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Ausgeloescht

Ausgeloescht

Titel: Ausgeloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyen
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eines Privatmannes durchführen? Was soll uns das einbringen?«
    »Geografisches Profiling könnte hilfreich sein«, schlägt James vor. »Unser Täter ist zwar ein Pendler, aber es kann nicht schaden.«
    Geografisches Profiling ist eine im Grunde mathematische Vorgehensweise, mit der man versucht, den wahrscheinlichsten Aufenthaltsort eines Täters zu bestimmen, wobei die Analyse sich auf dieselbe Grundlage stützt wie unsere übrige Arbeit: auf das Täterverhalten.
    Man nimmt an, dass es grundsätzlich zwei Tätertypen gibt, den »Pendler« und den »Plünderer«. Der Plünderer ist ortsgebunden. Er begeht seine Taten in einem fest abgesteckten Gebiet. Er ist der beste Kandidat für geografisches Profiling.
    Der Pendler ist mobil und legt zwischen den einzelnen Verbrechen große Distanzen zurück. Er ist häufig ein intelligenter Jäger, der kulturelle und psychische Barrieren überwinden kann. Mit geografischem Profiling ist er nur schwer festzunageln. »Son of Sam« war ein Plünderer; er wurde aufgrund eines Parkknöllchens geschnappt. Ted Bundy war ein Pendler; er wurde gefasst, weil er einfach nicht mit dem Töten aufhören wollte und schließlich zu viele Spuren hinterließ.
    Geografisches Profiling ist relativ neu, hat aber einen ständig wachsenden Datenbestand an interessanten Verhaltensbeobachtungen. Ein Beispiel: Wenn Menschen sich verlaufen, gehen Männer meist bergab, Frauen bergauf. Ich habe das nicht geglaubt, als ich davon hörte, aber es wurde mir bestätigt. Ein anderes Beispiel: ein rechtshändiger Verbrecher, der Hals über Kopf verschwinden muss, rennt nach rechts und wirft seine Waffe nach links. Geografisches Profiling ist umstritten und kompliziert, aber auch nützlich.
    »Ich weiß nicht recht, was das in unserem Fall bringen soll«, wende ich ein. »Vier Opfer in drei verschiedenen Staaten? Das sind nicht allzu viele Variablen, die wir benutzen können.«
    James zuckt die Achseln. »Wir sollten es trotzdem versuchen.«
    »Denkst du an jemand Bestimmtes?«, frage ich.
    »Professor Earl Cooper. Er ist ein bisschen nervtötend, versteht aber sein Handwerk.«
    Ich blicke auf die Weißwandtafel. Sie starrt zurück, verhöhnt mich mit Schweigen und Unvollständigkeit. Ich denke an die anderen Heathers, die irgendwo im Dunkeln festgehalten werden.
    Ich stehe auf und nehme meine Handtasche. »Gehen wir zu ihm.«
    Bewegung ist Bewegung. Stillstand ist Tod.
     

Kapitel 21
    Dana Hollister lauscht einem lauten, gleichbleibenden Summen. Es ist wie ein einzelner Ton aus vierzig Mündern. Es hat sich über ihre Welt gelegt, dieses Summen.
    Meistens fließt es über sie hinweg wie Wasser, und sie ist untergetaucht. Da ist Licht, und da ist das Summen und kein Gedanke.
    Doch ab und zu stockt das Summen, und dann gibt es winzige Lichtblicke. Einmal, als das Summen verstummte, dachte Dana ein einzelnes Wort:
    Ich.
    Dann setzte das Geräusch wieder ein und erstickte alles andere. Soeben stockt das Summen wieder, diesmal länger als je zuvor. Vom Grunde eines Sees aus Sirup schwimmt Dana an die Oberfläche.
    Der Mann,
denkt sie.
    Der Mann beugt sich vornüber, eine Nadel in meinem Auge. Da ist etwas zu sehen.
    Das Summen kommt, ein Brausen in der Ferne.
    Da ist etwas zu sehen, das wichtig ist. Etwas an dem Mann.
    Ich sollte es ihnen sagen.
    Wer sind die?
    Wer bin ich?
    Ich...
    Das Summen deckt sie zu, und sie sinkt ins Nichts.
     
    Wie sich herausstellte, war Earl Cooper bereits unterwegs zu uns. Jetzt steht er in unserem Büro wie ein Mann aus einer anderen Zeit.
    Er trägt Hut und Stiefel eines Cowboys, ein Flanellhemd und ausgebleichte Jeans. Er ist nicht sehr groß, knapp eins siebzig, und breit in den Schultern, aber schmal in den Hüften. Jedes seiner zweiundsechzig Jahre sieht man ihm an. Er hat ein faltiges Gesicht, eine große Nase und einen Schnurrbart, der an den Enden gewachst ist. Es ist ein unverwechselbares Gesicht, geformt von seinem Träger, nicht andersherum.
    Die Augen funkeln vor Klugheit und haben eine Tiefe, die mich erkennen lässt, dass Cooper in seinem Leben schon viel gesehen und getan und sich dabei die Finger schmutzig gemacht hat. Doch ich sehe auch einen Hauch von Traurigkeit in seinem Gesicht.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, begrüßt er mich und schüttelt mir lächelnd die Hand. »Ich habe von Ihrer Arbeit gehört. Tut mir leid, das mit Ihrer Familie und Ihren Narben.«
    Er sagt es so geradeheraus, dass ich keine Kränkung empfinden kann. »Danke, Sir.«
    Ich wähle ganz

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