Ausgespielt
des Abends Hold ’Em gespielt, ehe sie zu Omaha übergegangen ist, wofür sie aber überhaupt kein Talent hat. Hatte so ’ne dicke Rolle Scheine dabei«, erklärte er und machte dabei einen Kreis aus Daumen und Zeigefinger. »Die Kleine ist gerade mal eine Woche aus dem Knast raus, heißt es zumindest gerüchteweise.
Sind Sie ihre Bewährungshelferin?«
Ich schüttelte den Kopf. »Eine Freundin. Ich bin letzte Woche nach Corona gefahren und habe sie dort abgeholt.«
»Den Aufwand hätten Sie sich sparen können. Ehe Sie sich’s versehen, sitzt sie wieder im Polizeibus und ist unterwegs in die andere Richtung. Jammerschade. Sie ist süß. Ungefähr so süß wie ein Waschbär, bevor er Ihnen ein Stück Fleisch aus der Wade beißt.«
»Tja, da treffen Sie den Nagel auf den Kopf. Reba ist gestern Abend verschwunden, und wir versuchen sie zu finden. Sie wissen nicht vielleicht zufällig, wohin sie wollte?«
»Auf gut Glück? Ich würde auf Vegas tippen. Sie hat zwar hier einen ganzen Batzen verloren, aber es war nicht zu übersehen, dass sie in einer Art Rausch war. Sie hatte diesen typischen Blick. Glück oder Pech, sie ist eine von denen, die
weiterspielen, bis das ganze Geld weg ist.«
»Ist mir unbegreiflich.«
»Sie spielen nicht?«
»Nie.«
»Soll ich Ihnen meine Theorie verraten? Die Kleine ist innerlich total leer. Sie spielt nur dem Nervenkitzel zuliebe und bildet sich ein, sie kann sich damit ausfüllen. Nichts als Illusionen. Meiner Meinung nach braucht sie Hilfe.«
328
»Brauchen wir die nicht alle?«, entgegnete ich. »Übrigens, warum heißt der Laden Double Down? Ich dachte, das ist ein Begriff aus dem Black Jack.«
»Wir hatten früher Black Jack, bis der Besitzer es abgeschafft hat. Die Einheimischen spielen lieber Poker – die setzen wohl mehr auf Können als auf Glück.«
Sobald ich wieder im Büro war, schnappte ich mir Stift und Notizblock, zerrte das Telefonbuch hervor und suchte mir die Nummer eines beliebigen Reisebüros heraus. Ich wählte die Nummer, und als sich eine Mitarbeiterin meldete, erklärte ich ihr, dass ich mich über Flüge nach Las Vegas informieren wolle.
»An welchem Tag?«
»Das steht noch nicht fest. Ich arbeite bis fünf und weiß noch nicht, wann ich fliegen will. Was haben Sie denn werktags nach achtzehn Uhr für Verbindungen?«
»Moment, ich sehe nach.« Ich hörte Tastaturgeklapper, ehe sie nach kurzer Pause weitersprach. »Da habe ich zwei. USAir um neunzehn Uhr fünfundfünfzig mit Umsteigen in San Francisco, Ankunft in Las Vegas um dreiundzwanzig Uhr sechzehn, oder United Airlines über Los Angeles um zwanzig Uhr dreißig, Ankunft in Las Vegas dreiundzwanzig Uhr siebzehn.«
»Wo finde ich sonst noch Pokersalons?«
»Wie bitte?«
»Spielkasinos. Pokerhallen.«
»Ich dachte, Sie wollten nach Las Vegas?«
»Ich ziehe alle Alternativen in Betracht. Gibt’s irgendwas hier in der Nähe?«
»Gardena oder Garden Grove. Da müssten Sie nach LAX
fliegen und sich einen Mietwagen nehmen.«
»Klingt machbar. Was haben Sie nach achtzehn Uhr für Flüge nach Los Angeles? United um zwanzig Uhr dreißig habe ich 329
bereits notiert. Gibt es noch mehr?«
»Es gibt einen mit United um achtzehn Uhr siebenundfünfzig, Ankunft in Los Angeles neunzehn Uhr fünfundvierzig.«
Ich notierte mir, was sie sagte. »Oh, wow, danke. Echt toll.«
»Wollen Sie nun einen davon buchen?«, fragte die Frau etwas gereizt.
»Ich bin noch unentschlossen. Versuchen wir’s mal anders.
Sagen wir, mir brennen ein paar Scheinchen ein Loch in die Tasche. Wo könnte ich noch hinfahren?«
»An einem Werktag nach achtzehn Uhr?«, fragte sie trocken.
»Genau.«
»Sie könnten es in Laughlin, Nevada, versuchen, aber es gibt keine Flüge nach Laughlin-Bullhead, es sei denn, Sie wollen einen Charterflug nehmen.«
»Ich glaube nicht.«
»Und dann gibt es natürlich noch Reno-Lake Tahoe. Derselbe Flughafen für beide Orte.«
»Könnten Sie …«
»Bin schon dabei«, erwiderte sie im Singsangton, und ich hörte sie erneut auf ihre Computertastatur einhacken. »United Airlines, ab Santa Teresa neunzehn Uhr fünfundfünfzig, Ankunft San Fran einundzwanzig Uhr sieben, weiter um zweiundzwanzig Uhr zwanzig, Ankunft in Reno um
dreiundzwanzig Uhr sechzehn. Das ist alles, was es gibt.«
»Ich rufe wieder an«, sagte ich und legte auf. Dann zog ich einen Kringel um den Namen »Reno« und dachte an Rebas frühere Zellengenossin Misty Raine, die angeblich dort wohnte.
Falls Reba auf der
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