Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
für die Stromversorgung zu tun, da sie anzeigte, wo der Stromzähler, das Transformatorgewölbe, die Schaltzentrale, die Sicherungskästen 263
    sowie einzelne Schaltkreise lagen. Die Bauschaltpläne bestanden aus Kreisen und Wellenlinien und zeigten die Abstände zwischen Steckdosen und Schaltern.
    Das nächste Blatt war interessanter. Es sah aus wie ein Ausschnitt einer Ecke des Gebäudes vom Dach nach unten betrachtet. Der Legende unten auf der Seite zufolge entsprach jeder Achtelzoll einem Fuß in der Realität. Der Architekt hatte jedes Detail der Zeichnung mit jenen handschriftlichen Block-buchstaben beschriftet, die offenbar jeder Architekturstudent gleich am ersten Tag seines Studiums lernen muss. Reba sah zu mir her.
    »Sie haben zur Stabilisierung einen festen Kern verwendet, der durch die Mitte des Gebäudes verläuft – eine Art Turm, in dem Toiletten, Treppen und Aufzüge untergebracht sind. Jedenfalls haben sie über Kreuzverspannungen und Querfüllungen geredet, was immer das sein mag.«
    Ich erkannte die Betonsäulen, die Position vorgegossener Gewölbeplatten aus Beton, das Fundament aus nicht unter-kellerten Fußbodenplatten und Betonpfeilern, das von einer Verbindung aus Trockenmauern und Stahlbolzen gestützt wurde.
    Ich versuchte den Zusammenhang zwischen den Linien auf dem Blatt und den Räumen, die ich gesehen hatte, herzustellen. Die detaillierte Zeichnung des Dachs zeigte zum Beispiel die Mechanik der Aufzuganlage an ungefähr der gleichen Stelle, wo der unecht aussehende Gärtnerschuppen stand. Reba legte einen Finger auf die Seite. »Das gefällt mir nicht. Auf der anderen Zeichnung sind die Aufzüge auf der gegenüberliegenden Seite eingezeichnet, nicht hier. Was stimmt denn nun?«
    »Vielleicht sollten wir noch mal genauer hinschauen«, schlug ich vor. »Ich begreife sowieso nicht, wie irgendjemand bei diesem ganzen Zeug durchblickt. Ich kann damit überhaupt nichts anfangen.«
    Reba faltete einen zweiten Grundriss auseinander, der vom 264
    August ’81 datierte. Wir studierten zwei Zeichnungen nebeneinander. Nachdem ich die Büroräume in der Realität gesehen hatte, hatte ich eine recht klare Vorstellung davon, was ich hier vor mir hatte, gewisse Ausnahmen eingeschlossen. Wo sich in Wirklichkeit der Pausenraum für die Angestellten befand, war auf dem Grundrissplan ein Konferenzraum
    eingezeichnet, der näher an den Empfangsbereich herangerückt war. »Wie viele Sets haben Sie denn?«
    »Jede Menge, aber die hier erschienen mir am wichtigsten.
    Zwischen März und August ist gar kein so großer Unterschied.
    Es sind die Veränderungen, die im Oktober auftauchen, die mir am interessantesten vorkommen.« Sie rollte ein viertes Blatt auseinander und legte es auf das dritte. Unter lautem Papiergeraschel untersuchten wir zu zweit die Besonderheiten der Angestelltentoiletten, die Zugänge für Rollstuhlfahrer, die Metallplatten und die Schaumstoffisolierung – Becks gesamtes, fünfzehn Büros beherbergendes Gebäude auf einen Blick.
    »Suchen wir nach etwas Bestimmtem?«, erkundigte ich mich.
    Sie zeigte auf eine rechteckige Fläche auf meinem Blatt, die neben der Feuertreppe und den Aufzuggehäusen lag. »Sehen Sie das? Die Lage der Aufzüge hat sich von hier nach hier verschoben«, erklärte sie und fuhr mit dem Finger von meiner Zeichnung zu ihrer.
    »Der Pausenraum ist auch verlegt worden, aber was soll’s?«
    »Tja, sehen Sie sich’s an. Ich meine, natürlich haben sie Veränderungen vorgenommen, aber da ist Raum geblieben, der nicht definiert ist. Hier nennen sie es Lagerraum, aber auf dieser Zeichnung ist der Raum immer noch da, ohne dass er irgendwie bezeichnet wird.«
    »Ich begreife immer noch nicht, inwiefern das wichtig sein soll.«
    »Ich finde es einfach merkwürdig. Ich sage Ihnen, auf einem der früheren Grundrisspläne war hier ein Raum. Ich habe Beck 265
    gefragt, was für ein Raum das sein soll, aber er hat mich abgewimmelt, als ginge mich das nichts an. Auf den ersten Bauzeichnungen hat ihn der Architekt als Waffentresor eingetragen, was völlig lächerlich ist. Beck hat eine Heidenangst vor Schusswaffen. Er besitzt nicht einmal eine einzige Pistole, geschweige denn eine ganze Sammlung davon. Damals dachte ich mir, vielleicht ist es so ein Panikraum oder wie die Dinger heißen …«
    »Ein sicherer Raum?«
    »So was in der Art. Etwas, das er vor anderen geheim halten wollte. Später habe ich mich gefragt, ob er den Raum als eine Art Liebesnest nutzen wollte, eine kleine

Weitere Kostenlose Bücher