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Ausgeträllert (German Edition)

Ausgeträllert (German Edition)

Titel: Ausgeträllert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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und finde dieses Ding da in der Wanne.«
    »Dann hol ihn doch raus.«
    »Der wiegt nass eine Tonne, und außerdem weiß ich nicht, wohin damit.«
    »Wilma vermutlich auch nicht. Die war in Panik um ihren kostbaren Teppich ...«
    »Was ist denn passiert?«
    »Ein Viertelliter Rotwein. Ich war im Schock – statt meiner ist mein Rotweinglas umgefallen.«
    »Ich kapier nix, aber red’ nur weiter«, sagte Acki. »Vielleicht hab ich eine Chance.«
    »Wilma hat mir die Zeitung vorgelesen:
1,5 Zi, KDB, Nichtr., KM 275 Euro, 3MMKaut, gefolgt von 3Zi,Gleisdr., 400EuroWM, MumiKi bev.k.Haust. Keine Raucher. Bankausk. Schufa. Geh.Nachw. erf., 1Zi, DB, Westr. 200Euro kalt ohne Balk...
Noch Fragen?«
    »Ist doch nett, dass sie dir hilft.«
    »Acki! Nett?! Wilma hätte mir ruhig früher sagen können, dass du hier einziehst«, platzte es aus mir heraus.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich? Hier einziehen? Seit wann? Ich bin ja schon froh, dass Wilmas Freigeist mir ab und an eine Audienz über zwei Stunden gewährt.«
    Im selben Moment flog die Tür von Wilmas Schlafzimmer auf und sie stürmte mit wirren blonden Haaren, wie die wahnsinnig gewordene Lady Guinevere, in die Küche und keifte: »Maggie! Jetzt hast du mir die ganze Überraschung verdorben.« Dann fiel sie Acki um den Hals und schnurrte: »Willkommen zu Hause, Acki. Freust du dich?«
    Acki guckte verwirrt von Wilma zu mir und wieder zurück.
    »Sag jetzt bloß nichts Falsches, mein Lieber, sonst macht sie dir eine neue Frisur.« In der Diele warf ich mir den grauen Filzumhang über und schulterte meine fleckige Jutetasche, die Günni mir zum Kostüm verordnet hatte. Dann fiel mir ein, dass ich das Brötchen und den Kaffee vergessen hatte, ging zurück in die Küche, wo Acki bereits dabei war, Wilma aus dem Nachthemd zu pellen. Überflüssiger war ich mir in meinem ganzen Leben noch nicht vorgekommen. Bevor mein Aschenputtelkonto auf 2000 Punkte anwachsen konnte, schob ich mir das Brötchen in den Mund, nahm meine Prince-Charles-Tasse und suchte schleunigst das Weite.
    Mit gerafften Röcken galoppierte ich durch den Regen in Richtung Dr.-Ruer-Platz. Vor
Fagheras Eiscafé
kamen mir die ersten verschlafenen Mittelalterfreaks entgegen. Manche grüßten mich in salbungsvollem Ton. »Ah, wehrte Jungfer, wohin des Wegs zu früher Morgenstund?«
    Das war ein kleiner Vorgeschmack darauf, was ich in den nächsten Tagen an Konversation zu erwarten hatte. Als ich an der SEB-Bank vorbeilief, konnte ich schon die ersten Zelte und Verkaufsbuden ausmachen, deren bunte Wimpel und Wappen im Regen schlapp herunterhingen, und als ich beim Blumenladen links abbog, der, gänzlich unmittelalterlich aus Glas und Stahl wie ein reiner Anachronismus in der Dekoration herumstand, sah ich die Ochsenbraterei in der Mitte des Platzes. Nicht zu übersehen, weil eine große bemalte Holztafel vor dem Zelt aufgestellt war, auf der
Ochsenschmaus bei Gandalf – Hier grillt der Chef. Tretet ein und schmauset!
geschrieben stand.
    Aus dem Rauchabzug an der Spitze des Zeltes drang der Qualm des Holzfeuers. Auf dem ganzen Platz hatte sich bereits der Duft von gegrilltem Fleisch breitgemacht. Vermutlich werkelte Günni schon die ganze Nacht herum, um den Ochsen gar zu kriegen, dachte ich.
    Neben mir quietschte der erste Dudelsack auf und die Luke des Met-Ausschanks, eine windschiefe Bretterbude, vor der zwei grobe Holzstämme als Sitzbänke dienten, wurde aufgestoßen. Der ungewaschene Besitzer sah aus, als habe er den ganzen Abend über reichlich von seinem eigenen Gebräu gekostet. Breit grinsend hielt er mir einen gefüllten Holzbecher entgegen. Ich warf einen Blick auf seine krallenartigen, vergilbten Fingernägel und sagte: »Nee, danke. Nicht vorm Frühstück.«
    »Du wagst es also, das göttliche Getränk eines Gero von Briesenhein abzulehnen, Jungfer?«
    »Spar dir das Mittelhochdeutschgefasel für die Besucher. Davon kriegt man ja Ohrenkrebs.«
    Der Bierpanscher kippte den Becher auf ex und hub schmatzend an:
    »Herzeliebez frouwelin
,
    got gebe dir hiute und iemer guot!«
    »Sag ich doch, Ohrenkrebs ...«, fluchte ich.
    »Kund ich baz gedenken din
,
    des hete ich williclichen muot ...«
, trompetete Gero von Briesenheim und mittelhochdeutschte sich regelrecht in Ekstase. Am liebsten wäre ich umgekehrt und hätte ihn mit meinem Kaffee getauft. Aber der mit Stroh bedeckte Hauptplatz hatte sich durch den Regen in eine Rutschbahn verwandelt, und ich musste aufpassen, nicht lang hinzuschlagen. Ich schlidderte

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