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Ausgesetzt

Ausgesetzt

Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
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vielmehr mit enormem Interesse das Fahrzeugdepot der Stadtwerke nebenan betrachten). Dann machte er ihr die Fahrertür auf, nahm ihre Krücken, warf sie hinten hinein und stieg auf der Beifahrerseite ein. Immer besser beherrschten sie diese Übung, sie war schon fast zur angenehmen Routine geworden.
    Am Wegweiser nach Mary’s Point bog Krista von der Bezirksstraße ab und fuhr eine staubige Piste zwischen hohem Gras und stacheligen Büschen entlang. Der Toyota rumpelte eine steile Anhöhe hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter, in eine weite Senke, über die sich an einer besonders sumpfigen und übelriechenden Stelle eine klapprige Holzbrücke spannte.
    Hinter der Senke schob sich der Wagen langsam eine weitere, etwas flachere Erhebung hoch. Etwa zwei Kilometer vor ihnen konnten sie über eine wogende Fläche von Rohrkolben und wildem Gras hinweg und hinter mehreren Sanddünen das schiefergraue Wasser des Eriesees in der Sonne glitzern sehen.
    Sie folgten der Staubpiste bis zu einem Weidezaun genau an der Stelle, an der Mary’s Point in den See hinausragte. Die Landspitze war nur spärlich von Sand und Gras und vereinzelten Gruppen von Nussbäumen und Buscheichen bedeckt. Ein an einen Pfosten genageltes Schild verkündete, dass es sich um ein Privatgrundstück handelte.
    Die Piste führte durch eine Öffnung im Zaun und gabelte sich in zwei Richtungen. Rechts sahen sie unter ein paar Bäumen die Rückseite eines kleinen schokoladenbraunen Hauses aus Zedernschindeln. Sie sahen auch, dass jemand eine Kette über die Zaunöffnung gelegt und mit einem Vorhängeschloss an einem Pfosten gesichert hatte.
    Eine alte, verwitterte Scheune döste diesseits des Zauns in der Sonne. Eine engere Piste führte an der Scheune vorbei hinunter zum Sandstrand.
    Krista rumpelte langsam an der Scheune vorbei und parkte hinter einer Düne. Sie schaltete den Motor ab.
    »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Wir gehen um die Landspitze herum und halten Ausschau nach einem Blockhaus mit einem Fahnenmast und einem großen weißen Felsen davor«, antwortete er und stieg aus.
    »Das hab ich mir gedacht.« Natürlich hatte sie gewusst, was sie tun würden, aber beim Anblick des breiten, weichen Sandstreifens und der graubraun heranrollenden Wellen wurde ihr doch mulmig.
    Anfangs war es lustig. Walker trug den Picknickkorb und das Badetuch von Krista und die Weinflasche. Krista kämpfte sich auf ihren Krücken durch den Sand, bis sie zu dem festen Sand am Ufer kamen.
    Der warme Wind ließ ihre Kleider flattern und benahm ihnen den Atem. Die Wellen kräuselten sich übereinander, schäumten, rauschten auf sie zu und traten bläschenbedeckt den Rückzug an. Eine Möwenschwadron hing mit ausgebreiteten Flügeln über ihren Köpfen.
    Lange standen sie da, blickten über das Wasser und in den Himmel. Dann wandten sie sich um und marschierten an einem weiteren Schild vorbei, das einen Privatstrand ankündigte.
    Schon nach kürzester Zeit erkannte Walker, dass sie so nicht weit kommen würden. Ging Krista nah genug ans Wasser, um auf dem harten, nassen Sand Halt zu finden, brandeten besonders große Wellen heran, durchweichten ihr die Lederschuhe und die weißen Hosen und spülten ihr den Sand unter den Krücken weg. Hielt sie genügend Abstand von den größten Wellen, war der Sand weich und gab unter ihr nach. Verbissen kämpfte sie sich jedoch weiter und lächelte jedes Mal, wenn Walker sich nach ihr umdrehte. Schweiß perlte ihr von der Stirn und glänzte auf den Wangen. Er wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, also marschierte er weiter.
    Nach etwa zehn Minuten, so schien es ihm wenigstens, hatten sie das erste Häuschen, das mit den dunklen Zedernschindeln, das sie von der Straße aus gesehen hatten, noch immer nicht passiert. Es stand ein wenig vom See zurückgesetzt auf einer grasbewachsenen Anhöhe und war von Eichen umgeben. Ein altes Ruderboot lag kieloben davor, und alle Läden an den Verandafenstern waren geschlossen. Er hörte Krista neben sich schnaufen, obwohl er ganz langsam vorwärts trottete.
    Wieder sah er zu ihr hinüber. Diesmal blickte sie nicht auf und lächelte. Ihr Gesicht war angespannt, Schweiß lief ihr die Nase herunter, ihre Augen bohrten sich in den tückischen, aufgewühlten Sand vor ihr. Ihr Atem wurde jetzt von einem leisen Pfeifen begleitet wie bei einem Langstreckenläufer. In dem runden Ausschnitt ihrer Bluse glänzten ihre Brüste vor Schweiß. Walker schätzte, dass sie den ganzen Tag brauchen würden,

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