Ausgespielt
Rechten ging ein weiß gefliestes Badezimmer ab, das sein Schlafzimmer mit dem nächsten verband. Ich verriegelte die gegenüberliegende Badezimmertür, ließ jedoch die vordere einen Spalt weit offen und kehrte zu meinem Platz zurück.
Er richtete sich in den Kissen auf. »Danke. Wahrscheinlich meint sie es gut, aber manchmal reißt sie zu viel an sich.
Schließlich habe ich sie noch nicht als meinen Vormund eingesetzt. Aber was würden Sie jetzt in Bezug auf Reba vorschlagen?«
»Weiß ich nicht genau. Vor allem muss ich sie so schnell wie möglich finden.«
»Steckt sie in der Klemme?«
»Ich glaube schon. Soll ich Sie ins Bild setzen?«
»Es ist besser, wenn ich es nicht weiß. Was immer es ist, ich 318
verlasse mich darauf, dass Sie sich darum kümmern und mir anschließend eine Rechnung schicken.«
»Ich werde tun, was ich kann. Verschiedene Behörden würden sich gern mit ihr über Becks finanzielle Transaktionen unterhalten. Es könnte reichlich unangenehm werden, und meine Position ist ohnehin schon heikel. Dem FBI gegenüber möchte ich nicht im falschen Lager stehen. Übrigens resultiert aus der Tatsache, dass ich für Sie arbeite, keinerlei Recht auf Aussageverweigerung, deshalb schützt es keinen von uns, wenn Sie mich engagieren.«
»Das verstehe ich vollkommen. Ich würde auch niemals von Ihnen verlangen, in irgendeiner Form gegen Gesetze zu verstoßen. Aber ansonsten wäre ich Ihnen für jede Unterstützung dankbar, die Sie Reba leisten können.«
»Ist ihr Wagen noch hier?«
Er nickte. »Er steht in der Garage. Soweit ich weiß, ist sie unverschlossen. Sie dürfen sich gern umsehen.«
Es klopfte an der Tür, und der Knauf drehte sich. Ungeduldig zerrte Lucinda daran. Ihre Stimme drang dumpf durch das Holz.
»Nord, was ist los? Bist du da drin?«
Er wies zur Tür. Ich ging hin und entriegelte sie. Lucinda drehte abrupt am Knauf und stürmte herein, wobei sie mir fast die Tür ins Gesicht geschlagen hätte. Sie funkelte mich an.
Offenbar vermutete sie, ich hätte die Tür aus eigenem Antrieb verriegelt.
»Was geht hier vor?«
Nord strengte sich an, lauter zu sprechen. »Ich habe sie gebeten zuzuschließen. Ich wollte keine weiteren Unterbrechungen.«
Ihre Körpersprache wechselte von Argwohn zu Gekränktheit.
»Das hättest du ja sagen können. Wenn du mit Miss Millhone persönliche Angelegenheiten zu besprechen hast, wäre ich nicht im Traum darauf gekommen, euch zu stören.«
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»Danke, Lucinda. Das freut uns.«
»Vielleicht habe ich ja meine Kompetenzen überschritten.«
Ihr Ton war frostig, und der Inhalt zielte darauf ab, Entschuldigungen oder Versicherungen auszulösen.
Nord gewährte ihr weder das eine noch das andere. Er hob nur die Hand, was beinahe einer Geste der Entlassung gleichkam.
»Sie würde sich gern Rebas Zimmer ansehen.«
»Wozu?«
Nord wandte sich an mich. »Den Flur entlang auf der rechten –«
Lucinda fiel ihm ins Wort. »Ich zeige es ihr gern. Wir wollen ja nicht, dass sie allein hier herumstreunt.«
Ich sah Nord an. »Ich melde mich wieder bei Ihnen«, sagte ich.
Ich folgte Lucinda den Flur entlang, ohne ihre steife Haltung und ihre Weigerung, mich anzusehen, weiter zu beachten. An Rebas Zimmer angelangt, öffnete sie die Tür und stellte sich mir dann in den Weg, so dass ich gezwungen war, mich an ihr vorbeizuquetschen. Ihr Blick folgte mir. »Hoffentlich sind Sie jetzt zufrieden. Sie halten sich für so nützlich, dabei bringen Sie ihn um.«
Ich hielt ihrem Blick stand, doch sie hatte bei weitem mehr Übung im Verabreichen vernichtender Blicke. Ich wartete. Ihr Lächeln war verkniffen, und ich wusste, dass sie zu der Sorte Frau gehörte, die Mittel und Wege finden würde, sich zu rächen.
Lucinda, der Inbegriff der Bosheit. Als sie in den Flur hinaustrat, schloss ich die Tür und verriegelte sie. Das war die Sprache, die sie verstand.
Ich wandte mich um, lehnte mich gegen die Tür und sah mich um, um einen Gesamteindruck von Rebas Zimmer zu gewinnen, ehe ich mit der Suche begann. Das Bett war gemacht, und auf dem Nachttisch standen ordentlich aufgereiht ein paar persönliche Erinnerungsstücke: ein gerahmtes Foto ihres Vaters, ein Buch, ein Notizblock und ein Stift. Kein Durcheinander. Keine Kleidungs-320
stücke auf dem Fußboden. Nichts unter dem Bett. Ein Telefon, aber kein privates Adressbuch. Ich ging die Schubladen durch und stieß auf Gegenstände, die schon seit Jahren hier lagern mussten: Schulunterlagen, Prüfungshefte,
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