Ausgespielt
Metalltüren, die in die Lager- und Versandabteilungen der Geschäfte im Einkaufszentrum führten, von denen einige ihren Eingang in der Chapel Street hatten und andere an der innen gelegenen Promenade des Einkaufszentrums. Schilder über den Türen wiesen auf die jeweiligen Läden hin: das Geschäft für Reisegepäck, ein Laden für Kinderkleidung, eine Filiale für italienische Keramik, ein Juwelier und so weiter.
Ich sah mich um. Die beiden Aufzüge, die ich oben in der Halle bemerkt hatte, waren nirgends zu entdecken, doch eine massive Betonmauer ließ darauf schließen, dass ich das untere Ende des Aufzugschachts vor mir hatte. Ein kleines Stück weiter weg hing in der oberen rechten Ecke ein Spiegel, der so gekippt war, dass er die Nische mitsamt einem Bild des Lastenaufzugs und des zweiten Aufzugs zeigte, die ich in der Eingangshalle gesehen hatte. Ich wollte schon darauf zugehen, als Reba einen Arm ausstreckte und mich stoppte wie eine Schranke an einem Bahnübergang. Sie legte einen Finger auf die Lippen und zeigte nach rechts oben.
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Ich erspähte eine in der Ecke montierte Überwachungskamera, deren Objektiv direkt auf das gegenüberliegende Ende des Flurs gerichtet war. An der Wand hing ein Telefon, vermutlich um die Kommunikation zwischen Empfang und Lieferanten zu
erleichtern. Wir traten rückwärts wieder nach draußen und drückten leise die Tür zu. Trotzdem senkte sie die Stimme zu einem fast unverständlichen Murmeln. »Nachdem Sie mich gestern Abend abgesetzt hatten, bin ich noch mal mit meinem eigenen Wagen hergefahren, um ein bisschen mit Willie zu plaudern. Er ist nett, gar nicht so zugeknöpft, wie man meint.
Ein großer Schachfreund. Er spielt Kontrakt-Bridge, und er kann sogar Sauerteigbrot backen. Er sagt, er hat seit neun Jahren dieselbe Starterkultur. Die ganze Zeit, während wir am Plaudern waren, habe ich die Monitore abgecheckt – alle zehn –, um rauszukriegen, was er sieht. Ich habe auch diesen Ausschnitt hier gesehen, wusste aber nicht, wo das war, bis wir die Tür hier unten aufgemacht haben. Willie hat in beide Richtungen Einblick in sämtliche Korridore, aber nicht in die Aufzüge und nicht aufs Dach.«
»Und wie steht’s mit Becks Büroräumen?«
»O bitte. Beck hat nichts mit diesem Big-Brother-Quatsch am Hut. Er hat nichts dagegen, dass Willie seine Mieter bespitzelt, aber doch nicht ihn selbst.«
»Scheint mir für ein Haus dieser Größe ein enormer
Sicherheitsaufwand zu sein.«
»Aufschlussreich, was? Hab ich mir auch gedacht.«
»Und wohin sind die Aufzüge verschwunden?«
»Die öffentlich zugänglichen Aufzüge enden im Erdgeschoss.
Offenbar will Beck nicht, dass irgendjemand von hier unten aus Zugang zu seinen Büroräumen hat«, erklärte sie. »Einer der Aufzüge pendelt nur zwischen der Tiefgarage und der
Eingangshalle hin und her. Jeder, der in eines der oberen Stockwerke will, muss in der Halle aussteigen und zu einem der 272
öffentlichen Aufzüge hinübergehen. Auf die Art kann Willie jeden abfangen und ausfragen. Da muss man sich schon einen verdammt guten Grund für seine Anwesenheit einfallen lassen, sonst hat man Pech gehabt. Wenn man einen Aufzug bis hier unten benutzen will, braucht man einen Schlüssel. Es gibt keinen Knopf, den man einfach drücken könnte.«
»Aber wenn der Lastenaufzug hier unten anfängt, kann sich dann nicht jemand einfach hier runterschleichen und so ganz um Willard herumkommen?«, wollte ich wissen. »Ich meine, selbst wenn die Kameras laufen, kann er nicht gleichzeitig alle zehn Monitore im Auge behalten.«
»Theoretisch haben Sie Recht, aber es wäre schwierig. Zum einen sind alle diese Korridore grundsätzlich abgeschlossen –«
»Was uns nicht am Eindringen gehindert hat.«
»Und zum zweiten«, fuhr sie fort, »hat jede Etage ihren eigenen Sicherungscode. Man könnte es mit dem Lastenaufzug riskieren – vorausgesetzt, Willie hat einen nicht schon hier unten im Flur entdeckt –, aber man kommt oben nicht raus, es sei denn, man kennt den Code für die Alarmanlage im jeweiligen Stockwerk. Sobald man die Zahlen durcheinander bringt, ist der Teufel los.«
»Und was genau bedeutet das für uns?«
»Es bedeutet, dass wir jetzt lieber mal Willies Gutmütigkeit ausnützen und Ihre Tasche zurückholen, ehe seine Schicht zu Ende ist.«
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Wir gingen den gleichen Weg zurück und traten neben Macy’s wieder aus dem Wartungskorridor in die Tiefgarage, wo wir den Aufzug bestiegen und eine Etage höher
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