »Ich dachte daran, sie zu belügen, entschied mich aber dagegen. Eine Lüge hatte sie nicht verdient. >Es ist immer möglich, dass sich eines Tages etwas ergibt<, antwortete ich ihr. >Die Leute werden älter und fangen an zu reden, weil sie glauben, davongekommen zu sein. Jemand hört, was sie sagen, und gibt es an einen Cop weiter. Das ist schon vorgekommen. Aber ich glaube nicht, dass ich ihn schnappe, bloß weil ich ein guter Detective bin.<«
»Wie hat sie darauf reagiert?«, frage ich.
»Besser, als ich selbst reagiert hätte.« In seiner Stimme liegt Bewunderung. »Sie sagte, sie verstünde das, und dankte mir für meine Ehrlichkeit. Ich war froh, dass ich nicht gelogen hatte, denn offenbar hatte sie die Wahrheit vorher schon gekannt. Sie schwieg eine Zeit lang und bat mich dann um einen zweiten Hotdog. Ich konnte ihr ansehen, dass noch etwas kommen würde und dass ich ihr Zeit lassen musste.« Er lächelt. »Der zweite Hotdog schien ihr genauso gut zu schmecken wie der erste. Wir redeten nicht, aber das war keinem von uns beiden unangenehm, im Gegenteil. Dieses Schweigen machte uns zu Freunden.« Er wirft einen schnellen, abwägenden Blick auf uns. »Mancher würde es verdächtig finden, dass ein Cop sich mit einer Vierzehnjährigen anfreundet...«
»Der Gedanke ist mir allerdings gekommen«, sagt Alan.
Ich schaue ihn überrascht an, denn er
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