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Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
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Bewusstsein gewesen. Nach drei Wochen war er zwar bereits stabil genug gewesen, um ohne das Beatmungsgerät auszukommen, doch in seinem Penis steckte ein Katheter und an der Hüfte trug er einen Kolostomiebeutel.
    Und dann war er aufgewacht. Das war vor fünf Jahren gewesen. Und fünf Jahre lang war es der Pfleger gewesen, der das Morphium genommen und sich auch die übrigen Medikamente einverleibt hatte, die Dr. Stanton verschrieb. Bobby hatte es ihm erlaubt. Das war Teil ihrer Abmachung. Bobby brauchte keine Medikamente, weil ihn die Götter wieder zurückberufen hatten. Weil er aus seinem blauen Grab auferstanden war.
    Während dieser ersten Monate, in denen Bobbys Bewusstsein immer wieder aufflackerte wie ein unruhiges Licht, erwachte er manchmal davon, dass der Pfleger seinen Kopf hielt und ihm, zärtlich wie eine Mutter, übers Haar strich. Oder dass der Pfleger im Nebenraum schnarchte. Oder dass der Pfleger neue Fische für seine Aquarien mitbrachte und jeden einzelnen begurrte, als wäre er sein Kind. Der Pfleger fühlte sich bei Bobby offensichtlich wie zu Hause.
    Und sobald der Pfleger weg war, begann Bobby zu trainieren. Den Kopf zu bewegen. Die Finger. Eine Stimme zu finden, indem er Geräusche aus seiner Kehle herauspresste, einen leisen Ton, ein schwaches Miauen.
    Eines Tages, spätabends, waren Bobbys Lebensgeister davon erwacht, dass warmes Wasser über seine Brust und seitlich hinunterlief. Da füllte sich sein Herz mit Hoffnung. Er spürte das Wasser. Er ertappte sich dabei, wie er vor Freude beinahe geblinzelt, seinen Blick scharfgestellt hätte. Der Pfleger merkte nichts. Er zerrte an Bobbys Taille, und Bobby spürte, wie etwas langsam aus seinem Inneren rutschte.
    Der Pfleger ging weg. Bobby starrte weiterhin blind auf das Deckenlicht. Er hörte ein lautes Platschen von der anderen Seite des Zimmers, dann die Toilettenspülung.
    Bobby war müde. Wieder tauchte er unter die kristallenen Linsen seiner Augen ab.
    Wieder fühlte er die Hände des Pflegers. Seifig und warm glitten sie über seinen Körper, riefen ihn zurück. Das war angenehm.
    Er fühlte, wie der Pfleger einen Arm unter seinen Körper schob und ihn sanft auf den Bauch drehte, so dass sein Gesicht ganz nass wurde und er die Gummimatte unter sich riechen konnte.
    Er fühlte, wie der Pfleger ihm mit einem Schwamm die Beine, die Füße und zwischen den Zehen abrieb. Überall floss Wasser, und der Pfleger summte laut, wie eine irre Waschfrau, der die Arbeit Spaß machte.
    Bobby rutschte, wie ein in der Fischfabrik gestrandeter Fisch, auf dem nassen Tisch hin und her. Er fühlte, wie der Pfleger seine schlaffen, verschrumpelten Hinterbacken einseifte, und jetzt fühlte er etwas, das wärmer war als das Wasser. Es flutschte herum, stupste, presste und dann, plötzlich und schmerzhaft, drang es ein.
    Ein krampfartiger Schmerz durchfuhr seinen Rücken. Er hob seinen Kopf und zischte so laut, dass es wie ein Schrei klang. Und dann fiel er, rutschte unaufhaltsam vom Tisch auf den Boden. Sein Kopf war zwischen den Beinstützen eingekeilt. Arme und Beine baumelten hinunter wie Weichgummi. Er hing da, leblos wie eine Leiche.
    Der Pfleger war zurückgewichen, den Mund vor Schreck weit offen. In seinen winzigen Äuglein spiegelte sich das blanke Entsetzen. Sein nasser Schwanz ragte ihm blind aus der Hose, steif und starr und lächerlich vor sich hin wippend.
    »Nein, o nein«, stöhnte der Pfleger und stopfte ihn sich voller Hektik wieder in die Hose.
    O nein, was? O nein, wach nicht auf? Bobby war sich nicht sicher, was sein Pfleger damit meinte. Aber der murmelte nur immer wieder: »Nein, o nein.«
    Und wie er so hilflos dalag, nackt und nass wie am Tag seiner Geburt, wusste Bobby, dass sein Pfleger ihm das büßen würde. Er hatte die Macht. Er war von den Göttern gesandt. Er war das Dunkel und das Licht. Er war unsterblich.
    Bobby öffnete den Mund. »Hallo«, sagte er.

[home]
    31
    A ls Walker aus der Badewanne gestiegen war, klemmte er auf Kristas Verlangen einen Stuhl unter die Klinke der Tür zum Flur und verriegelte die Balkontür. Dann setzte er sich, in ein Handtuch gewickelt und einen heißen Waschlappen auf die verletzte Schulter gepresst, auf den anderen Stuhl und überlegte, woher der Mann im Wald gewusst hatte, dass sie nach Jamaika fliegen würden.
    »Na, weil er dir gefolgt ist und du dumm genug warst, ins jamaikanische Fremdenverkehrsbüro zu gehen«, sagte sie. Sie saß auf dem Bett.
    Walker glaubte sich zu erinnern, dass die

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