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Ausgetanzt

Ausgetanzt

Titel: Ausgetanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Bürkl
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Telefonaten lag Berenike die halbe Nacht wach. Sie
versuchte, sich zu beruhigen, indem sie die kühle, nach Tannen duftende Luft
tief einatmete. Doch der Druck auf der Brust wollte nicht so recht nachlassen.
Ihre Gedanken flogen zwischen den Erlebnissen hin und her. Die toten Frauen,
die Verfolgung Mehmets, die jungen Türkinnen in Wien und dazu Sven und seine
Kollegen. Berenike suchte nach der Verbindung zwischen der Managertussi aus
Wien und der Hallstätter Tänzerin, ihr fiel keine ein.
    Als sie halb in einen nervösen Schlaf gefallen war, wurde sie
von lauten Geräuschen geweckt. Ein Sturm rüttelte an den Fenstern und klapperte
mit den Blumentöpfen am Balkon. Selbst die Katzen waren in der Wohnung.
Berenike hörte Frau Gasperl auf dem Dachboden rumoren, was immer sie dort zu
tun hatte mitten in der Nacht. Hoffentlich bekam der Blitzableiter nichts ab.
Gewitter waren eines der Dinge, vor denen Berenike wirklich Respekt hatte hier
auf dem Land.
    Sie wollte sich umdrehen und schlafen, doch sie fühlte sich
hellwach. Die Einsamkeit loderte in ihr. Vermischte sich mit Angst. Und mit den
wilden Gedanken über diese Mordserie. Hoffentlich fiel sie selbst nicht in das
Beuteschema des Täters. Sie dachte an ihre Oma Roither, die Mutter ihrer
Mutter, und wie die von den Gefahren des Krieges erzählt hatte. Ja ja, die Frau
Greißlerin mit ihrem unerschütterlichen Lächeln. Ständig ein Bonmot auf den
Lippen, bis zum Tod. Nur privat, da wusste man nie, woran man war bei ihr. Ihr
eisenhartes Lächeln, nie aus dem Gesicht geputzt, als wären ihre Verwandten
nichts anderes als Kunden, denen sie das Beste zum bestmöglichen Preis
verkaufte. Über diesem Gedanken schlief Berenike endlich ein.

     
    Sie erwachte von Rasenmähergeräuschen. Berenike
zog einen grünen Kimono über und trat mit nackten Füßen auf den Balkon. Der
Holzboden war feucht und über dem See waberten ein paar kleine weiße Wolken,
Reste von Nebelfetzen. Klar und grün lagen die Berge da, selbst der Dachstein
war deutlich zu sehen, als hätte ihn jemand frisch gewaschen. Jetzt nutzten
alle das gute Wetter gleichzeitig für sämtliche liegengebliebenen Arbeiten.
    Während sie zur Feier des Tages draußen frühstückte, erhob
sich die Sonne über der Trisselwand. Auch die Katzen spazierten vorsichtig
hinaus, hatten wer weiß was nachzuforschen. Später besuchte Berenike ihr
Kräuterbeet in Frau Gasperls Garten, wo sie heuer Rosmarin, Thymian und Oregano
anbaute, außerdem Frauenmantel und Salbei, der als Würzkraut ebenso Verwendung
fand wie als Heiltee. Das Wasser stand noch recht üppig auf den kleinen Wegen
zwischen den Pflanzen, ein paar frische Setzlinge hatte es weggeschwemmt.
Berenike zupfte am Unkraut herum. Insgesamt wirkte die Lage aber nicht mehr so
dramatisch, wie sie befürchtet hatte.
    Mit dem Motorrad fuhr sie bald darauf los, gekleidet in eine
schwarze Lederhose und ein T-Shirt in Regenbogenfarben, darüber die Lederjacke.
Bei einem Hollerbusch hielt Berenike an, um die Früchte zu prüfen. Sie waren
erst leicht violett, es dauerte wohl noch ein Weilchen, bis die Beeren geerntet
werden konnten. Gegenüber saß eine Katze maunzend vor einem Haus und sah
Berenike hoffnungsvoll an. Das Holzhaus stand inmitten eines Gartens voller
Obstbäume, das Gras war hoch und voll bunter Blumen. Das Katzentier strich ihr
um die Beine. An dem Haus waren sämtliche Fenster und Türen geschlossen,
offenbar war keiner daheim. Morgenstund hat Gold im Mund, hier ganz besonders.
Mah, sie fing wirklich schon an, ihrer Oma zu gleichen! Berenike streichelte
der Mieze kurz über das nasse Fell. Die Katze sah ihr nach, als sie wieder
losfuhr.
    Sie näherte sich ihrem Lokal in Seenähe, die Sonne glitzerte
auf den Wellen, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen. Boote wurden
gereinigt, Fußwege gekehrt. Berenike parkte und sah sich kurz um. Das Wasser
ging endlich zurück. Alle nahmen es gelassen.
    »Ist eh ein sauberes Wasser«, erklärte ihr eine Frau, die vor
einem Bootshaus werkte. Die Wasserwehr brachte gerade ein paar Blumenkisten,
die über den See davongeschwemmt worden waren. Trisselwand samt Loser
verdoppelten sich im Wasser, das mit einem Mal friedlich aussah, beugten sich
wie eitel über den See, um sich selbst zu bewundern. Ein paar Vögel schimpften,
zwei Schwäne schwammen majestätisch über den See. Die Pflanzenvielfalt war,
wenn möglich, noch üppiger geworden. Huflattich, Margeriten, Dotterblumen.
Verlockendes Moos, saftige Wiesen. Und kaum schien

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