Ausgetanzt
hervor, als
würde er Guten Abend sagen, und tauchte das Grüppchen in etwas mehr Licht, wie
angenehm. Silbrig schimmerten die hellgrauen Stämme der Buchen. Die kühle Luft
schmerzte feucht in der Lunge, während Berenike die Stille auf sich wirken
ließ. Keine der Frauen sagte ein Wort.
»Ich bin Berenike und ich soll …«, fing sie an.
»Ja, das wissen wir von Caro.« Eine Stimme wie ein
Klavierkonzert, forte. Die dazugehörige Frau trug ein weich fallendes helles
Leinenhemd zu einer ebensolchen Hose und sah energiegeladen aus.
»Geh, Selma, sei doch net so«, sagte eine Frau mit grauen
Locken. Sie war in ein wallendes violettes Kleid gehüllt und lächelte Berenike warm
an. Selma nickte.
Gemeinsam warteten sie auf die Tanzlehrerin.
»Na, Gerhild, wie läuft’s bei dir so?«, wandte sich Selma an
die Graugelockte.
»Bestens. Viel besser als früher. Mädels, ich freu mich so,
dass wir wieder beisammen sind.« Die Ältere blickte neugierig von einer zur
anderen. An Berenike gewandt, fuhr sie fort: »Selma und ich haben früher einmal
in einer WG gewohnt, gemeinsam mit Caro. Damals haben wir ganz anders gelebt,
freier, haben uns öfter getroffen, wilde Frauengruppen waren das, aber schön!«
Einige nickten, Helena lächelte. »Ich freu mich jedes Mal auf
unsere gemeinsamen Abende.« Wieder nickten alle, einige zögernd, andere
euphorisch.
»Von Caro kann man so viel lernen.« Eine der jüngeren Frauen,
die trotz ihrer kräftigen Muskeln verhärmt aussah, wie jemand, der kaum ins
Freie ging, hockte sich abwartend auf den Waldboden. Sie schlug die Jeansbeine
untereinander.
»Valerie, was weißt du schon, bist doch viel zu selten
dabei!«, zischte Selma.
»Als Kellnerin auf Saison kann ich mir die Zeit leider nicht
einteilen«, murmelte die Jüngere patzig. Valerie roch ein wenig nach Schweiß
und nach einem blumigen Deodorant, zu künstlich für Berenikes Geschmack. Sie
spielte mit einer Schachtel Zigaretten in der Hand. »Und schon gar nicht, wo
ich nicht von hier bin.«
»Woher kommst du denn? Wenn ich so neugierig sein darf.«
Berenike konnte es nicht lassen. Alle ›Zuagrasten‹ fand sie interessant,
erinnerten sie sie doch an ihre eigene Geschichte.
»Aus der französischen Schweiz. Ich arbeite im Grünen Kakadu
als Kellnerin«, erklärte Valerie.
»Ach, da muss ich ja schon länger nicht dort gewesen sein«,
war Berenike überrascht, »wenn ich dir nie übern Weg gelaufen bin.«
Gerhild sah sich um. »Heute sind wir ja mal wieder alle
beisammen, eine echt große Runde.« Der bunte Glasschmuck auf ihrer Brust
klimperte, als sie sich bewegte. »Ich freu mich so, euch alle zu sehen! Als
mein Mann weg ist, kannte ich plötzlich total wenig Leute. Wenigstens kann ich
jetzt wieder arbeiten und treffe wen. Ich bin Masseurin, weißt du«, erklärte
sie Berenike. »Seit Kurzem mit eigener Privatpraxis, gleich im Zentrum in Bad
Ischl, auf der Esplanade.«
»Sie ist wirklich eine tolle Masseurin«, unterstrich Selma
und nickte Berenike zu. »Wenn du je verspannt von dem ganzen Stress bist … sie
macht auch Ayurveda und so.«
»Ich werd’s mir merken. Kann ich deine Telefonnummer haben,
Gerhild?«
»Ja, natürlich, warte, ich habe eine Karte mit.« Sie kramte
in ihrer Tasche und reichte Berenike dann eine Visitenkarte. »Ich bin so froh,
dass ich jetzt auf meine eigene Rechnung arbeite.« Sie lächelte.
»Dir geht’s also wieder besser?«, mischte sich Selma ein.
»Ja, einigermaßen.« Ungewohnt offen wandte sich Gerhild mit
tiefer, ruhiger Stimme an Berenike: »Weißt du, ich war total ausgebrannt. Ein
Zusammenbruch, nachdem mein Mann und ich uns getrennt haben.« Und zu Selma
gewandt: »Ich schau jetzt, dass ich nicht mehr als 20 Stunden die Woche arbeit.
Das klappt finanziell grad so. Jetzt geht’s wieder aufwärts!«
»Wir werden fleißig Werbung für dich machen«, ergänzte Selma.
»Danke, Selma, das ist nett. Ich bin so froh, dass ich euch
wieder getroffen hab! Weißt du, Berenike, in unserer WG damals, in Wien,
während meiner Ausbildung, da war’s echt toll. Das war, noch bevor Caro
angefangen hat, als Tänzerin Karriere zu machen. Erinnerst du dich, wie sie
diesen unmöglichen Freund gehabt hat, Selma? Der nie was gemacht hat? Er ist
bei uns eingezogen, aber geputzt hat der nie. Egal, wie oft wir ihm das gesagt
haben.«
»So sind’s, die Männer«, erklärte Selma. »Ich möcht einen
sehen, der weiß, wie man eine Waschmaschine bedient.«
Gelächter schallte durch die
Weitere Kostenlose Bücher