Ausgeloescht
es, Agentin Barrett. Der Angler kann in seinem Heimatgebiet vorgehen wie der Jäger, aber auch weit weg von zu Hause. Der Vergewaltiger als Handelsreisender. Der Wilderer kann sich ein neues Heimatterritorium schaffen. Er hält sich für gerissen, weil er seine Opfer jedes Mal woanders aussucht, aber dann gefällt es ihm in der neuen Gegend, und er zieht immer wieder dorthin. Es kann auch sein, dass ihm diese Entscheidung gar nicht bewusst ist.
Das ist einer der Grundsätze, die das geografische Profiling stützen: Wir operieren häufig in unseren Komfortzonen, bewusst oder unbewusst. Die Theorie besagt, dass der Ort sowohl der Entführung als auch der Freilassung des Entführten oder des Ablegens seiner Leiche uns wichtige Hinweise auf den Wohnort des Täters gibt. Ein bekanntes und simples Beispiel ist ein Fall, in dem Leichen immer bei einer Eisenbahntrasse gefunden wurden. Dies deutete auf einen Täter hin, der ziellos und ständig auf Achse war. So konnte die Suche eingeengt und der Mann schließlich gefasst werden. Er war ein illegaler Einwanderer, der bereits mehrmals ausgewiesen worden war.«
Wenn ich Cooper so zuhöre, kann ich mir vorstellen, dass er ein gefragter Redner ist. Er hat eine lockere, jedoch engagierte Art zu sprechen, bei der man sich fühlt, als säße man im Wohnzimmer mit den Füßen auf dem Sofatisch und unterhielte sich mit ihm.
»Das Entscheidende ist die Entfernung«, fährt er fort. »Es gibt einen Unterschied zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Entfernung. Wenn jemand von Ihnen schon mal auf ein Gebirge am Horizont zugewandert ist oder versucht hat, durch einen See zu schwimmen, werden Sie wissen, was ich meine. Es sieht zum Greifen nah aus, aber man kann tagelang wandern, bis man das Gebirge erreicht, oder so lange schwimmen, bis man ertrinkt, ohne an das andere Ufer zu gelangen. Dieses Phänomen gibt es auch umgekehrt. Ein Mörder glaubt möglicherweise, dass etwas noch weit weg ist, dabei ist es in Wirklichkeit schon ganz nah. Das hilft uns, das Transportmittel zu ergründen - in diesem Fall ein Auto -, da es uns eine Vorstellung von der mobilen Reichweite eines Täters gibt.«
»Das hört sich so an, als wäre ein zielloser Mensch mittels geografischem Profiling leichter zu schnappen als ein Mann mit einem Wagen«, sagt Alan.
»So ist es«, bestätigt Cooper. »Es hilft uns nicht, dass dieser Kerl hier in verschiedenen Staaten operiert. Doch der Distanzfaktor könnte etwas hergeben. In Bezug auf die Entführungen, meine ich.«
»Wie das?«, fragt Alan.
»Von wo und wie er seine Opfer entführt. Er ist pragmatisch. Was verrät Ihnen das?«
»Dass er nicht Hunderte Meilen weit weggeht«, melde ich mich zu Wort. Cooper lächelt. »Korrekt.«
»Aber darauf hat er nicht immer Einfluss«, gibt Callie zu bedenken. »Die Wahl seiner Opfer ergibt sich aus dem Bedürfnis seiner Kunden. Er kann vorher nicht wissen, wo sie wohnen.«
»Ein guter Gedanke, aber nicht zutreffend«, sagt Cooper. »Portland zum Beispiel ist nur dreihundertsiebenundsiebzig Quadratkilometer groß, Los Angeles dagegen tausendzweihundert, und kurz hinter der Stadtgrenze kann man schon mitten im Wald sein.«
Er wendet sich der Tafel zu.
»Die Parkplatz-Masche ist gut. Ich glaube, Sie haben recht. Er entführt seine Opfer von dort, weil er seine sexuelle Begierde stillen muss, indem er Autounfälle herbeiführt. Das ist ein Verhaltensmuster. In Verbindung mit der Geografie verrät es uns etwas. Na, wer kann mir sagen, was es ist? Was fehlt noch?«
Es ist das sanfte Drängen eines Lehrers, genauer hinzuschauen. Wir alle blicken an die Tafel. Ich begreife zuerst - ein Aha-Erlebnis.
»Aufweiche Weise er die Unfälle sieht«, sage ich.
Cooper lächelt und nickte.
»Ja«, sagt James. »Er hat ein Opfer. Er kann nicht gut dort sitzen bleiben und warten, dass es passiert. Auf die Medien kann er sich nicht verlassen - zu viele Unwägbarkeiten. Vielleicht kommt es gar nicht in die Nachrichten.«
»Also?«, fragt Callie.
»Also muss er sie irgendwie aufzeichnen«, antworte ich.
Cooper neigt anerkennend den Kopf. »Ich kenne mich mit technischen Spielereien nicht aus«, sagt er, »aber ich denke, seine Möglichkeiten sind begrenzt. Wie lange würde ein batteriebetriebenes Gerät funktionieren? Wenn kein Internetzugang zur Verfügung steht, der die Kamera mit seinem Computer verbindet - wie viele Stunden kann ein unabhängiges Gerät aufnehmen? Ich würde bei den jüngsten Fällen nach örtlichen Hotels und
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