Ausgespielt
einzukaufen. Das Tor zur Tiefgarage stand offen. Reba fuhr hinein und die Rampe hinunter. Unten angekommen, bog sie nach rechts ab und durchquerte die ganze Garage, bis sie in einer Lücke in der Nähe 268
der verdunkelten Glastüren parkte, die den Eingang zum Tiefgeschoss von Macy’s markierten. Das Kaufhaus war um diese Zeit noch geschlossen und würde erst um zehn Uhr aufmachen.
Reba zeigte mit einem Finger nach rechts. Zehn Wagenlängen in diese Richtung befand sich eine nichts sagende Tür mit der Aufschrift: »Wartungsdienst. Kein Zutritt.« Dahinter zog sich die Rampe zur zweiten, dritten und vierten Parkebene in Spiralen nach oben, bis sie außer Sichtweite war.
»Ist da nicht abgeschlossen?«, fragte ich und verspürte dieses beklemmende Gefühl von Erregung darüber, dass wir uns zu einem Ort Zugang verschaffen würden, an dem wir nichts zu suchen hatten.
»Doch, sicher. Ich habe Ihnen ja gesagt, dass ich vorher schon ein bisschen rumgeschnüffelt habe, nur leider bin ich nicht reingekommen. Aber jetzt habe ich die hier.« Sie hielt den dicken Schlüsselbund in die Höhe, den sie aus Onnis
Schreibtisch entwendet hatte. Sie ging die Schlüssel einen nach dem anderen durch und schmunzelte bei ihrem Anblick. »Sieh an, sieh an. Ich bereue jede Gemeinheit, die ich je über die Gute gesagt habe.«
Onni, die kleine Miss Zwanghaft, hatte jeden Schlüssel mit einem Klebestreifen in ordentlichem Prägedruck beschriftet: BÜRO, BECK, KONF.RAUM, WART.FLUR, LAGER,
ELEKTRIK, BANKSAFE MID-CITY, BANKSAFE, ST
SPARK. Reba nahm die beiden Banksafe-Schlüssel zwischen zwei Finger und ließ die anderen klimpern. »Ich wette, da drin lagern massenhaft Daten. Beck bewahrt nämlich seinen zweiten Satz Bücher in einem Banksafe auf.«
»Einen zweiten Satz? Das ist aber unklug.«
»Es sind keine echten Bücher. Die Daten hat er allesamt auf Disketten. Er geht alle zwei Tage rüber und lagert die Updates ein.
Was bleibt ihm schon übrig? Er ist Geschäftsmann. Selbst wenn 269
das, was er tut, illegal ist, muss er Bücher führen. Glauben Sie etwa, er muss Salustio nicht über alles Rechenschaft ablegen?«
»Schon, aber es erscheint mir trotzdem riskant.«
»Beck liebt das Risiko. Er ist süchtig nach dem Adrenalin-rausch.«
»Kann ich verstehen.«
Reba spielte weiter an den Safeschlüsseln herum. »Ob man wohl irgendwie an diese Schließfächer rankommt?«
»Reba …«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich es tue. Er hat die Banken gewechselt, sobald ich ins Gefängnis gekommen bin, also bin ich sowieso nicht zeichnungsberechtigt. Das ist jetzt wahrscheinlich Marty.«
»Schwören Sie, dass Sie die Schlüssel zurückbringen.«
»Hab ich doch versprochen. Sobald ich Duplikate habe machen lassen.«
»Verdammt noch mal, Reba. Haben Sie völlig den Verstand verloren?«
»Ziemlich.« Sie wandte sich um und musterte die große, leere Garage. »Wir sollten uns lieber in Bewegung setzen, ehe noch jemand auftaucht.«
Wir stiegen aus und gingen hinüber zu der Tür für den Wartungsdienst. Unsere Schritte hallten von den nackten Betonwänden wider. Reba drehte am Knauf, der wie erwartet verschlossen blieb, und benutzte dann den Schlüssel, den Onni so vorsorglich beschriftet hatte. Die Tür öffnete sich in ein Treppenhaus. Wir stiegen eine Etage nach unten, wo wir auf zwei weitere, etwa drei Meter voneinander entfernt liegende Türen stießen.
»Rechts oder links? Sie haben die Wahl«, sagte Reba.
Ich zeigte auf die linke Tür. Reba zuckte die Achseln und reichte mir die Schlüssel. Ich musste ein wenig herum-270
experimentieren, bis ich den richtigen gefunden hatte. Aufgrund ihrer mangelnden Fantasie hatte Onni einige der Schlüssel lediglich nummeriert. Ich probierte drei von ihnen aus, ehe ich auf den passenden stieß. Ich schloss auf und öffnete die Tür. Vor uns lag die Sackgasse mit den zehn Parkplätzen, die wir schon von der Straße aus gesehen hatten.
»Aha!«, sagte Reba.
Wir versperrten die erste Tür wieder und wandten uns der zweiten zu. »Sie sind dran«, sagte ich. »Ich würde es mal mit Schlüssel Nummer vier versuchen.«
»Kein Problem. Ich weiß sowieso, was sich hinter dieser Tür verbirgt.« Sie schob den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn um und stieß die Tür auf. Vor uns erstreckte sich ein langer, fensterloser Flur. Flache Leuchtstoffröhren hingen an der Decke und ließen die Luft bläulich schimmern. In regelmäßigen Abständen folgten auf beiden Seiten des Flurs überdimensionale
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