Ausgetanzt
checkt’s nicht, in was für eine Situation er
mich gebracht hat, als er weg war und die Polizei nach ihm gefragt hat. Keiner
hat mir geglaubt, dass ich nicht weiß, wo er ist.«
Stimmt, ich auch nicht, dachte Berenike.
»Aber er selbst sagt mir gar nichts! Und ständig seine
Kontrollanrufe. Ich weiß nicht einmal, ob er die ganze Zeit in Wien war. Vorhin
ist er wieder wutentbrannt weg, er hat mir vorgeworfen, dass ich mich
rumtreibe! Ha. Ich war nur was einkaufen. Fürs Abendessen, im Übrigen. Wohin er
geht, sagt er nicht.« Sie schluckte und sah Berenike endlich an.
»Es wird gut, Ellen. Und wenn du Hilfe brauchst …«
»Ja ja, ich weiß. Was tut sich bei dir?«
»Es läuft so weit.« Weil sich Berenike nicht lächerlich
machen wollte, erwähnte sie ihre seltsame Beobachtung eben nicht. Nacheinander
kamen jetzt die anderen Frauen, Gerhild trat aus dem Gebüsch, vielleicht hatte
Berenike ihre Umrisse vorhin gesehen. Dann folgten die beiden Jüngsten, Denise
und Valerie, gemeinsam, und schließlich Helena, wie immer mit einem Lächeln auf
den Lippen. Da war Selma, mit frisch rasiertem Kopf, und Katharina, wie üblich
in Braun gekleidet. Somit waren sie komplett.
»Weiß eine von euch was von Rita?«, fragte Berenike.
»Nein.« Betroffenes Schulterzucken rundum. »Hoffentlich ist
nichts passiert.«
»Hoffen wir’s.«
Selma seufzte, die anderen sahen düster drein.
»Okay, ich mach Tee und wir beratschlagen, wie wir vorgehen.«
Weil es noch feucht war, setzten sie sich auf mitgebrachte Isomatten,
Katharina etwas abseits. Ellen fing an, leise mit Selma zu tratschen.
Berenike bereitete einen mild anregenden Kräutertee aus
Schafgarbe, Gundelrebe und Himbeerblättern zu. Während der Aufguss zog, teilte
sie die Tassen aus und reichte das Gebäck herum.
»Ihr wisst, warum wir uns heute hier treffen«, begann sie,
nachdem alle versorgt waren. Sie nickten. Denise starrte Berenike unverwandt
an, sie trug heute ein schwarz-weiß gepunktetes Kleid à la 50er-Jahre, das
nicht recht in den Wald passen mochte. Unter ihrem Pagenkopf blickte sie, wenn
möglich, noch bleicher hervor.
»Wir werden den Mörder festsetzen und dasselbe mit ihm tun,
was er den Frauen antut«, keuchte Selma.
»Jawohl, entmannt gehört er«, ergänzte Denise hämisch.
»Diese Diskussion finde ich wirklich nicht gut.« Berenike
blickte streng von einer zur anderen. »Sie führt zu nichts. Wir werden das
Gebiet, in dem Caro ihrem Mörder in die Hände gefallen sein muss, gründlich
absuchen. Vielleicht finden wir etwas, das der Polizei bisher entgangen ist.«
»Haben die hier nicht gesucht?«
»Soweit ich weiß, haben sie hauptsächlich die Wege rund um
den Fundort von Caros Leiche durchkämmt.«
»Ach.«
»Ja. So ist das eben.« Berenike unterbrach sich. »Hört ihr
das?«
»Was?«
»Ein Geräusch.« Berenike hielt den Atem an.
»Das ist nur der Wind.« Valerie kramte in ihrer Jacke,
fischte ein Packerl Zigaretten hervor.
»Es ist windstill, Valerie!«
»Ach so. Hm.«
Sie lauschten, Ellen zitterte, Berenike griff nach ihrer
Hand.
»Vielleicht eine Schulklasse auf Wandertag.«
»Kann sein. Wie auch immer. Wo habt ihr euch bisher
getroffen, wenn ihr eure Rituale gefeiert habt?«
Helena kramte in ihrer Korbtasche. »Ich hab die Plätze auf
dieser Wanderkarte eingezeichnet. Caro hat sie sorgfältig ausgewählt.«
»Lass sehen, bitte.« Caro, die tote Caro war immer noch
präsent, hatte sie doch diesen Wald geliebt, ihn oft aufgesucht. Es war, als
wäre ihr Geist an diesem Ort immer noch anwesend.
»Schau«, erklärte Helena, »hier ist das Salzbergwerk,
übrigens das älteste der Welt. Deshalb ist es ja so mystisch hier, zusammen mit
dem Gräberfeld, nach dem die Hallstätter Zeit benannt ist. Auf dem Lehrpfad
turnen jede Menge Kinder herum, aber wenn wir mit Caro nachts herkamen, war das
anders. Dann war die Magie zu spüren.« Sie senkte für einen Moment die Lider.
Die dunklen Augen von Denise glitzerten. »Für mich als
angehende Drehbuchautorin ist es sehr … aufregend, das hier in echt zu
erleben.«
»Spinnst du?« Gerhild trat heftig auf Denise zu, rüttelte sie
an den Schultern.
»Sorry, ich will niemandem zu nahe treten.«
Selma zerrte Gerhild von Denise weg. Im Weggehen sah sie die
Jüngere böse an. »Du hast einen Vogel.«
»Eine von uns könnte die Täterin sein«, sagte Ellen laut und
deutlich. Sie durchbohrte Denise mit ihren Blicken.
»Spinnt ihr jetzt alle?« Valerie stellte sich neben Denise
und nahm
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