Ausgetanzt
sie beruhigend in ihre muskulösen Arme.
»Ellen, du weißt nicht, was du sagst.« Katharina wickelte
sich fester in ihren Mantel.
»So, und wie kam dein Messer in Adis Hände?«
»Wer sagt, dass das Werkzeug mir gehört hat?«
Berenike sah die Gesichter der Reihe nach an. Und wurde
selbst misstrauisch beäugt.
»Keine von uns ist allein durch den Wald gegangen. In der
Zeit, in der Caro getötet wurde, haben wir sie hier gesucht.«
»Stimmt. Nur Helena ist früher abgestiegen.«
Daran hatte Berenike noch gar nicht gedacht. Freundschaft
konnte blind machen. Auch Ellen, die sich mit Helena recht gut verstand, sah
diese jetzt kritisch an.
»Ähm, ja. Aber ich war es nicht.«
Berenike wüsste auch nicht, welches Motiv Helena gehabt haben
sollte. Trotzdem würde sie mit ihr nächstens reden, allein.
Alle tönten durcheinander, aufgeregt, müde. »Das sagen sie
alle, wie wir aus den Fernsehkrimis wissen.«
»Lasst die Streitereien, bitte.« Berenike sammelte die leeren
Tassen ein. »Machen wir uns auf den Weg.«
»Und was tun wir, wenn wir den Täter finden?«
»Ihn abmurksen natürlich.« Ellen mit ihren seltsamen
Scherzen.
»Aber nicht allein. Wir bringen ihn hierher und halten
Tribunal.« Selma war auch nicht ohne.
»Geht’s, bitte.«
»Scherz. Ich bin nicht für Lynchjustiz.«
»Da bin ich aber froh.«
Still schwärmten sie jeweils zu zweit in unterschiedliche
Richtungen aus, um Hinweise aufzustöbern. Sie sahen sich dabei skeptisch an.
Wenn sie glaubten, die jeweils andere merkte es nicht. Das Misstrauen war gesät.
Dreiundzwanzig
Ceylon Dimbula
Stunden später hatten sie noch nichts entdeckt,
was entfernt einer neuen Spur nahe käme. Sie trafen einander wieder an der
Lichtung. Alles fühlte sich zäh an, lähmend und trostlos. Trotz oder gerade
wegen des strahlenden Sonnenscheins. Bei diesem Postkartenwetter schien es noch
absurder, einen Mörder zu jagen. In der Ferienkatalogidylle schleppte sich eine
Gruppe Jugendlicher bergan, dick und verschwitzt waren sie und der Bewegung
sichtlich entwöhnt. Manchmal drang ein Lachen zu den Frauen her. Erschöpft
saßen sie jetzt am Nachmittag wieder in der Wiese, während Berenike Ceylon-Tee
aus Dimbula zubereitete. Sie dachte an Sri Lanka, wo der Tee herkam. Ihr Rücken
schmerzte, die Beine waren müde. Ohne wirklich etwas zu schmecken, knabberte
sie an einem der letzten Kekse. Ihr Magen knurrte, sie hoffte auf eine warme
Mahlzeit später im Salon. Als sie reihum Tee einschenkte, beruhigte sie sich
ein wenig. Das Teeritual vermochte immer, die Dinge zurechtzurücken.
»Ich bin dafür, dass wir eine Detektivin einschalten, um die
Suche voranzutreiben.« Selma schlürfte hörbar. »Wir haben im Frauenhaus gute
Erfahrungen mit einem privaten Ermittlungsbüro in Wien.«
»Und die kommen bis hierher?«
»Wenn du die Spesen übernimmst.«
»Ich hab mit meiner Ausbildung genug Ausgaben.« Ellen sah
Selma kühl und abwehrend an.
»Ellen«, Berenike hätte ihren Tee gern allein genossen, »sie
meint nicht dich persönlich, sondern dass die Kunden die Spesen übernehmen.«
»Ach so.«
»Im Übrigen halte ich das für eine gute Idee, eine
professionelle Ermittlerin zu beauftragen.« Der Tee war stark und Berenike
spürte ihre Kräfte zurückkehren.
»Caro war unsere Mitarbeiterin, das Frauenhaus kann sicher
einen Teil des Honorars übernehmen, wir werden darüber reden. Ich werde die
Detektivinnen fragen, vielleicht kommen sie uns mit dem Preis entgegen.«
Berenike wunderte sich, dass Selma auf einmal dermaßen an der
Aufklärung interessiert war. Neulich bei ihrem Treffen im Frauenhaus hatte sie
noch ablehnend reagiert. Oder, ein ungeheurer Verdacht beschlich Berenike, die
lesbische Frauenhauschefin hoffte auf andere Spuren. Wenn sie die Täterin war.
Spuren, die von ihr selbst wegführen sollten.
»Ich versteh einfach nicht, wie diese Mordfälle
zusammenhängen.« Ellen griff nach dem letzten Keks. »Caro und die andere. Der
angebliche Beautykiller, das ist doch Blödsinn. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass wir es mit einem Serienkiller zu tun haben.«
»Genauso wenig, wie die Männer hier ihre Frauen misshandeln,
nicht wahr, Ellen?« Selma sah Svens Frau provokant an.
»Der Sven ist …«, fuhr Ellen auf, der Keks zerbrach zwischen
ihren Fingern und fiel ins Gras.
»Ein Psychopath ist er. Erinnere dich daran, wie er dir dein
Handy weggenommen hat. Und das war noch harmlos.«
Ellen nickte und vermied es, eine der Frauen anzusehen.
»Da ist mir mein
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