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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und gingen einen mit Teppich ausgelegten Flur mit Zimmertüren auf beiden Seiten entlang. Die Tür zum Elternschlafzimmer war geschlossen. Lucinda klopfte leise, ehe sie die Tür aufzog und zu ihm hineinsah.
    »Kinsey ist hier, wegen Reba. Darf ich sie hereinführen?«
    Ich hörte seine Antwort nicht, doch sie wich zur Seite und ließ mich eintreten. »Fünf Minuten«, erklärte sie bestimmt.
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    Nord Lafferty lag auf einen Stapel Kissen gestützt im Bett, flankiert von seinem Sauerstofftank. Seine hageren weißen Hände zitterten auf der gehäkelten Tagesdecke. Bestimmt waren seine Finger eiskalt, so als zögen sich all seine Energie und Wärme aus den Extremitäten ins Innere zurück. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der letzte Funken erlosch. Ich trat an sein Bett. Er wandte sich zu mir um, und ein Lächeln brachte ein wenig Farbe auf sein Gesicht. »Genau an Sie habe ich gerade gedacht.«
    »Und schon bin ich da. Fühlen Sie sich einigermaßen fit?
    Lucinda sagt, Sie hatten gerade eine Sitzung mit der Atemtherapeutin. Sie will nicht, dass ich Sie überanstrenge.«
    »Nein, nein. Ich habe mich ein wenig ausgeruht und fühle mich gut. Ich bedauere es, dass ich so viel Zeit im Bett vergeuden muss, aber an manchen Tagen bin ich einfach zu nichts anderem imstande. Ich hoffe, Sie haben meinen Scheck erhalten.«
    »Ja. Die Prämie wäre nicht nötig gewesen, aber danke für die Geste.«
    »Sie haben jeden Penny verdient. Reba ist gern mit Ihnen zusammen, und dafür bin ich Ihnen dankbar.«
    »Lucinda sagt, sie ist gestern am frühen Abend weggefahren.
    Wissen Sie vielleicht, wohin?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie hat mir beim Abendessen Gesellschaft geleistet und mir anschließend in die Bibliothek geholfen. Dann habe ich gehört, wie sie jemanden angerufen hat. Eine halbe Stunde später ist ein Taxi gekommen. Sie hat gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen, und mir einen Kuss gegeben, aber seither habe ich sie nicht mehr gesprochen.«
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    »Sie hat heute um ein Uhr einen Termin und einen zweiten um vier. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einfach nicht auftaucht. Sie weiß, wie wichtig es ist.«
    »Sie hat nichts davon erwähnt. Dann haben Sie wohl auch nichts mehr von ihr gehört?«
    »Wir haben gestern kurz telefoniert. Sie hat versprochen, sich wieder bei mir zu melden, aber sie hat nicht angerufen.«
    »Sie hatte Besuch. Ein früherer Arbeitskollege.«
    »Marty Blumberg?«
    »Genau der. Er ist ins Haus gekommen, und die beiden haben ziemlich ausgiebig die Köpfe zusammengesteckt. Danach ist sie aufgebrochen.«
    »Lucinda hat erwähnt, dass sie am Abend zuvor sehr lange aus war.«
    »Sie ist erst morgens um halb drei nach Hause gekommen. Ich war noch wach, als sie die Einfahrt hochgefahren ist. Erst als ich ihre Scheinwerfer an der Decke gesehen habe, wusste ich, dass sie in Sicherheit ist. Alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab.
    Die Monate, die sie im Gefängnis verbracht hat – das waren die einzigen Nächte, in denen ich nicht wach gelegen und auf sie gewartet habe. Wahrscheinlich sterbe ich mit dem Blick auf der Uhr und voller Angst, dass etwas passiert sein könnte.«
    »Warum hat sie sich ein Taxi gerufen? Stimmt etwas nicht mit ihrem Wagen?«
    Er zögerte. »Ich vermute, dass sie die Stadt verlassen hat und nicht wollte, dass ihr Wagen irgendwo auf einem Parkplatz herumsteht.«
    »Aber wohin wollte sie?«
    Nord schüttelte hilflos den Kopf.
    »Hatte sie Gepäck?«
    »Das habe ich Freddy auch schon gefragt, und sie hat ja gesagt. Zum Glück war Lucinda da schon weg, sonst hätte sie 317
    mir endlose Vorhaltungen gemacht. Sie weiß zwar, dass etwas passiert ist, aber bis jetzt habe ich ihr Näheres verschwiegen.
    Lucinda ist gnadenlos, also seien Sie auf der Hut, sonst zieht Sie Ihnen alles aus der Nase.«
    »Das habe ich schon gemerkt. Welches Taxiunternehmen war es?«
    »Vielleicht weiß Freddy das noch, wenn Sie sie fragen.«
    »Mach ich.«
    Es klopfte leise an der Tür, und Lucinda erschien. Sie hielt zwei Finger in die Höhe. »Noch zwei Minuten«, sagte sie mit einem Lächeln, das ihre guten Absichten bezeugen sollte.
    »Gut«, antwortete Nord, doch dabei zog ein Anflug von Ärger über sein Gesicht. Sobald sie die Tür geschlossen hatte, wandte er sich wieder an mich. »Sperren Sie ab. Und sperren Sie gleich auch noch die Verbindungstür zum Badezimmer ab, wenn Sie schon dabei sind.«
    Ich musterte ihn kurz, ehe ich zur Tür schritt und das Schnappschloss einrasten ließ. Zur

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