Ausgeloescht
alles, was wir haben.«
Jones denkt darüber nach. »Gut«, sagt er dann. »Sie sollten auch nach Internetgruppen suchen, die auf diese Unfallmasche aus sind.«
»Was meinen Sie?«
»Es dürfte für jede Perversion die passende Internetgruppe geben. Für Pädophile zum Beispiel. Sie tauschen ihre Fotos und Erfahrungen im Internet aus. Wenn Cooper recht hat und der Täter nimmt auf Band auf, was er treibt, teilt er sich vielleicht anderen mit.«
Ich reiße überrascht die Augen auf. »Das ist eine gute Idee.«
»Ab und zu habe auch ich lichte Momente. Okay, Ihr Angriffsplan hört sich gut an. Ich glaube auch, dass sein Motiv das Geld ist. Es braucht zwar nicht das einzige Motiv zu sein, aber Hollisters Aussage und alles, was wir sonst noch wissen, stützt diese Theorie. Machen Sie so weiter.« Er lehnt sich zurück, verschränkt die Finger über dem Bauch und sieht mich an. »Und jetzt sagen Sie mir, warum Sie wirklich hier sind.«
»Wie bitte?« Er hat recht, aber ich weigere mich instinktiv, so leicht durchschaut zu werden.
»Kommen Sie, Smoky. Ich kenne Sie. Ich merke es Ihnen an, wenn Sie mit den Gedanken woanders sind. Ihnen geht schon die ganze Zeit etwas durch den Kopf.«
Mit leisem Trotz stelle ich mich seinem Blick; dann schaue ich seufzend zur Seite. »Ich habe Direktor Rathbun gesagt, dass ich den Job übernehme.«
»Ich weiß. Ich halte das für eine gute Entscheidung.«
Ich schaue ihn immer noch nicht an. »Das denke ich auch. Aber es gibt da eine ... Komplikation. Nun ja, ich weiß nicht, ob das der richtige Ausdruck ist. Nennen wir es eine Unbekannte. Ich brauche Ihre Hilfe. Ihren Rat, was ich damit tun soll.«
»Wenn ich Ihnen helfen kann, werde ich es tun. Welche Art Unbekannte?«
Ich durchlebe eine Mischung aus Unruhe, Angst und Sehnsucht. Es ist ein Geheimnis, so habe ich es von Anfang an empfunden. Ich weiß nicht warum, aber das Gefühl saß zu tief, als dass ich es ignorieren konnte.
Ich zwinge mich, Jones in die Augen zu schauen und die Worte auszusprechen, die ich noch niemandem gesagt habe, nicht einmal Tommy.
»Ich bin im zweiten Monat schwanger, Sir.«
Er starrt mich an. Eine halbe Minute lang sagt er nichts. Ich kann nicht erkennen, ob er bestürzt ist oder bloß nachdenkt. Seine Finger bleiben verschränkt, seine Hände ruhig.
»Dann darf man gratulieren?«, fragt er schließlich und lächelt mich an.
Das ist die Frage, die ich mir seit dem mitternächtlichen Pinkeltest und erst recht nach der Bestätigung durch die Blutuntersuchung gestellt habe.
Ist es eine gute Sache? Bin ich glücklich darüber?
»Ich bin mir nicht sicher, Sir.«
»Warum nicht?«
Ich mustere meinen Mentor und überlege, was ich erwidern soll. AD Jones kennt mich länger als jeder andere im FBI-Universum. Er hat mich aufsteigen sehen, und er war da, als mein Leben in Schutt und Asche gelegt wurde. Er hat viel von mir gesehen, doch es gibt Dinge, die auch er nicht weiß.
AD Jones hat mich noch nie weinen sehen. Er hat mich nicht halten müssen, während ich Tränen vergoss. Seine Unterstützung war umfassend, doch er gab sie entweder schweigend oder mit schroffen Worten. Und das wusste ich immer zu schätzen.
»Ich war schon einmal schwanger«, vertraue ich ihm an. »Bevor Matt und Alexa getötet wurden.« »Okay«, sagt er.
Kein »wirklich?«, kein »o Gott!«. Nur ein »Okay« und ruhiges Abwarten. Das ermutigt mich.
»Niemand hat es gewusst. Ich habe selbst noch darüber nachgedacht, wissen Sie. Ich wollte zuerst Klarheit, wie ich darüber denke, bevor ich es Matt sage. Dann aber ... dann ist das Schreckliche passiert, das damals passiert ist. Als ich im Krankenhaus lag, habe ich beschlossen, nach Hause zu gehen, meine Angelegenheiten zu ordnen und mich umzubringen. Die Sache war nur die: Ich wusste, ich kann nicht abdrücken, solange ich das Kind im Leib trage. Das ist ganz schön verdreht, ich weiß.« Ich schlucke beschämt. »Also habe ich das Baby abgetrieben.« Ich wage einen Blick in sein Gesicht, fürchte mich vor dem, was ich sehen werde, doch ich sehe nur Geduld. »Später, nachdem ich beschlossen hatte weiterzuleben, habe ich es bereut. So sehr, dass ... ich kann es gar nicht sagen ...« Ich gebe achselzuckend auf. Es gibt keinen angemessenen Ausdruck für meinen Ekel vor mir selbst und meinen Schmerz. »Ich habe es unterdrückt, habe es verschwiegen und weitergelebt.«
Ich blicke auf meinen Bauch und streiche darüber. Ich stelle mir vor, wie das Kind wächst, so wie damals Alexa.
Weitere Kostenlose Bücher