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Ausgeträllert (German Edition)

Ausgeträllert (German Edition)

Titel: Ausgeträllert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Raoul. »Esse isse sspät.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Auf Winnie warten …«
    Raoul schnaubte.
    »Gudrun!«, sagte ich und rüttelte an ihrer Schulter. »Bitte! Ruf Petra an – du musst ihr sagen, was passiert ist … und sie muss Geld besorgen. Oder haben wir eine Kreditkarte für die Metro, die wir mitnehmen können?«
    »Die Petra ist nicht da … und, und … Die Kreditkarte ist gesperrt.«
    »Können wir Geld bei der Bank holen? Ich meine, kannst
du
Geld bei der Bank abheben?«
    »Nein. Es ist nichts mehr da …«, sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen und schluchzte.
    Ratlosigkeit traf es nicht ganz, was mich überkam. Ich würde es eher schon als blankes Entsetzen beschreiben.
    »Keine Geld?«, fragte Raoul.
    Gudrun schüttelte den Kopf. »Aber … aber … ich habe eine Idee.« Sie nahm den Telefonhörer.
    »Wen rufst du an?«
    »Es muss von gestern Abend noch Wechselgeld in den Kassen von der Metzgerei und dem Pommes King sein. Vielleicht fünfhundert Euro zusammen. Da könntet ihr doch …«
    »Gute Idee … Und was ist mit Petra? Die muss doch erfahren, was hier passiert ist.«
    »Ich weiß nicht, wo sie ist. Ich wollte vorhin schon mit ihr sprechen, wegen Günnis Beerdigung, da war ein Anruf auf dem Anrufbeantworter von der Rechtsmedizin … also … sie ist nirgendwo aufzutreiben …«
    »Warst du oben in der Wohnung? Wo ist denn Wolfi? Die lässt den doch nicht alleine?«
    »Wolfi ist da. Ich hab ihn geweckt … vorhin. Er geht dann gleich erst mal in die Metzgerei.« Sie versuchte zu wählen, aber ihre Hände zitterten so sehr, dass ich für sie die Nummer vom Laden wählte, bevor ich mit Raoul in die Cateringküche ging, um ihm alles zu zeigen.
    Die Küche war von Wolfi am Vortag nach dem Motto ›Rund und eckig‹ sortiert worden.
    »Damit musst du dich abfinden«, erklärte ich. »Wolfi ist ein bisschen gaga, aber er darf das. Wenn du wissen willst, wo irgendwelche Sachen sind, frag ihn einfach. Er ist sehr auskunftsfreudig.«
    Raoul guckte auf die große Küchenuhr. »Wir verliere Sseit. Was isse dasse für ein Firma? Sssrecklich.«
    »Ich kann es nicht ändern. Wenn du aussteigen willst, bitte sehr. Jetzt wäre der beste Zeitpunkt zu gehen«, schlug ich vor. Raoul baute sich vor mir auf und legte den Kopf schief.
    »Was? Was soll ich dir noch sagen, Herr Superkoch?! Jemand hat den Tresor leer geräumt, und Dennis ist nicht mehr im Krankenhaus. Winnie sucht ihn. Geld weg. Dennis weg. Das kann ja nach allen Regeln der Logik nur bedeuten: Dennis ist mit dem Geld weg.«
    Raoul nickte. »Sssso! Was du fassels von gehe? Iss gehe nisse weg. Iss bin de Kuchenscheffe! Wir musse das Boot angucken. Und wir musse ssu de Grossmarkte«, sagte er und marschierte ins Lebensmittellager. Dort inspizierte er die Vorräte und notierte sorgfältig, was alles vorhanden war und was noch eingekauft werden musste.
    »Danke«, sagte ich.
    »Du kannst bedanke morgen Nacht, wenn allesse isse vorbei. Und jetzt – wir arbeiten!«
    Es klang einfach und vielleicht war es das auch, weil es das Vernünftigste von der Welt war. Wer auch immer das Geld gestohlen hatte und warum – Winnie würde sich darum kümmern müssen, weil es sein Job war. Und wir würden uns um das Catering kümmern, weil es unser Job war. Alles dazwischen passte nicht mehr in unseren Zeitplan.
    Drei Stunden später hatten wir unsere Aussage gemacht, waren, ausgestattet mit 500 Euro Wechselgeld und 250 Euro aus Gudruns Portemonnaie, beim Großmarkt gewesen und hatten es sogar noch geschafft, die MS Nachtigall in Augenschein zu nehmen. Raoul war schnaubend wie ein wilder Stier durch den Großmarkt gehechtet; hatte alles effizient und ohne Zeitverzögerung eingekauft und in den Wagen geladen. Auf dem Schiff hatte er die Pantry inspiziert, die Lagermöglichkeiten, die Wasseranschlüsse und den Platz in den Kühlschränken. Er hatte kurz gegrunzt und sich mit Handschlag vom Kapitän verabschiedet. Keine zehn Minuten später waren wir dann wieder in Richtung
Heibuch-Catering
unterwegs gewesen. Dort hatte er die Küche in Beschlag genommen, ohne auch nur einen Blick nach links oder rechts zu werfen. In null Komma nichts war die Lieferung aus der Metzgerei begutachtet, sortiert und die Arbeit an Wolfi und mich verteilt worden. Zur Hebung der Kampfmoral lief die CD der Nachtigall. Wolfi gefiel der neue Kollege ausgesprochen gut, und er sang mit ihm um die Wette, während er die Blätterteigpastetchen vorbereitete, in die später winzig kleine

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